Die wichtigste der im FamFG vorgesehenen Zuständigkeitserweiterungen der Familiengerichte ist die in der obigen Auflistung an erster Stelle genannte Schaffung einer Zuständigkeit für "sonstige Familiensachen" (§§ 111 Nr. 10, 266 FamFG). Was sind "sonstige Familiensachen" nach § 266 FamFG?

1. Das Anliegen dieser Vorschrift ist im Kern, die vermögensrechtlichen Streitigkeiten der Eheleute außerhalb des Güterrechts der familiengerichtlichen Zuständigkeit zuzuführen. Dabei entscheidet sich der Gesetzgeber einerseits gegen eine allgemein gehaltene Generalklausel, wie sie etwa noch im Regierungsentwurf eines 1. EheRG im Jahre 1976 mit der Formulierung "sonstige vermögensrechtliche Streitigkeiten der Ehegatten gegeneinander, sofern Dritte am Verfahren nicht beteiligt sind" geplant war,[7] aber wegen des Widerstands des Rechtsausschusses nicht hatte durchgesetzt werden können.[8] Er entscheidet sich andererseits aber auch gegen eine abschließende Einzelfallauflistung und wählt stattdessen eine Kombination von ausdrücklich einbezogenen Fallgruppen einerseits und ausgeschlossenen Materien anderseits.[9] Bei den in § 266 Abs. 1 FamFG aufgeführten, künftig von der familiengerichtlichen Zuständigkeit erfassten Fallgruppen differenziert die Vorschrift zwischen Ansprüchen, die unmittelbar aus bestimmten familienrechtlichen Rechtsverhältnissen, wie der Ehe, dem Eltern-Kind-Verhältnis oder dem Umgangsrecht, herrühren (§ 266 Abs. 1 Nr. 2, 4 und 5 FamFG), und solchen zwischen Partnern (Verlobten, Ehegatten) im Zusammenhang mit der Beendigung der Partnerschaft (Verlöbnis, Ehe), wobei Ansprüche zwischen einem Ehegatten und dem Elternteil eines Ehegatten einbezogen werden (§ 266 Abs. 1 Nr. 1 und 3 FamFG). Erfasst werden auch Streitigkeiten nichtvermögensrechtlicher Natur.[10]

2. Im Einzelnen sieht § 266 Abs. 1 FamFG eine familiengerichtliche Zuständigkeit für folgende Verfahren vor:

a) Nr. 1 betrifft Streitigkeiten "zwischen miteinander verlobten oder ehemals verlobten Personen im Zusammenhang mit der Beendigung des Verlöbnisses"; in den Fällen der §§ 1298, 1299 BGB sind auch Streitigkeiten mit einer dritten Person (insbesondere Eltern) erfasst. Zu denken ist dabei insbesondere an Verfahren, gerichtet auf Rückgabe von Geschenken oder sonstigen Zuwendungen.

b) Nr. 2 nennt "aus der Ehe herrührende Ansprüche". Gemeint sind damit in erster Linie aus § 1353 BGB hergeleitete Ansprüche zwischen den Ehegatten. Dazu gehören insbesondere Mitwirkungsansprüche, wie etwa der auf Mitwirkung an der gemeinsamen Steuerveranlagung (der bisher, anders als der Anspruch auf Zustimmung zum begrenzten Realsplitting, in die Zuständigkeit der Zivilprozessgerichte fällt), oder der auf Mitwirkungshandlungen gegenüber Versicherungen, z.B. bzgl. der Übertragung eines Schadenfreiheitsrabatts.[11] Erfasst werden aber auch Ansprüche, die das absolute Recht (§ 823 Abs. 1 BGB) zur ehelichen Lebensgemeinschaft verwirklichen, wie Abwehr- und Unterlassungsansprüche gegen Störungen des räumlich-gegenständlichen Bereichs der Ehe gegenüber dem anderen Ehegatten wie auch gegenüber einem Dritten; auch diesbezügliche Schadensersatzansprüche sind erfasst.[12]

c) Nr. 3 ist die Bestimmung innerhalb des § 266 FamFG, die mit Abstand die meisten Fallgestaltungen betrifft und daher in der Praxis die größte Bedeutung gewinnen wird. Sie nennt "Ansprüche zwischen miteinander verheirateten oder ehemals miteinander verheirateten Personen oder zwischen einer solchen und einem Elternteil im Zusammenhang mit Trennung oder Scheidung oder Aufhebung der Ehe". Erfasst werden von dieser Bestimmung insbesondere folgende Fallgestaltungen: die Auseinandersetzung des Miteigentums am Familienheim (etwa Streit um Nutzungsvergütung gem. § 745 Abs. 2 BGB, Verteilung des Versteigerungserlöses); der Gesamtschuldnerausgleich; der Streit um die Rückgewähr von ehebezogenen Zuwendungen und Schenkungen; die Auseinandersetzung einer BGB-Innengesellschaft; Ansprüche auf Grund Wegfalls der Geschäftsgrundlage eines Kooperationsvertrages der Ehegatten; der Streit um Kontoguthaben bzw. wegen unbefugter Kontoabhebungen; der Streit um die Aufteilung von Steuererstattungen; Schadensersatzansprüche der Ehegatten untereinander, sofern sie nicht wegen Sachzusammenhangs mit Unterhaltsansprüchen oder güterrechtlichen Ansprüchen ohnehin Familiensachen sind; Ansprüche aus Auftragsrecht (z.B. auf Grund von Treuhandverhältnissen oder von Vermögensverwaltung, Freistellungsansprüche); Besitzschutzansprüche bei verbotener Eigenmacht (§§ 858 ff. BGB).[13] Erfasst werden auch Streitigkeiten zwischen Ehegatten und Schwiegereltern (ggf. auch eigenen Eltern, sofern ein Zusammenhang mit Trennung oder Scheidung besteht), etwa um Investitionen des Schwiegerkindes in die Immobilie der Schwiegereltern[14] oder um die Rückgewähr einer dem Schwiegerkind gemachten Vermögenszuwendung.

Hinzuweisen ist allerdings auf zwei Einschränkungen, die die neue Vorschrift enthält:

Zum einen muss ein "Zusammenhang mit der Trennung oder Scheidung oder Aufhebun...

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