Ausgangslage

Schließen Eheleute vor oder nach ihrer Trennung einen Mietvertrag über die Nutzung einer Wohnung/eines Hauses für Wohnzwecke oder zur gewerblichen Nutzung (z.B. Ingenieurbüro, Restaurant, Verkaufsstelle für Waren) ab, und kommt es zwischen ihnen hierüber zu Unstimmigkeiten, stellt sich in der Praxis immer wieder die Frage, welche Gerichte für die Entscheidung dieser Streitigkeiten zuständig sind. Es geht der Sache nach um die Abgrenzung zwischen der Zuständigkeit der Familiengerichte und der Zivilgerichte, d.h. der Zivilabteilungen des Amtsgerichts bzw. des Landgerichts.

Seit Inkrafttreten des neuen Verfahrensrechts (FamFG) am 1.9.2009 hat eine Konzentration aller familienrechtlichen Verfahren beim sogenannten "Großen Familiengericht" stattgefunden. Dieser Begriff ist als solcher gesetzlich nicht definiert. § 266 FamFG zählt lediglich enumerativ die Verfahren in sonstigen Familiensachen auf. Die Abgrenzung im Einzelnen ist in der Praxis auch drei Jahre nach Inkrafttreten des FamFG immer noch nicht abschließend geklärt.

Die Entscheidung des BGH vom 5.12.2012 befasst sich mit § 266 Abs. 1 Nr. 3 FamFG. Diese Vorschrift betrifft Ansprüche zwischen miteinander verheirateten oder ehemals miteinander verheirateten Personen oder zwischen solchen und einem Elternteil im Zusammenhang mit Trennung oder Scheidung oder Aufhebung der Ehe.

Inhalt der Entscheidung

Die Klägerin und der Beklagte waren verheiratet. Sie trennten sich im Jahr 2009. Im April 2011 wurde ihre Ehe geschieden. Das Zugewinnausgleichsverfahren ist beim Familiengericht noch anhängig. Die Parteien hatten im Januar 1998 einen Mietvertrag über eine 83 m² große Einliegerwohnung in einem im alleinigen Eigentum der Klägerin stehenden Haus abgeschlossen. Der Beklagte betrieb dort ein Ingenieurbüro. Während des ehelichen Zusammenlebens bewohnten die Parteien mit ihrem gemeinsamen Sohn die übrigen Räumlichkeiten des Hauses.

Mit ihrer beim Landgericht eingereichten Klage begehrt die Klägerin von dem Beklagten Mietzins und Nebenkosten für die Zeit von September 2009 bis Juli 2011. Der Beklagte wendet gegen den Mietzinsanspruch u.a. ein, das gewerbliche Mietverhältnis sei stillschweigend aufgehoben worden, weil man sich im Zuge der Trennung darauf geeinigt habe, dass der gemeinsame Sohn etwa 65 m² der zuvor gewerblich genutzten Einliegerwohnung nutze.

Das Landgericht hat den Rechtsstreit nach § 17a Abs. 2 Satz 1 GVG an das Amtsgericht – Familiengericht – verwiesen. Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat auf die gemäß § 17a Abs. 4 Satz 3 GVG erhobene sofortige Beschwerde der Klägerin den Rechtsweg zu den Gerichten der streitigen Zivilgerichtsbarkeit für zulässig erklärt. Auf die von dem Beklagten nach Zulassung durch das Oberlandesgericht erhobene Rechtsbeschwerde hat der BGH die Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf aufgehoben und die sofortige Beschwerde der Klägerin mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Rechtsweg zu den allgemeinen Zivilgerichten für unzulässig erklärt und das Verfahren an das Amtsgericht – Familiengericht – verwiesen wird.

Einordnung der Entscheidung

Der BGH hat mit der Entscheidung vom 5.12.2012 eine weitere Klarstellung zum Umfang der Zuständigkeiten des Familiengerichts vorgenommen. Das Familiengericht hat seit seiner Einführung mit Inkrafttreten des 1. Ehereformgesetzes am 1.7.1977 zur Reform der Eheschließung fortlaufend neue Zuständigkeiten erhalten.[1] War es zunächst neben der Scheidung in Bezug auf Ehesachen nur für den Unterhalt, den Versorgungsausgleich, den Zugewinn, die Ehewohnung und den Hausrat zuständig, kamen in diesem Bereich am 1.1.2002 auch die Verfahren nach dem Gewaltschutzgesetz bezogen auf den ehelichen Haushalt hinzu. Mit der Einführung des FamFG zum 1.9.2009 ist eine Übertragung zahlreicher Zuständigkeiten der Zivilgerichte auf die Familiengerichte erfolgt. Durch § 266 FamFG sind nahezu sämtliche vermögensrechtlichen und nichtvermögensrechtlichen Streitigkeiten, deren Rechtsgrund sich aus einem familienrechtlich geregelten Rechtsverhältnis ableitet, den Familiengerichten übertragen worden.

Zu den sonstigen Familiensachen gehören nun

nach § 266 Abs. 1 Nr. 1 FamFG Streitigkeiten aus einem bestehenden oder beendeten Verlöbnis (§§ 1297 bis 1302 BGB),
nach § 266 Abs. 1 Nr. 2 FamFG Ansprüche aus der Ehe (§§ 1353 bis 1359 BGB),
nach § 266 Abs. 1 Nr. 3 FamFG Verfahren wegen der Folgen einer beendeten Ehe,
nach § 266 Abs. 1 Nr. 4 FamFG Ansprüche aus dem Eltern-Kind-Verhältnis (§§ 1616 ff. BGB),
nach § 266 Abs. 1 Nr. 5 FamFG Streitigkeiten aus dem Umgangsverhältnis (§§ 1684, 1685 BGB),
nach § 266 Abs. 2 FamFG Verfahren über den Ausschluss der Schlüsselgewalt (§ 1357 Abs. 2 S. 1 BGB).

Ausgenommen von der Zuständigkeit des Familiengerichts sind Verfahren, die den Arbeitsgerichten zugewiesen sind, Streitigkeiten betreffend eines in § 348 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 lit.a bis k ZPO genannten Sachgebiete (z.B. Ansprüche aus Bau- oder Architektenverträgen, aus Bank- und Finanzgeschäften) und solche, die das Wohnungseigent...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge