Schausten hat in seinem Editorial "Über das berechtigte Interesse an auskömmlichen Anwaltsgebühren" zutreffend darauf hingewiesen, dass in der anwaltlichen (Abrechnungs-) Praxis in Verfahren bezüglich Scheidung der Ehe die Norm des § 43 FamGKG entweder nicht gekannt oder aber übersehen wird.[1] Er versichert am Ende seiner Ausführungen: "Es lohnt sich!", diese Norm anzuwenden.

I. Nach unstrittiger Auffassung des BVerfG ist es angesichts des eindeutigen Gesetzeswortlautes dieser Vorschrift geboten,[2] neben dem heranzuziehenden Nettoeinkommen der Eheleute auch ein etwa bei ihnen vorhandenes sonstiges Vermögen, insbesondere Immobiliarvermögen, zu berücksichtigen. Die Vorschrift über die Bemessung des Verfahrenswertes in Ehesachen führt im Ergebnis dazu, dass Beteiligte in Scheidungsverfahren je nach ihren wirtschaftlichen Verhältnissen unterschiedlich hohe Gerichtskosten zu zahlen haben. Diese ungleiche Behandlung, die aus der Anknüpfung des Streitwerts u.a. an die Einkommens- und Vermögensverhältnisse folgt, ist aber gerechtfertigt.

Sie beruht auf dem Bestreben, im konkreten Fall die Festsetzung angemessener Gebühren nach sozialen Gesichtspunkten zu ermöglichen. Der Gesetzgeber hat von einem starren Regelwerk abgesehen, um sicherzustellen, dass von den Gerichten alle Umstände des Einzelfalles erfasst werden (was hier leider nicht erfolgt ist). Der Gesetzgeber hielt dies auch deshalb für notwendig, um die Interessen des Fiskus an einer angemessenen Gebühr zu gewährleisten. Derartige Gründe für die Ausgestaltung der Gebührenerhebung finden ihren Rückhalt im verfassungsrechtlich abgesicherten Sozialstaatsprinzip gemäß Art. 20 GG und dem Justizgewährungsanspruch.

II. Nach alledem ist neben dem sonstigen Vermögen gerade Grundeigentum im Rahmen von § 43 Abs. 1 FamGKG grundsätzlich heranzuziehen. Auf dem Vermögen lastende Schulden, z.B. "Hauskredite", sind dabei in ihrer tatsächlichen Höhe abzuziehen. Übrige Vermögenswerte, wie beispielsweise Pkw oder Haushalt, stellen keine so nennenswerten Vermögenswerte dar, dass sie die Wertbemessung beeinflussen. Eine Ausnahme mag beispielsweise eine Oldtimer-Sammlung oder eine Sammlung kostbarer Kunstwerke bilden.

Gemeinhin werden dann Freibeträge in Abzug gebracht. Die obergerichtliche Rechtsprechung ist insoweit leider nicht einheitlich, wie oben genannte Entscheidung zeigt. Darauf hatte schon zutreffend Schneider hingewiesen.[3]

Die Vorschriften des sogenannten Schonvermögens spielen hier keine Rolle. Sofern früher Freibeträge nach § 6 VermStG in Abzug gebracht wurden, wird dies heute wohl nicht mehr gerechtfertigt sein. Denn dieses Gesetz ist für Veranlagungszeiträume nach dem 31.12.1996 nicht mehr anzuwenden, da nicht mehr existent. Auch aus den Motiven zu der entsprechenden Norm des FamGKG lässt sich ein Wille des Gesetzgebers, vom Vermögen einen Freibetrag abzusetzen, nicht heranziehen. Ein Freibetrag erscheint deshalb nach Auffassung des Verfassers nach Durchsicht der Rechtsprechung als entbehrlich, weil dieser Freibetrag weder in der Gesetzesbegründung noch in dem eindeutigen Gesetzestext seine Stütze findet. In diesem Zusammenhang darf auf die sehr klare Entscheidung des OLG Brandenburg Bezug genommen werden.[4] Zu konzedieren ist jedoch, dass bei der Wertbemessung nicht der volle Wert des Immobilienvermögens in Ansatz zu bringen ist, sondern der Wert des Immobilienvermögens nach Abzug der tatsächlich valutierenden Verbindlichkeiten und davon ein Prozentsatz i.H.v. 5 % bzw. 10 % alleine aus Billigkeitsgesichtspunkten in Ansatz zu bringen ist.

Alternativ könnte man gemäß dem obigen Beschluss des OLG Hamm verfahren. Gleichlautend ist der Beschluss des OLG Stuttgart, wonach bei der Bewertung des Vermögens im Rahmen der Wertfestsetzung der Ehesache für jeden Ehegatten ein Freibetrag i.H.v. 30.000 EUR zu berücksichtigen ist. Von dem verbleibenden Betrag sind 5 % beim Verfahrenswert zu berücksichtigen; Freibeträge für Kinder sind nicht abzusetzen.[5]

III. Um es einmal klarzustellen: Die Einbeziehung des Vermögens in die Festsetzung des Verfahrenswertes dient nicht dazu, Rechtsanwälte zu bereichern. Der Anspruch des Rechtsanwaltes auf Berechnung seiner Gebühren leitet sich bestimmt nicht direkt aus dieser Norm ab, was man nicht weiter zu diskutieren braucht. Er dient alleine dazu, das Interesse des Fiskus an einer funktionierenden Justiz zu gewährleisten, indem bei sich öffnendem Rechtsweg die an den Fiskus zu zahlenden Kosten für die Nutzung dieses Rechtsweges nach der Höhe des Vermögens und des Einkommens der Partei berechnet werden. Und das wiederum entspricht dem Sozialstaatsprinzip.

IV. Leider ist in der obergerichtlichen Rechtsprechung die Anwendung des § 43 FamGKG umstritten,[6] gleichwohl bei einer Einheitlichkeit der Rechtsprechung auch ein einheitlicher Zufluss in die jeweilige Justizkassen der Länder gewährleistet wäre. Dies zu gewährleisten ist schließlich zuvörderst obliegende Dienstpflicht des amtierenden Gerichts bei der Festsetzung des Verfahrenswertes. Dieser Dien...

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