BGB §§ 1605 Abs. 1, 1353 Abs. 1 Satz 2, 1360, 1360a

Leitsatz

Aus der Verpflichtung der Ehegatten zur ehelichen Lebensgemeinschaft folgt ihr wechselseitiger Anspruch, sich über die für die Höhe des Familienunterhalts maßgeblichen finanziellen Verhältnisse zu informieren. Geschuldet wird die Erteilung von Auskunft in einer Weise, wie sie zur Feststellung des Unterhaltsanspruchs erforderlich ist. Die Vorlage von Belegen kann nicht verlangt werden.

BGH, Urt. v. 2.6.2010 – XII ZR 124/08 (OLG Jena, AG Arnstadt)

1 Tatbestand:

[1] Der Kläger nimmt den Beklagten im Wege der Stufenklage auf Erteilung von Auskunft und Zahlung höheren Kindesunterhalts in Abänderung einer Jugendamtsurkunde aus dem Jahr 1997 in Anspruch.

[2] Der volljährige Kläger, der bei seiner Mutter lebt und sich jedenfalls bis zum Ende des Schuljahres 2007/2008 in der allgemeinen Schulausbildung befand, ist der Sohn des Beklagten aus dessen geschiedener Ehe. Auf Grund der vorgenannten Jugendamtsurkunde schuldet der Beklagte ihm monatlichen Unterhalt in Höhe von 570 DM (291,44 EUR) abzüglich hälftigen Kindergeldes.

[3] Über das Vermögen des Beklagten wurde im August 2001 das Insolvenzverfahren eröffnet. In den Jahren 2004 bis Mitte 2006 ging er keiner Erwerbstätigkeit nach, sondern verrichtete Arbeiten an dem Haus seiner Ehefrau, von deren Einkünften er auch lebte. Im Sommer 2006 nahm der Beklagte eine selbstständige Tätigkeit als Hausmeister auf. Die hieraus erzielten Einkünfte liegen unterhalb des notwendigen Selbstbehalts. Den titulierten Unterhalt hat er teilweise nicht gezahlt. Gegen ihn wurde deshalb ein Strafverfahren wegen Verletzung der Unterhaltspflicht eingeleitet.

[4] Der Kläger hat von dem Beklagten u.a. Auskunft über das Einkommen seiner Ehefrau sowie dessen Nachweis durch geeignete Belege verlangt. Er hat die Auffassung vertreten, die Angaben zur Ermittlung des Anspruchs des Beklagten auf Familienunterhalt zu benötigen. Der Beklagte ist diesem Begehren entgegengetreten. Er hat geltend gemacht, dass gegenüber seiner Ehefrau, mit der er Gütertrennung vereinbart habe, kein Auskunftsanspruch bestehe.

[5] Das Amtsgericht hat den auf das Einkommen der Ehefrau bezogenen Auskunftsantrag abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht den Beklagten unter Zurückweisung des weiter gehenden Rechtsmittels verurteilt, dem Kläger Auskunft über die Einkommensverhältnisse seiner Ehefrau zu erteilen, und zwar hinsichtlich der Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit durch Mitteilung der steuerrechtlichen Gewinne/Verluste in den Jahren 2004 bis 2006, der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung durch Mitteilung der steuerrechtlichen Überschüsse/Verluste in den Jahren 2004 bis 2006, der Steuererstattungen aus den Jahren 2004 bis 2006, der Zinseinkünfte aus den Jahren 2004 bis 2006 und, soweit ausgeübt, der Einkünfte aus nicht selbstständiger Tätigkeit im Jahr 2006 durch Mitteilung des Jahresnettoeinkommens. Dagegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision des Beklagten, mit der er die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung erstrebt.

2 Entscheidungsgründe:

[6] Die Revision ist nicht begründet.

[7] 1. Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung in OLGR Jena 2008, 823 veröffentlicht ist, hat angenommen, dass dem Kläger gegenüber dem Beklagten ein Anspruch auf grobe Information über die Einkommensverhältnisse seiner Ehefrau zustehe (§ 1605 Abs. 1 Satz 1 BGB). Bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit des Beklagten sei der Unterhaltsanspruch gegen seine Ehefrau zu berücksichtigen. Da der Beklagte nach den bisherigen Auskünften über Einnahmen aus selbstständiger Tätigkeit verfüge, die weit unter seinem notwendigen Selbstbehalt lägen, könne erst ein etwaiger Anspruch auf Familienunterhalt seine Leistungsfähigkeit begründen. Insofern komme in Betracht, dass der Familienunterhalt bis zur Höhe des Taschengeldes, das mit fünf bis sieben Prozent des zur Verfügung stehenden Nettoeinkommens anzunehmen sei, für die Unterhaltsansprüche des Klägers herangezogen werde. Zur Feststellung des dem Beklagten zustehenden Anspruchs auf Familienunterhalt sei der Kläger aber auf die Mitteilung einkommensrelevanter Tatsachen der neuen Familie angewiesen. Dies gelte im vorliegenden Fall umso mehr, als der privilegiert volljährige Kläger die Darlegungs- und Beweislast für die Höhe seines Unterhaltsanspruchs sowie die Haftungsanteile seiner Eltern trage und diesen Anforderungen ohne Kenntnis der Einkommensverhältnisse nicht genügen könne. Allerdings stehe dem Kläger nur ein Anspruch auf grobe Information hinsichtlich der Einkommensverhältnisse der Ehefrau des Beklagten zu, da weiter gehende Auskünfte vom Beklagten rechtlich nicht zu beschaffen seien. Denn für den Familienunterhalt sehe das Gesetz derzeit keinen ausdrücklichen Auskunftsanspruch vor. Der Anspruch gegen den Beklagten auf Auskunftserteilung könne aber nicht weiter gehen als sein eigener Auskunftsanspruch, was insbesondere den Beleganspruch (§ 1605 Abs. 1 Satz 2 BGB) betreffe. Vergleichbar sei der Umfang der Informationspflicht b...

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