I. Einleitung

Einer (unberechtigten) Umgangsverweigerung rechtlich korrekt und effektiv entgegenzuwirken, stellt alle Beteiligte des familiengerichtlichen Verfahrens vor große Herausforderungen. Eine fehlende effektive Durchsetzung von Umgangstiteln kann das Kindeswohl beeinträchtigen, indem es beispielsweise zu einer (weiteren) Entfremdung vom umgangsberechtigten Elternteil führt. Andererseits kann auch die Durchsetzung des Umgangsrechts erhebliche Belastungen für das Kind (Loyalitätskonflikte) und die Kindeseltern mit sich bringen.[1] Allerdings ist es nicht besonders sinnvoll, den Umgang im Erkenntnisverfahren mit erheblichem Aufwand (Sachverständigengutachten, umfangreiche Anhörungen etc.) zu regeln, dann aber auf eine Durchsetzung zu verzichten.[2] Eine fehlende Durchsetzung gerichtlicher Entscheidungen hat – insbesondere in dem hochemotionalen Bereich der Kindschaftsverfahren – einen langfristigen Vertrauensverlust in die Justiz zur Folge.

Von entscheidender Bedeutung für ein erfolgreiches Vorgehen gegen eine Umgangsverweigerung ist der Zeitfaktor (vgl. auch § 155 FamFG).[3] Je länger ein Verfahren dauert, desto schlechter stehen die Chancen für eine erfolgreiche Umsetzung des Umgangsrechts. Erfahrungsgemäß verfestigt sich eine anfangs noch leicht zu überwindende Ablehnungshaltung des Kindes mit zunehmender Zeitdauer derart, dass ohne eine Gefährdung des Kindeswohls der Wille des Kindes nicht mehr ignoriert werden kann. Folge ist dann häufig ein Umgangsausschluss.[4]

Um eine dem Kindeswohl dienende Umgangsregelung herbeizuführen, sollte immer versucht werden, einen diesbezüglichen Konsens der Elternteile herbeizuführen. Wenn dies nicht möglich ist, muss für den Umgangsberechtigten die Erlangung eines vollstreckbaren Umgangstitels, mithin die Klärung der Ausgestaltung des Umgangs im Erkenntnisverfahren, hohe Priorität haben.

Hauptsacheverfahren dauern zum Teil wegen der Einholung familienpsychologischer Sachverständigengutachten länger. Deshalb sollte der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung (vgl. § 156 Abs. 3 FamFG) geprüft werden. Wird ein Kindschaftsverfahren vom Gericht nur zögerlich betrieben, sollte auch die Erhebung einer Beschleunigungsrüge/Beschleunigungsbeschwerde (§§ 155b, 155c FamFG) geprüft werden. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat die grundsätzliche Verpflichtung der Mitgliedstaaten hervorgehoben, Entscheidungen zum Umgangsrecht zügig und effektiv durchzusetzen sowie solche Verfahren zügig durchzuführen.[5]

[1] Vgl. zur Problematik im Hinblick auf das Kindeswohl: Dettenborn/Walter, Familienrechtspsychologie, 2. Aufl. 2015, 116 ff.
[2] Vgl. Staudinger/Rauscher, BGB – Neubearb. 2014, § 1684 Rn 224.
[3] Vgl. Dettenborn/Walter, Familienrechtspsychologie, 2. Aufl. 2015, 277.
[4] Vgl. Johannsen/Henrich, Familienrecht, 6. Aufl. 2015, § 1684 Rn 41.
[5] EGMR NJW 2017, 3699; EGMR FamRZ 2015, 469.

II. Erfordernis eines vollstreckbaren Umgangstitels

Von Bedeutung für eine erfolgreiche Vollstreckung ist ein ausreichend bestimmter Umgangstitel. Bei der richterlichen Ausgestaltung des Umgangs nach § 1684 Abs. 3 Satz 1 BGB ist der Umgang vollstreckbar nach Art, Ort und Zeit des Umgangs zu regeln oder – soweit es das Kindeswohl erfordert – konkret einzuschränken oder auszuschließen.[6] Viele Vollstreckungen scheitern in der Praxis schon daran.[7]

Für eine ausreichende Bestimmtheit ist es insbesondere erforderlich, dass die genaue Zeit des Umgangs festgelegt wird.[8] Die genaue Uhrzeit, zu der die Kinder abgeholt und zurückgebracht werden sollen, muss geregelt werden.[9] Bei periodischen Umgängen ist der Anfangstermin festzulegen.[10] Die exakte Bestimmung des Ortes des Umgangs ist nicht notwendig. Denn der findet – mangels abweichender Regelung – bei dem Umgangselternteil bzw. nach dessen Bestimmung statt.[11] Anders verhält es sich insoweit beim begleiteten Umgang. Hier muss auch der Ort bestimmt sein, weil es nicht dem begleitenden Dritten überlassen bleiben darf, die Umgangsregelung insoweit auszufüllen.[12]

Auf keinen Fall darf das Familiengericht die Entscheidung über die Häufigkeit, die Art und die Zeit des Umgangs dem Jugendamt, einem Umgangsbegleiter oder einem Umgangspfleger überlassen. Dies hat das Gericht zu entscheiden.[13] Werden diese Anforderungen nicht beachtet, ist die Umgangsregelung nicht hinreichend bestimmt. Es fehlt ihr an der Vollstreckungsfähigkeit. Nicht erforderlich ist, dass der Umgangstitel detailliert bezeichnete Verpflichtungen des betreuenden Elternteils, insbesondere zum Bereithalten und Abholen des Kindes, enthält.[14]

Ein Vollstreckungstitel kann auch ein gerichtlich gebilligter Vergleich gemäß §§ 86 Abs. 1 Nr. 2, 156 Abs. 2 FamFG sein. Hier sollte ein besonderes Augenmerk auf die Einhaltung der Formalien gerichtet sein. Insbesondere muss diese Vereinbarung gerichtlich protokolliert ("vorgespielt und genehmigt")[15] und gebilligt werden, um daraus vollstrecken zu können. Ohne Billigung stellt eine Vereinbarung keinen Vollstreckungstitel dar. Ob die Billigung in Beschlussform erfolgen muss oder auch konkludent erfolgen kan...

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