Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat im Bereich des Zugangs zur medizinisch-assistierten Zeugung den Vertragsstaaten bisher zwar einen relativ weiten Ermessensspielraum eingeräumt,[14] jedoch zu erkennen gegeben, dass er das Recht auf Fortpflanzungsfreiheit unter den Schutz des Art. 8 EMRK, also den Schutz des Privat- und Familienlebens, stellt und Einschränkungen daher einer besonderen Legitimation bedürfen. So nimmt er in seinen Entscheidungen zu Art. 8 EMRK keine grundsätzliche Unterscheidung zwischen dem Schutz der Entscheidungsfreiheit zur Fortpflanzung mit oder ohne medizinische Assistenz vor.[15] Die Fälle, in denen er sich in letzter Zeit grundsätzlich zur Fortpflanzungsfreiheit geäußert hat, betrafen sogar ausschließlich Situationen, in denen nicht eine "natürliche" Zeugung, sondern der Zugang zu verschiedenen Arten der medizinischen Unterstützung eingeschränkt war.[16] Die österreichischen Beschränkungen der medizinisch-assistierten Zeugung, die wie das deutsche Recht keine Möglichkeit der Eispende und darüber hinaus – anders als das deutsche Recht – auch keine In-vitro-Fertilisation mit Spendersamen erlauben, hat der EuGHMR zwar für das Jahr 1999 noch als legitim erachtet. Er hat aber durchaus zu erkennen gegeben, dass der internationale Konsens sich in der Zwischenzeit gewandelt hat. Für eine heute zu beurteilende Situation würde das Urteil des EuGHMR daher möglicherweise anders ausfallen.
Für den deutschen Gesetzgeber sollte dies Anlass sein, die Bestimmungen des Embryonenschutzgesetzes und des § 1591 BGB (Mutter ist stets und unveränderlich die Gebärende) zu überdenken. Mit derartigen Reformen könnten die Anreize für den Reproduktionstourismus zumindest reduziert werden.
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