Die Jahreseinkommensgrenze von 100.000 EUR bezieht sich auf alle Leistungen nach dem SGB XII sowie dem BVG und betrifft die Unterhaltsansprüche von

minderjährigen Kindern gegen ihre Eltern mit Ausnahme der Hilfen zum Lebensunterhalt (3. Kapitel),
volljährigen Kindern gegen ihre Eltern,
Eltern gegen ihre Kinder.

Unterhaltsansprüche sind zu berücksichtigen und können wie bisher als Regressanspruch geltend gemacht werden bei

Minderjährigen Kindern,

für Leistungen nach dem 3. Kapitel (Hilfen zum Lebensunterhalt),
für Leistungen nach dem 5. bis 9. Kapitel gegen den Elternteil, dessen Gesamteinkommen die Jahreseinkommensgrenze überschreitet,
Volljährigen Kindern gegen den Elternteil, dessen Gesamteinkommen die Jahreseinkommensgrenze überschreitet; bei behinderten Kindern gilt weiterhin der nach § 94 Abs. 2 SGB XII begrenzte Anspruchsübergang,[32]
Leistungen an Eltern gegen die Kinder, deren Gesamteinkommen jeweils die Jahreseinkommensgrenze übersteigt,
Ansprüchen auf Trennungsunterhalt und nachehelichen Unterhalt; bei nicht getrennt lebenden Ehegatten gelten für Leistungen nach dem 5. bis 9. Kapitel die besonderen Einkommensgrenzen nach §§ 85 ff. SGB XII,[33]
Ansprüchen wegen der Betreuung eines nichtehelichen Kindes (§ 1615l BGB).

Erhalten bleibt die gesetzliche Vermutung, das Einkommen der Unterhaltspflichtigen übersteige nicht die Jahreseinkommensgrenze (§ 94 Abs. 1a S. 3 SGB XII). Sinn und Zweck dieser Regelung ist es, im Regelfall auf eine Prüfung von Unterhaltsansprüchen zu verzichten.[34] Dies erspart dem Leistungsberechtigten insistierende Befragungen und der Verwaltung eine aufwändige Prüfung der Einkommensverhältnisse. Diese Vermutung ist allerdings widerlegbar. Der Nachweis obliegt der Verwaltung.[35] Gibt es hinreichende Anhaltspunkte für ein höheres Einkommen, darf sie eine weitere Nachprüfung der Einkommensverhältnisse vornehmen. Solche Anhaltspunkte kann der Leistungsträger aus allen ihm zugänglichen Informationsquellen gewinnen – Angaben des Leistungsberechtigten, Auskünften in früheren Verfahren, Medienberichte, Zugehörigkeit zu bestimmten Berufsgruppen, sowie einem ausweichendes Auskunftsverhalten.[36] Bei berechtigten Zweifeln kann sich der Leistungsträger Gewissheit durch eine Auskunft der Unterhaltspflichtigen verschaffen. Deren Rechtspflicht zur Auskunft folgt aus dem künftig unmittelbar anzuwendenden § 117 SGB XII. Es handelt sich um eine öffentlich-rechtliche Pflicht aller potentiell Unterhaltspflichtigen, zu deren Erfüllung diese Angaben zu ihren Einnahmen und Ausgaben machen und auch Beweisurkunden (Steuererklärungen, Verdienstnachweise, Jahresabschlüsse) vorlegen müssen.

[32] Monatlich 34,44 EUR bei Hilfen zur Pflege und 26,49 EUR bei Hilfen zum Lebensunterhalt.
[33] Doering-Striening, FamRB 2018, 162 – die Vorschriften zum einzusetzenden Einkommen sind zwingendes Recht, die nicht durch abweichende Modelle zum familienrechtlichen Unterhalt verdrängt werden können – a.A. BGH, Beschl. v. 27.4.2016 – XII ZB 485/14, FamRZ 2016, 1142.
[34] Schellhorn in Schellhorn/Hohm/Scheider, § 43 SGB XII Rn 12.
[35] Blüggel in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 43 SGB XII Rn 40.

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