Das Schlagwort "Digitaler Nachlass" ist in aller Munde.[1] Das Erbrecht sieht die Gesamtrechtsnachfolge für den Erbfall vor. Damit tritt der Erbe bzw. die Erbengemeinschaft in alle Rechte und Pflichten des Nachlasses ein. Durch die vielfältigen elektronischen Neuerungen, verschiedene E-Mail-Accounts, Facebook, Google, Clouds, Twitter, Instagram usw. haben sich neue Problemfelder im Erbrecht aufgetan. Auch das Speichern von Daten auf verschiedensten Datenträgern stellt den Erben vor neue Herausforderungen, wenn diese Speichermedien beispielsweise passwortgeschützt sind. Die Probleme zu lösen, erschien zunächst einfach, bis Facebook einer Mutter als Erbin der Tochter den Zugriff auf den Account verweigerte. Seitdem gab es ein Problem mit dem "Digitalen Nachlass". Der BGH hat für diesen Fall zugunsten des Erbrechtes und nicht zugunsten des Telekommunikationsrechtes entschieden, wie zuvor noch das KG Berlin.

Aus diesem Grund muss sich der Erbrechtler mit dem sicher noch nicht ganz abgehandelten Thema und auch aufgrund der immer schnelleren Veränderungen und der neuen Datenschutzgrundverordnung zwingend mit dieser Problematik auseinandersetzen. Darüber hinaus soll es seitens der EU neue Regelungen zu digitalen Themen geben.[2] Die Bundesregierung sieht keinen Bedarf für gesetzliche Regelungen im Hinblick auf den digitalen Nachlass.[3]

Erben stehen beim "Digitalen Nachlass" immer noch vor Problemen, wenn es darum geht, neben dem real existierenden Nachlass auch den digitalen Nachlass des Verstorbenen abzuwickeln. Es geht um Fragen, wie etwa mit Rechnungen oder Kontoauszügen umzugehen ist, wenn diese allein in digitaler Form archiviert werden. Der Umgang mit solchen Problemen ist noch immer umstritten.

Umstritten war im oben genannten Fall, ob der Zugang und die Nutzung der Internet-Accounts des Erblassers Teil der Erbmasse wurden und damit der Erbe auch hier in die rechtliche Position des Erblassers eintrat: Musste der Dienste- oder Speicheranbieter dem oder den Erben Zugriff auf die Daten erlauben? Handelt es sich möglicherweise um höchstpersönliche oder sogar vom Telekommunikationsgesetz geschützte Rechte? Wie ist mit diesen Rechten im Erbfall umzugehen?

Die Frage, ob der digitale Nachlass hinsichtlich seiner rechtlichen Behandlung mit dem analogen Nachlass gleichzustellen ist, gewinnt aufgrund der vermehrten Nutzung von Accounts immer mehr an Bedeutung. Wurde der digitale Nachlass von den einen als vererbbar betrachtet, sahen andere dies als nicht mit grundrechtlich geschützten Positionen des Erblassers und der anderen Nutzer von Internetplattformen vereinbar.

Mit der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 12.7.2018[4] wurde für Klarheit im Umgang mit digitalen Inhalten eines Nachlasses gesorgt und eine einheitliche Behandlung des digitalen und des analogen Nachlass begründet. Trotzdem bleiben noch viele Fragen auch für potentielle Erblasser und Erblasserinnen offen:

Wie organisiere ich den "digitalen Nachlass" für meine Erben? Schreibe ich alle Accounts und Passwörter auf? Dies ist nicht vereinbar mit vielen Vertragsbestimmungen, die keine Haftung für den Missbrauch des Accounts übernehmen, wenn Account-Daten anderen zugänglich aufbewahrt werden. Hier gilt es zu klären, welche Möglichkeiten sich bieten. Der vorliegende Aufsatz befasst sich mit den praktischen Problemstellungen, die der "digitale Nachlass" unter Berücksichtigung der aktuellen BGH-Entscheidung mit sich bringt.

[1] DNotZ 2018, 846 ff.; ZEV 2018, S. 582 ff. m. Anm. Ludyga.
[2] Vgl. Änderungen der Verordnung (EU) Nr. 650/2012 (EU-Erbrechtsverordnung), hier Art. 82 EU-Erbrechtsverordnung zur Digitalisierung des Nachlasszeugnisses und geplante E-Privacy VO.
[3] Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage der FDP-Fraktion (BT-Drucks 19/3954) zu geplanten Änderungen bezüglich des digitalen Nachlasses, BT-Drucks 19/4207.

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