Auch das neue Recht vermag leider nicht zu gewährleisten, dass Versorgungsanrechte korrekt geteilt werden. Es besteht das Risiko, dass die für die Wertberechnung der Anrechte zuständigen Versorgungsträger (§ 5 VersAusglG) diese im Rahmen des Versorgungsausgleichsverfahrens falsch bewerten mit der Folge, dass diese auch falsch geteilt werden. Da eine nachträgliche Fehlerkorrektur nicht vorgesehen ist, kann so der Halbteilungsgrundsatz verfehlt werden.[21]

a) In den Beamtenversorgungen kommt es immer wieder vor, dass die Versorgungskürzung beim Ausgleichspflichtigen merklich höher ausfällt, als der (korrespondierende) neue oder erhöhte Versorgungsanspruch des Ausgleichsberechtigten.[22] Dient der überhöhte Pensionskürzungsbetrag dann auch noch als Berechnungsgrundlage für eine Aktualisierung des Versorgungsausgleichsbetrages kann für den Pensionär ein weiterer beachtlicher Schaden entstehen.[23] Verwaltungsgerichte und Oberverwaltungsgerichte billigen diese überhöhten Pensionskürzungen,[24] obwohl das Bundesverfassungsgericht[25] bereits im Jahr 1996 klar festgestellt hat, dass der Versorgungsausgleich seine Rechtfertigung durch Art. 6 Abs. 1 und 3 Abs. 2 GG verliere und den Anspruch des Beamten auf amtsangemessene Alimentation dann in verfassungswidriger Weise mindere, wenn eine spürbare Kürzung der Versorgungsbezüge dem Ausgleichsberechtigte nicht angemessen zugutekomme.

b) Auch in der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes und im Bereich kirchlicher Zusatzversorgungen und berufsständischer Versorgungswerke kommt es zu versorgungsausgleichsbedingten überhöhten Versorgungskürzungen beim Ausgleichspflichtigen. Die Kürzungen können den Ausgleichswert sogar um ein Mehrfaches übertreffen.[26] Diese Praxis basiert z.T. noch auf dem bis zum 31.8.2009 geltenden Recht und auf insoweit rechtsfehlerhaften Satzungsbestimmungen der Zusatzversorgungsträger. Wegen der gegebenen rechtlichen Komplexität und der hohen Intransparenz beim Vollzug des Versorgungsausgleichs gerade in diesen Rechtsbereichen werden diese gravierenden Mängel erst allmählich zutage gefördert. So hat der BGH[27] sich erstmals im Jahr 2018 mit dieser Problematik befasst und dazu grundlegende, wenn auch teilweise umstrittene Rechtssätze zur gesetzeskonformen Rechtsanwendung entwickelt. Borth[28] hat ergänzend verfahrensmäßige Möglichkeiten des Vorgehens gegen auch bestandskräftige fehlerhafte Kürzungsanordnungen aufgezeigt. Er rechnet in diesem Bereich nun mit einer Flut von Verfahren geschädigter Ausgleichspflichtiger.

[21] Vgl. Erman/Norpoth/Sasse, § 5 VersAuglG Rn 2 ff.; Soergel/Häußermann, Vor VersAusglG Rn 15; auch Borth, FamRZ 2010, 1210, 1215.
[22] Vgl. Franz, NJOZ 2017, 1658 ff.; NVwZ 2017, 1820, 1821 f. und ZBR 2015, 301 ff.; jew. m. Rspr-Nachw.
[23] Vgl. Franz, ISUV-Report 2018, Nr. 156, S. 11 ff. unter IV. unter Bezugnahme auf einen Beschluss des AG Siegburg.
[24] Nachweise bei Franz, NJOZ 2017, 1658 ff.
[25] So BVerfG FamRZ 1996, 341, 342 = NVwZ 1996, 584 = DVBI 1996, 502; in diesem Sinne schon BVerFGE 53, 258, 302 f. = NJW 1980, 692, 695 = ZBR 1980, 174, 177; BVerfGE 87, 348, 356 f. = NJW 1993, 1057; zur insoweit abw. neueren Rspr des BVerfG siehe nachfolgend unter 7.
[26] Vgl. Borth, FamRZ 2018, 477, 478.
[27] BGH FamRZ 2018, 477 ff. mit Anm. Borth, FamRZ 2018, 477 ff.
[28] Borth, FamRZ 2018, 477 ff.

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