In dem umfangreichen, 25 Seiten langen Beschluss, geht der BGH auf verschiedene Probleme beim Ehegattenunterhalt ein. Im Rahmen dieser Anmerkung sollen vier Punkte herausgegriffen werden:

I. Quotenberechnung auch bei hohem Familieneinkommen der Eheleute

Bis zum Beschluss des BGH vom 15.11.2017[1] war es Stand der Rechtsprechung, dass bei sehr hohen Einkünften der Eheleute keine Quotenberechnung am Maßstab des Halbteilungsgrundsatzes durchzuführen ist, sondern der unterhaltsberechtigte Ehegatte seinen Bedarf am Maßstab der ehelichen Lebensverhältnisse konkret darzulegen hatte.

Die Quotenberechnung spielte nur insoweit eine Rolle, als der konkrete Unterhaltsanspruch betragsmäßig auf den Unterhaltsbetrag begrenzt war, der sich auch bei einer Quotenberechnung ergeben würde.

Mit seinem Beschl. v. 15.11.2017 – XII ZB 503/16 hatte der BGH die Rechtsprechung zur Notwendigkeit einer konkreten Bedarfsberechnung grundlegend geändert.

Er hatte einerseits die Grenze, bis zur der unproblematisch eine Quotenberechnung durchgeführt werden kann, gegenüber der früheren Rechtsprechung deutlich erhöht. Diese Grenze ist erst erreicht, wenn das Gesamteinkommen beider Eheleute das Doppelte des höchsten in der Düsseldorfer Tabelle ausgewiesenen Einkommensbetrages übersteigt, somit bei 11.000,00 EUR. Bis dahin kann ohne Darlegung der konkreten Einkommensverwendung der Unterhalt nach der Quotenberechnung ermittelt werden.

Soweit das Einkommen darüber hinausgeht, ist der unterhaltsberechtigte Ehegatte aber nun nicht mehr auf die konkrete Bedarfsberechnung angewiesen. Er kann wahlweise auch den Unterhalt nach der Quotenmethode berechnen. Er muss dazu allerdings darlegen und im Bestreitensfall auch beweisen, dass und in welcher Höhe über das Familieneinkommen von 11.000,00 EUR hinaus die Einkünfte tatsächlich für den Lebensbedarf verwendet worden sind.

Die Einkommensgrenze von 11.000,00 EUR schließt die Quotenberechnung nicht aus, sondern hat lediglich eine Umkehr der Darlegungs- und Beweislast zur Folge.

Hintergrund dieser Rechtsprechung ist, dass man bei kleinen und mittleren Einkommen davon ausgehen kann, dass es im Wesentlichen auch für gemeinsamen Lebensunterhalt in der Ehe verbraucht wird. Bei hohen Einkünften gilt diese Vermutung nicht. Vielmehr ist bei hohen Einkünften anzunehmen, dass die Einkünfte nicht vollständig in den Konsum fließen, sondern ein Teil davon auch als Vermögensbildung zurückgelegt wird.

Die Leitlinien der Oberlandesgerichte haben diese wesentliche Rechtsprechungsänderung nur zum Teil aufgegriffen. Mit Stand 1.1.2019, also gut ein Jahr nach der damaligen BGH-Entscheidung, wurde in vielen Leitlinien immer noch darauf verwiesen, dass bei sehr guten Einkommensverhältnissen der Bedarf zwingend konkret zu berechnen sei. Erwähnung fand die neue Rechtsprechung des BGH beispielsweise in den Leitlinien des OLG Braunschweig und des OLG Jena, ähnlich in den Leitlinien des OLG Köln und des OLG Schleswig.

In seiner aktuellen Entscheidung vom 25.9.2019 bekräftigt der BGH diese wesentliche Rechtsprechungsänderung und konkretisiert sie weiter. In der Entscheidung vom November 2017 hatte der BGH die relative Sättigungsgrenze von 11.000,00 EUR am "Familieneinkommen" festgemacht. Er hatte aber nicht erläutert, was unter "Familieneinkommen" zu verstehen ist, ob das steuerliche Nettoeinkommen unter Abzug von Krankenversicherung und Rentenversicherung gemeint ist oder das jeweils bereits unterhaltsrechtlich bereinigte Einkommen der beiden Eheleute.

In der jetzigen Entscheidung vom 25.9.2019 konkretisiert der BGH den von ihm geschaffenen Begriff des "Familieneinkommens". Er versteht darunter das Einkommen, das für den ehelichen Lebensbedarf der beiden Ehegatten zur Verfügung steht und somit unterhaltsrelevant ist. Bei der Ermittlung des Familieneinkommens werden daher berufsbedingte Aufwendungen, eheprägende Unterhaltsverpflichtungen wie z.B. der Kindesunterhalt und sonstige für die Bedarfsermittlung relevante Ausgaben berücksichtigt und vorab abgezogen. Familieneinkommen ist also die Summe des unterhaltsrelevanten Einkommens beider (geschiedener) Eheleute, die für den Ehegattenunterhalt zur Verfügung steht. Nicht abgezogen wird dabei jedoch der Erwerbstätigenbonus, wie der BGH klargestellt hat.

Auch mit der Definition, die der BGH wählt, sind nicht alle Fragen im Zusammenhang mit der Ermittlung des Familieneinkommens geklärt. Man kann davon ausgehen, dass jedenfalls Ausgaben für zusätzliche private Altersvorsorge in den von der Rechtsprechung erlaubten Grenzen ebenfalls vorweg abzuziehen sind. Denn insoweit handelt es sich nicht um Vermögensbildung, sondern um zulässige Altersvorsorge, die für den Konsum der Eheleute nicht zur Verfügung steht. Auch Tilgungsleistungen bis zur Höhe des Wohnwertes[2] (oder bis zur Höhe der Mieterträge) sind nicht mehr als Vermögensbildung zu Lasten des anderen Ehegatten anzusehen und damit in Abzug zu bringen.

Schwieriger ist die Frage zu beurteilen, was beispielsweise mit Gewinnen geschieht, die in den Jahren de...

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