1. Internationales Familienrecht

a) Anerkennung einer ausländischen Entscheidung nach § 108 Abs. 1 FamFG

Eine gerichtliche Entscheidung, die die Wunscheltern als rechtliche Eltern bestätigt, ist nach der Rechtsprechung des BGH gem. § 108 Abs. 1 FamFG grundsätzlich anerkennungsfähig mit der Folge, dass die Wunscheltern auch in Deutschland als Eltern gelten und nicht die Leihmutter.[4]

Für die Anerkennungsfähigkeit ist zu prüfen, ob Anerkennungshindernisse gem. § 109 FamFG bestehen. Hierbei ist besonderes Augenmerk auf § 109 Abs. 1 Nr. 1 FamFG zu legen, wonach eine ausländische Entscheidung nicht anerkennungsfähig ist, wenn die Gerichte des anderen Staates nach deutschem Recht nicht zuständig sind.[5]

Die viel diskutierte Frage, ob der Anerkennungsfähigkeit der ordre public nach § 109 Abs. 1 Nr. 4 FamFG entgegen stehe, da andernfalls das in Deutschland bestehende Verbot der Leihmutterschaft umgangen werde, hat der BGH für die Fälle verneint, in denen ein Wunschelternteil (anders als die Leihmutter) genetisch mit dem Kind verwandt ist.[6] Der BGH sieht eine Parallele zur Adoption: Die Leihmutter hat mit einigem zeitlichen Abstand zu der Geburt vor einem Gericht bestätigt, dass sie das Kind an die Wunscheltern herausgeben möchte. Es entspreche dem Wohle des Kindes am besten, wenn die elterliche Verantwortung den Wunscheltern, die diese im Gegensatz zur Leihmutter übernehmen wollen, übertragen wird.[7] Darüber hinaus wäre das Kind andernfalls elternlos, da die Leihmutter jedenfalls nach dem in ihrem Staat geltenden Recht nicht rechtliche Mutter des Kindes ist. Das Kind, das auf die Umstände seiner Entstehung keinen Einfluss habe, dürfe nicht hierfür verantwortlich gemacht werden.[8]

Eine Grenze ist natürlich dort zu ziehen, wo die Menschenwürde der Leihmutter verletzt ist. Dies ist der Fall, wenn die Leihmutterschaft unter Umständen durchgeführt wird, die ihre freiwillige Mitwirkung infrage stellen, oder wesentliche Umstände im Unklaren bleiben, etwa Angaben zur Person der Leihmutter, zu den Bedingungen, unter denen sie sich zum Austragen des Kindes bereit erklärt hat, oder wenn im ausländischen Gerichtsverfahren grundlegende verfahrensrechtliche Garantien außer Acht gelassen worden sind.[9]

Ob in anderen Fällen – wenn also kein Wunschelternteil mit dem Kind genetisch verwandt ist oder die Leihmutter genetische Mutter des Kindes ist – ein Verstoß gegen den ordre public vorliegt, hat der BGH offen gelassen.[10] Dies dürfte sich jedoch mit selbiger, auf das Kindeswohl gestützter Argumentation, ebenfalls verneinen lassen.[11]

Die Eintragung in ein ausländisches Geburtenregister ist hingegen nicht anerkennungsfähig, sofern diese nicht die einer gerichtlichen Entscheidung vergleichbare Rechtskraft hat.[12] Ebenfalls nicht ausreichend ist, wenn ein ausländisches Gerichtsurteil lediglich die genetische, nicht jedoch die rechtliche Elternschaft feststellt.[13]

Liegt eine ausländische Gerichtsentscheidung vor, steht den Beteiligten im Übrigen auch die Möglichkeit offen, ein Anerkennungsfeststellungsverfahren gem. § 108 Abs. 2 FamFG einzuleiten und somit eine bindende Wirkung für Gerichte und Behörden zu erzielen.[14]

[5] Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte ergibt sich aus § 100 FamFG.
[10] BGH NJW-RR 2018, 1473 Rn 28 mit Hinweisen auf befürwortende Literaturstimmen.
[11] So jedenfalls KG Berlin FamRZ 2020, 607.
[12] BGH NJW 2019, 1608; a.A. z.B. Löhnig, NJW 2019, 1607, der darauf hinweist, dass das Kind elternlos ist, wenn die Wunscheltern ihre Meinung ändern. Es sei im Interesse des Kindeswohls, auch Eintragungen im Geburtenregister anzuerkennen, um den Wunscheltern, um deren Willen das Kind überhaupt existiert, die Verantwortung zuzuordnen.
[13] VG Köln NJW 2013, 2617.

b) Mangels einer ausländischen Entscheidung anzuwendendes Recht

Liegt keine anerkennungsfähige Entscheidung vor, stellt sich die Frage des anzuwendenden Rechts. Mit Ausnahme des deutsch-iranischen Abkommens[15] bestehen keine Staatsverträge, sodass die Kollisionsnorm des Art. 19 EGBGB einschlägig ist. Nach Art. 19 S. 1 EGBGB unterliegt die Abstammung eines Kindes dem Recht des Staates, in welchem das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. In ständiger Rechtsprechung definiert der BGH[16] den gewöhnlichen Aufenthalt nach dem Schwerpunkt der Bindungen der betroffenen Person, ihrem Daseinsmittelpunkt. Dieser ist aufgrund der gegebenen tatsächlichen Umstände zu beurteilen und muss auf eine gewisse Dauer angelegt sein. Ein bloß vorübergehender Aufenthalt in einem Staat begründet dort noch keinen gewöhnlichen Aufenthalt. Minderjährige teilen regelmäßig den gewöhnlichen Aufenthalt ihrer Eltern. Grundsätzlich wird man ab einem Zeitraum von sechs Monaten von der Begründung eines gewöhnlichen Aufenthaltes ausgehen dürfen.[17]

In seiner grundlegenden Entscheidung vom 24.1.2019[18] führt der BGH aus, dass der gewöhnliche Aufenthalt eines von einer Leihmutter geborenen Kindes, das unmittelbar nach der Geburt nach dem üb...

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