Umgangsvereinbarungen können gerichtlich gebilligt werden, wenn sie dem Kindeswohl nicht widersprechen und ein Einvernehmen der Beteiligten gegeben ist.

Das führt zu der Frage, welche Verfahrensbeteiligten der Umgangsvereinbarung zustimmen müssen und welche Folgen es für die Vollstreckbarkeit hat, wenn eine gerichtliche Billigung erfolgt, obwohl nicht alle Beteiligten ihr Einvernehmen erklärt haben:

aa) Zustimmungspflichtige Beteiligte

Nach allgemeiner Ansicht müssen die folgenden Beteiligten der Umgangsregelung zustimmen:

die verfahrensbeteiligten Eltern des Kindes
in Antragsverfahren der Antragsteller (z.B. Großeltern)
das Jugendamt, aber nur, wenn es einen Antrag auf förmliche Beteiligung am Verfahren gestellt hat, § 162 Abs. 2 FamFG
der Verfahrensbeistand, § 158 Abs. 3 S. 2 FamFG, wobei streitig ist, ob das nur gilt, wenn er mit dem erweiterten Wirkungskreis nach § 158 Abs. 4 bestellt ist[5] oder allgemein.[6] In der Praxis wird diese Streitfrage aber selten relevant, da die Verfahrensbeistände in aller Regel im erweiterten Aufgabenumfang bestellt werden.
das minderjährige Kind ist in allen seine Person betreffende Verfahren Beteiligter, weil es von der Umgangsregelung betroffen ist, § 7 Abs. 2 Nr. 1 FamFG.[7] Ist das Kind mindestens 14 Jahre oder älter und macht es selbst sein Umgangsrecht geltend, ist es gem. § 9 Abs. 1 Nr. 3 FamFG selbst verfahrensfähig und muss selbst zustimmen. Im Übrigen wird es durch die Sorgeberechtigten vertreten. Weitergehend wird vertreten, dass das Kind ab 14 Jahren wegen seines Beschwerderechts immer selbst zustimmen muss.[8]
eine gem. § 161 FamFG als Beteiligte hinzugezogene Pflegeperson[9]

In der Praxis kommt es immer wieder vor, dass der Verfahrensbeistand wegen anderweitiger Termine den Gerichtstermin vorzeitig verlassen musste und im weiteren Verlauf der Anhörung sich die Eltern auf einen Umgang einigen, der dann protokolliert und gerichtlich gebilligt wird, wobei übersehen wird, dass die Zustimmung des Verfahrensbeistandes fehlte.

[5] So z.B. Bumiller/Harders/Schwamb/Bumiller, FamFG, § 156 Rn 10.
[6] So z.B Hammer, FamRZ 2011, 1268, 1269.
[8] Musielak/Borth, FamFG, § 156 Rn 9; NK-ZV/Giers, FamFG, Rn 120.
[9] Cirullies, Vollstreckung in Familiensachen, 2. Aufl., Rn 421.

bb) Folgen der fehlenden Zustimmung eines Beteiligten

Auch zu diesem Problem werden ganz unterschiedliche Auffassungen vertreten. Nach einer Ansicht ist der gerichtlich gebilligte Umgangsvergleich bei Fehlen einer Beteiligtenzustimmung unwirksam und trotz Billigung als Vollstreckungstitel untauglich.[10]

Nach anderer Ansicht ist der gerichtliche Billigungsbeschluss allenfalls innerhalb der Monatsfrist anfechtbar. Das würde die Vollstreckbarkeit nicht beeinträchtigen.[11] Letztere Ansicht ist vorzugswürdig. Vollstreckungsrecht braucht formelle Klarheit. Ist die Anfechtungsfrist abgelaufen, kann nicht mehr maßgeblich sein, ob die Voraussetzungen der Billigung gegeben waren oder nicht.

Die Streitfrage ist aber offen. Der Antragsgegner eines Ordnungsgeldverfahrens hat jedenfalls durchaus Aussichten, mit dem Argument, dass wegen Fehlens einer notwendigen Beteiligtenzustimmung kein Vollstreckungstitel vorliegt, durchzudringen.

[10] Krekeler, FuR 2017, 240, 241; OLG Brandenburg FamRZ 2017, 391.
[11] Prütting/Helms/Hammer, FamFG, § 156 Rn 72; siehe zur Anfechtbarkeit auch OLG Frankfurt, Beschl. v. 17.9.2018 – 4 UF 62/18; OLG Düsseldorf FamRZ 2018, 128; OLG München FF 2015, 30; OLG Hamm FamRZ 2015, 1988; a.A. OLG Nürnberg NJW 2011, 2816: keine Beschwerdemöglichkeit.

cc) Ordnungsgemäße Protokollierung

Gemäß § 36 Abs. 2 S. 2 FamFG i.V.m. §§ 160 Abs. 3 Nr. 1, Abs. 5, 162 Abs. 1 ZPO gelten die Vorschriften der ZPO über die Niederschrift des Vergleichs. Aus dem Protokoll müssen sich die Beteiligten und deren Anwesenheit ergeben. Es muss ein vollständiges Protokoll angefertigt werden. Ein Vermerk i.S.d. § 28 Abs. 4 FamFG genügt nicht. Den Beteiligten muss der Text des Vergleichs vorgelesen oder zur Durchsicht vorgelegt werden. Es genügt, wenn die Tonaufzeichnung vorgespielt und von den Beteiligten genehmigt wird. Das wiederum muss in der Niederschrift vermerkt werden ("vorgelesen und genehmigt"). Es genügt hingegen nicht, laut zu diktieren und zu genehmigen.[12] Die Anforderungen stehen nicht zur Disposition der Beteiligten und sind nicht verzichtbar.[13]

Ist der Umgangsvergleich den Beteiligten nicht zur Genehmigung vorgespielt bzw. vorgelesen worden, so besteht kein wirksamer Vollstreckungstitel. Die nachfolgende Androhung von Ordnungsmitteln durch das Gericht vermag die fehlende Genehmigung nicht zu ersetzen.

Der Vergleich ist prozessual unwirksam.[14]

Sind die Formalien erfüllt, aber im Protokoll nicht vermerkt, kann das Protokoll berichtigt werden, § 36 Abs. 4 FamFG i.V.m. § 164 ZPO.

[12] OLG Oldenburg FamRZ 2017, 1333.
[13] Prütting/Helms/Abramenko, FamFG, § 36 Rn 11.
[14] BGH FamRZ 2007, 1631; BGH FamRZ 1984, 372; OLG Oldenburg FamRZ 2017, 1333; OLG Hamm FGPrax 2011, 209; Prütting/Helms/Abramenko, FamFG, § 36 Rn 11; Krekeler, FuR 2017, 240, 241.

dd) Form der Billigung

Nach herrschender und richtiger Meinung erfolgt die Billigung durch Beschl...

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