Stabilität und Kontinuität sind Grundpfeiler einer für das Kindeswohl gedeihlichen Familiensituation.

Um dem Kindeswohl gerecht zu werden, muss die gerichtliche Adoptionsentscheidung demnach die Stabilität und die Kontinuität der Lebensgemeinschaft in den Blick nehmen.

Dies gilt unabhängig davon, ob der Gesetzgeber bestimmte Stabilitätskriterien als grundlegend vorgibt oder die entsprechende Prüfung im Rahmen der umfassenden Kindeswohlbetrachtung erfolgt. Ohne das Stabilitätserfordernis würde eine Adoption gegen das "Kindeswohlrecht" verstoßen (Art. 2 Abs. 1, 6 Abs. 1 GG).

Würde der Gesetzgeber hier – wie bei § 1579 Nr. 2 BGB – auf eine genauere Beschreibung der Anforderungen an eine stabile Beziehung verzichten, könnte dies zu einer erheblichen Rechtsunsicherheit und zu unterschiedlichen Sichtweisen in der Rechtsprechung führen. Hierbei ist zu sehen, dass gemäß § 197 Abs. 3 FamG ein Beschluss, durch den das Gericht die Annahme als Kind ausspricht, nicht anfechtbar ist. Viele Probleme des Adoptionsrechts werden daher nicht ausjudiziert, sondern allenfalls in der Literatur diskutiert.[20] Eine Betrachtung der Stabilitätsanforderungen erst in der Kindeswohlprüfung dürfte auch oftmals zu nachhaltigen Enttäuschungen wegen einer falschen Erwartungshaltung der Antragsteller in der Praxis führen. Dies gilt jedenfalls solange, bis die Rechtsprechung eine entsprechende Fallkasuistik für die Annahme ausreichend stabiler nichtehelicher Lebensgemeinschaften erarbeitet hätte. Dies wäre schon wegen der nur eingeschränkten Anfechtbarkeit (§ 197 Abs. 3 vom FG) erst langfristig zu erwarten.[21]

Aufgrund des Vorstehenden ist daher die mit § 1766a Abs. 2 S. 1 BGB des RegE bezweckte Konkretisierung, die auch in der vom Bundestag beschlossenen Endfassung im Wesentlichen beibehalten wurde, zu begrüßen.

a) Das Differenzierungskriterium der Ehelichkeit der Elternbeziehung (vgl. §§ 1741 Abs. 2 S. 2, 1742 BGB) ist geeignet, einen Teil der Beziehungen zu erfassen, die längeren Bestand versprechen.[22] Ob die Ehe in der konkret zu beurteilenden Fallgestaltung instabil oder stabil erscheint, ist – nicht nur, aber auch bei der Stiefkindadoption – im Rahmen der am Kindeswohl orientierten Einzelfallentscheidung genauer zu prüfen.[23]

b) Für nichteheliche Stiefkindfamilien arbeitet der RegE mit Regelbeispielen, um die Anforderungen an die Stabilität der Beziehung zwischen rechtlichem Elternteil und Stiefelternteil (Annehmendem) zu konkretisieren. Wie beim Bestehen eines Ehebandes ist damit für den jeweiligen Einzelfall gewährleistet, dass unter Berücksichtigung dieser Regelbeispiele eine konkrete Stabilitätsprognose zu erfolgen hat. Wenngleich zum Teil aus der Praxis gegen die Verwendung von Regelbeispielen insoweit Bedenken geäußert werden,[24] ist der Umgang mit Regelbeispielen für den Rechtsanwender ein geeignetes Mittel, um den konkreten Einzelfall einer sachgerechten Lösung zuzuführen.

§ 1766a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BGB-RegE fordert grundsätzlich ein eheähnliches Zusammenleben seit mindestens 4 Jahren. Dies entspricht auch der Endfassung der vom Bundestag beschlossenen Gesetzesnovellierung. Der RegE entnimmt diesen Zeitraum dem Zivilgesetzbuch Portugals, das in § 1979 Abs. 1 bestimme, dass Personen, die länger als 4 Jahre verheiratet (!) sind, adoptieren können. Im Übrigen weist der RegE darauf hin, dass verschiedene andere europäische Rechtsordnungen eine 2- oder 3-jährige Dauer des Zusammenlebens in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft fordern. Der RegE orientiert sich damit an den diesbezüglichen Einschätzungen anderer europäischer Rechtsordnungen. Soweit der Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz (RefE) einen Zeitraum von 2 Jahren vorsah, war dies ersichtlich auf die Mindestanforderungen einer verfestigten Lebensgemeinschaft nach der Rechtsprechung zu § 1579 Nr. 2 BGB ausgerichtet, was aus gerichtlicher Praxissicht als adoptionsrechtliches Stabilitätskriterium nichtehelicher Paare jedoch zutreffend als regelmäßig zu kurz beurteilt wird. Bei der Adoption geht es um eine endgültige Statusregelung und nicht nur um das Fortbestehen eines Unterhaltsanspruches. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass die Praxis[25] dem Eheband neben der Dauer der Lebensgemeinschaft eine eigene erhebliche Stabilitätswirkung zuspricht. Das Erfordernis einer regelmäßig mindestens 4-jährigen Dauer des eheähnlichen Zusammenlebens hält sich daher insgesamt gesehen im Rahmen dessen, was aus Praxissicht als geeignetes Differenzierungskriterium in Betracht kommt.[26]

Soweit § 1766a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BGB-RegE einen alternativen Regelfall eines Stabilitätskriteriums für eine ausreichend gefestigte Beziehung annimmt, wenn die nichtehelichen Lebenspartner als Eltern eines (anderen) gemeinschaftlichen Kindes mit diesem eheähnlich zusammenleben, dürfte dies nur dann zutreffen, wenn dieses Zusammenleben ebenfalls bereits eine gewisse Dauer aufweist. Insbesondere mit der Geburt eines Kindes gehen regelmäßig beachtliche und zum Teil mit...

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