Dass die in Deutschland gelebten Familienformen vielfältiger werden, ist allgemein bekannt (sog. familialer Wandel). Neben den "Normalitätsentwurf" der Kernfamilie verheirateter Eltern mit genetisch eigenen Kindern sind viele alternative Familienformen getreten. Wir verzeichnen heute eine steigende Zahl von gleichgeschlechtlichen Familien, von Stief- und Reproduktionsfamilien, von Familien nicht miteinander verheirateter Eltern und von Ein-Eltern-Familien. Die Ursachen für diesen Wandel sind vielgestaltig. Sie finden sich in dem Wandel der Familie von der Erwerbs- zur Intimgemeinschaft, in einer stärkeren Orientierung der Familiengründung, der Familienformenwahl und der Familienauflösung an den individuellen Bedürfnissen der einzelnen Familienmitglieder und im reproduktionsmedizinischen Fortschritt.
Die Folge dieser Entwicklungen ist, dass Kinder heute immer häufiger in alternative Familienformen hineingeboren werden. Blickt man auf die Zahlen des Statistischen Bundesamts für Familien mit minderjährigen Kindern in Deutschland, so lässt sich dieser Wandel ganz anschaulich ablesen: Machte die Kernfamilie verheirateter Eltern 1996 noch 81 % der Familien mit minderjährigen Kindern in Deutschland aus, sind es 2023 nur noch 68 %. Der Anteil der Kernfamilien nicht verheirateter Eltern ist hingegen von 5 % (1996) auf 12 % (2023) erheblich angestiegen. Auch der Anteil an Alleinerziehenden ist deutlich größer geworden. 1996 machten Alleinerziehende noch 14 % der Familien mit minderjährigen Kindern in Deutschland aus, 2023 waren es 20 %. Erhebliche Anstiege lassen sich ferner bei der Zahl der gleichgeschlechtlichen Familien mit minderjährigen Kindern verzeichnen. Zwar liegt die Zahl im Gesamtvergleich der Familien mit minderjährigen Kindern immer noch unter 1 %, betrachtet man aber die absoluten Zahlen, so wird die Veränderung deutlich. 1996 verzeichnete der Mikrozensus noch 3.000 gleichgeschlechtliche Familien mit minderjährigen Kindern, 2023 sind es 36.000 Familien. Diese Zahl dürfte ferner deutlich zu niedrig bemessen sein, denn die Angabe der sexuellen Orientierung ist in der Befragung freiwillig. Queere Familienformen, wo sich gleichgeschlechtliche Partner mit mindestens einer weiteren Person zusammentun, um ein Kind groß zu ziehen, werden heute – wenn auch sehr selten – bereits in Deutschland gelebt.