Der BGH hat sich in dieser Entscheidung mit der Frage der Beschwer der Antragsgegnerin durch den Ausspruch der Ehescheidung befasst und die bisherige Rechtsprechung wiederholt: Danach muss der Antragsgegner und Rechtsmittelführer das Ziel der Aufrechterhaltung der Ehe eindeutig und vorbehaltlos verfolgen, wenn der das Rechtsmittel führende Ehegatte in erster Instanz der Scheidung noch zugestimmt oder diese beantragt hat und es dementsprechend an einer formellen Beschwer fehlt.[1] Dies lag im vorliegenden Fall schon nicht vor, weil die Ehefrau der Scheidung von Anfang an entgegen getreten ist, so dass sie sowohl formell als auch materiell beschwert ist (Rn 11). Die Tatsache, dass sie zwischenzeitlich nicht mehr anwaltlich vertreten war, ändert hieran nichts.

Interessant ist die Entscheidung aber auch im Hinblick auf den Verbund (§§ 137 ff. FamFG). Hierbei sind die Wirkungen des Verbunds im Einzelnen nochmals zu rekapitulieren:

1. Für Scheidung und Folgesachen besteht nach § 114 Abs. 1 FamFG Anwaltszwang, wobei nach § 114 Abs. 5 S. 2 FamFG die Vollmacht für die Scheidungssache sich auf die Folgesachen erstreckt. Will der Antragsgegner im Scheidungsverfahren keinen Antrag stellen und keinen Vergleich schließen, keine Verfahrenshandlung vornehmen, sondern nur gemäß § 128 Abs. 1 S. 1 FamFG angehört werden und der Scheidung zustimmen, besteht kein Anwaltszwang, § 134 Abs. 1 FamFG. Soweit eine andere Entscheidung in einer Familienstreitsache ergehen soll, kann diese nur durch Säumnisbeschluss ergehen. Dass in der Scheidungssache selbst keine Säumnisentscheidung ergehen kann, bestimmt § 130 FamFG.

2. Die für das Scheidungsverfahren bewilligte Verfahrenskostenhilfe (VKH) erstreckt sich gemäß § 149 FamFG von selbst (also auch ohne besonderen Ausspruch) auf die von Amts wegen einzuleitende Folgesache "Versorgungsausgleich", soweit sie nicht ausdrücklich ausgenommen wird. Für alle übrigen Folgesachen ist VKH besonders zu prüfen.[2] Eine uneingeschränkte Bewilligung von VKH erstreckt sich auf alle zum Zeitpunkt anhängigen Folgesachen; eine Beschränkung der Bewilligung muss ausdrücklich angeordnet werden.[3] Für die Erstreckung der VKH auf Vergleiche in Folgesachen bedarf es der Einzelbewilligung durch das Gericht.[4]

3. In Familienstreitsachen als Folgesachen gelten wegen § 113 Abs. 1 S. 2 FamFG die ZPO-Vorschriften für das Verfahren 1. Instanz vor den Landgerichten, soweit sich nicht aus den §§ 137 ff. FamFG etwas anderes ergibt. In den Familiensachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit gelten die Vorschriften des ersten Buches des FamFG, soweit sich nicht aus den §§ 137 ff. FamFG anderes ergibt. Auch in FGG-Familiensachen ist mündlich zu verhandeln.

4. Die Rücknahme des Scheidungsantrags (§ 141 FamFG) richtet sich wegen § 113 Abs. 1 S. 2 FamFG nach § 269 ZPO: Bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung, die dadurch eingeleitet wird, dass die Parteien ihre Anträge stellen, § 137 Abs. 1 ZPO, kann ohne Einwilligung des anwaltlich vertretenen Antragsgegners der Scheidungsantrag durch den, den Antragsteller vertretenden Rechtsanwalt zurückgenommen werden mit der Folge, dass die Anhängigkeit rückwirkend entfällt. Ein Ehescheidungsantrag kann bis zur Rechtskraft der Scheidung gegenüber dem erstinstanzlichen Gericht zurückgenommen werden; war der Antragsgegner im Verfahren nicht anwaltlich vertreten, stellt seine Zustimmung zur Scheidung kein Verhandeln i.S.v. §§ 113 Abs. 1 FamFG, 269 Abs. 1 ZPO dar, weshalb es seiner Zustimmung zur Rücknahme nicht bedarf.[5] Verweigert die Antragsgegnerin die Zustimmung zur Rücknahme des Scheidungsantrags und war das Verfahren deshalb fortzusetzen, ist die Antragsrücknahme wirkungslos geworden. Eine spätere Zustimmung zu dieser Rücknahme kann nicht wirksam erfolgen und führt nicht zur Beendigung des Scheidungsverfahrens.[6]

5. Wird der Scheidungsantrag zurückgenommen (§ 141 S. 1 FamFG), werden die Folgesachen gegenstandslos, soweit sie nicht die Übertragung der elterlichen Sorge oder eines Teils der elterlichen Sorge wegen Gefährdung des Kinderwohls auf einen Elternteil, Vormund oder Pfleger betreffen, weil diese als selbstständige Familiensache fortzuführen ist (§ 141 S. 2, 3 FamFG). Darüber hinaus kann eine Folgesache auf Antrag als selbstständige Familiensache fortgeführt werden (§ 141 S. 2 a.E. FamFG). Die Befugnis, eine Folgesache als selbstständige Familiensache fortzuführen, steht bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen auch derjenigen Partei zu, die die Folgesache nicht anhängig gemacht hat.

6. Besondere Zustellungsregelungen: Vorbereitende Schriftsätze, Ausfertigungen oder Abschriften werden am Verfahren beteiligten Dritten nur insoweit mitgeteilt oder zugestellt, als das mitzuteilende oder zuzustellende Schriftstück sie betrifft (Versorgungsträger, Jugendamt oder Vermieter). Dasselbe gilt für die Zustellung von Entscheidungen an Dritte, die zur Einlegung von Rechtsmitteln berechtigt sind (§ 139 Abs. 1 FamFG).

7. Grundsatz der einheitlichen Entscheidung durch Beschluss bei stattgebender Ents...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge