Fall:

Paula und Vera leben in eingetragener Lebenspartnerschaft nach dem LPartG. Paula hat aus ihrer Ehe mit Paul einen Sohn Max, der mit den beiden Frauen in einem Haushalt zusammenlebt. Da sich Paul nicht nennenswert um seinen Sohn kümmert und Vera schon seit längerer Zeit für Max die Rolle des anderen Elternteils wahrnimmt, erwägen die Lebenspartnerinnen, Max von Vera adoptieren zu lassen. Ferner hätten sie für Max gerne ein kleines Schwesterchen und fragen bei Rechtsanwalt R, einem Fachanwalt für Familienrecht, an, ob sie nicht auch gemeinsam ein (fremdes) Kind adoptieren oder ein Kind im Wege künstlicher Befruchtung bekommen können.

Zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des BGB im Jahr 1900 war die Zulassung der Adoption durch nichteheliche Lebensgefährten wie durch gleichgeschlechtliche Partner (noch) kein Thema. Man muss sich vielmehr vor Augen halten, dass zu diesem Zeitpunkt (und bis in die 90er Jahre hinein) homosexuelle Handlungen unter Männern noch unter Strafe gestellt waren (vgl. § 175 StGB a.F.), so dass auch die Verbindung zweier Homosexueller keinerlei rechtlichen Schutz oder Sonderbehandlung beanspruchen konnte.

Die Pönalisierung Homosexueller wie die Benachteiligung homosexueller Lebensgemeinschaften dauerte in Deutschland sehr lange Zeit an. Erst zum 1. August 2001 trat in Deutschland das "Gesetz zur Beendigung der Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Gemeinschaften: Lebenspartnerschaften (Lebenspartnerschaftsgesetz – LPartG)" in Kraft, womit die "eingetragene Lebenspartnerschaft" als neues familienrechtliches Institut für gleichgeschlechtliche Paare geschaffen wurde.

Dabei hat sich Deutschland nicht wie zahlreiche andere Länder dafür entschieden, die Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaften durch Öffnung des Rechtsinstituts der Ehe zu beseitigen. Die Rechte der gleichgeschlechtlichen Partner, die bereit waren, auch in rechtlichem Sinne eine der Ehe vergleichbare Gemeinschaft zu gründen, wurden vielmehr in einem eigenständigen Gesetz, dem LPartG, geregelt. Der Gesetzgeber bemühte sich in diesem Zusammenhang, das ggf. aus verfassungsrechtlicher Sicht geforderte "Abstandsgebot" zur Ehe zu wahren und vermied aus diesem Grund eine pauschale Verweisung oder inhaltliche Übernahme der für Ehegatten geltenden Regelungen.

Zur Adoption enthielt das LPartG – mit dem die Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaften abgebaut werden sollte, das letztlich aber nur der erste Teilschritt in diese Richtung war – überhaupt keine Regelung. Das LPartG betraf nur die Rechtsbeziehungen zwischen den Partnern. Die Rechtsbeziehungen in der "Familie", in die die eingetragene Lebenspartnerschaft möglicherweise eingebettet war, blieben ungeregelt, obwohl bekannt war, dass in vielen eingetragenen Lebenspartnerschaften auch Kinderwunsch besteht bzw. tatsächlich in vielen Haushalten von eingetragenen Lebenspartnerschaften auch minderjährige Kinder vorhanden sind und dort aufwachsen (nach Schätzungen sind dies rund 7 bis 15 % der Lebenspartnerschaften). Man spricht insoweit im Unterschied zur Patchwork- bzw. Stieffamilie, die verschiedengeschlechtliche Eltern betrifft, von sog. Regenbogenfamilien.

Das Gesetz zur Beendigung der Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Gemeinschaften war – wie allgemein bekannt ist – verfassungsrechtlich sehr umstritten. Das BVerfG hat jedoch in seinem Urteil vom 17.7.2002[11] die Gleichstellung von Ehe und Lebenspartnerschaft für mit dem Grundgesetz vereinbar erklärt. Das BVerfG hat ausdrücklich festgestellt:

Zitat

"Der besondere Schutz der Ehe in Art. 6 Abs. 1 GG hindert den Gesetzgeber nicht, für die gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaft Rechte und Pflichten vorzusehen, die denen der Ehe gleich oder nahe kommen."

Das BVerfG hat ferner darauf hingewiesen, dass dem Institut der Ehe keine Einbußen drohen durch ein Institut, das sich an Personen wendet, die miteinander keine Ehe eingehen können.[12] Insoweit ist die Situation also anders als bei nichtehelichen Lebensgemeinschaften Heterosexueller.

Nach der "Absegnung" des Lebenspartnerschaftsgesetzes durch das BVerfG wurden durch das "Gesetz zur Überarbeitung des Lebenspartnerschaftsrechts (LPartÜbG)" vom 15.12.2004 (BGBl I, S. 3396) die Rechte und Pflichte in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft denen in einer Ehe weiter angeglichen. Es erfolgte in diesem Zusammenhang eine weitgehende Gleichstellung der eingetragenen Lebenspartnerschaft mit der Ehe (durch weitgehende Übernahme des ehelichen Güter- und Unterhaltsrechts, die Einführung des Versorgungsausgleichs sowie die Einbeziehung der Lebenspartner in die Hinterbliebenenversorgung).

Mit dem LPartÜbG wurde auch die Adoption erstmals für eingetragene Lebenspartner zugelassen. Es erfolgte jedoch im Hinblick auf die Adoptionsmöglichkeiten keine absolute Gleichstellung mit Ehegatten. Geregelt wurde vielmehr nur, dass die Adoption durch einen eingetragenen Lebenspartner (allein) der Zustimmung seines eingetragenen Lebenspartners bedarf (§ 9 Abs. 6 LPartG i.V.m. § 1749 ...

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