Gründe: A. [1] Die Beteiligten schlossen am 27.5.1999 vor dem islamrechtlichen Gericht in Homs/Syrien die Ehe. Im Zusammenhang mit der Eheschließung verpflichtete sich der Ehemann (Beteiligter zu 1) in einem Ehevertrag gegenüber der Ehefrau (Beteiligte zu 2) zur Leistung einer Morgengabe, die in Höhe von 100.000 syrischen Pfund vorauszuzahlen und in Höhe von weiteren 500.000 syrischen Pfund gestundet war.

[2] Der 1943 geborene Ehemann war seit seiner Geburt syrischer Staatsangehöriger. Er erlangte im Jahr 1977 durch Einbürgerung zusätzlich die deutsche Staatsangehörigkeit. Auch die 1960 geborene Ehefrau war ursprünglich allein syrische Staatsangehörige; sie erwarb die deutsche Staatsangehörigkeit durch die Eheschließung.

[3] Die Beteiligten lebten bis zum Jahr 2003 gemeinsam in Deutschland und verzogen dann nach Syrien. Aufgrund des syrischen Bürgerkriegs kamen die Eheleute im Sommer 2011 erneut nach Deutschland. Spätestens im Februar 2012 verließen sie Deutschland wieder, hielten sich abwechselnd in Kuwait und Libanon auf und reisten zumindest zeitweise auch wieder nach Syrien. Die Beteiligten trennten sich im August 2012 während eines Aufenthalts in Libanon. Seit mehreren Jahren leben beide Beteiligte mit unterschiedlichen Wohnsitzen wieder in Deutschland.

[4] Am 19.5.2013 erklärte der Ehemann die Scheidung von der Ehefrau, indem sein Bevollmächtigter vor dem Scharia-Gericht in Latakia/Syrien die Scheidungsformel aussprach. Das geistliche Gericht stellte am 20.5.2013 die Scheidung der Beteiligten fest. Am 12.9.2013 unterzeichnete die Ehefrau eine von dem Bevollmächtigen des Ehemanns abgefasste Erklärung, in der sie bestätigte, durch den Empfang von insgesamt 20.000 US-Dollar wegen aller auf religiösen Vorschriften beruhenden Ansprüche abgefunden worden zu sein, die ihr gegen den Ehemann aufgrund des Ehevertrags von 1999 und aufgrund seines einseitigen Scheidungsverlangens zugestanden hätten.

[5] Der Ehemann hat am 30.10.2013 die Anerkennung der in Syrien erfolgten Ehescheidung beantragt. Der Präsident des Oberlandesgerichts (im Folgenden: OLG-Präsident) hat diesem Antrag stattgegeben und festgestellt, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für die Anerkennung der Ehescheidung vorlägen. Dagegen hat sich die Ehefrau mit dem Antrag auf gerichtliche Entscheidung gewendet und um Aufhebung der Verwaltungsentscheidung gebeten. Der OLG-Präsident hat eine Abhilfe abgelehnt. Er hat die Ansicht vertreten, dass sich die Anerkennung einer Ehescheidung auch dann nach der Verordnung Nr. 1259/2010 des Rates vom 20.12.2010 zur Durchführung einer verstärkten Zusammenarbeit im Bereich des auf die Ehescheidung und Trennung ohne Auflösung des Ehebandes anzuwendenden Rechts (im Folgenden: Rom III-Verordnung) richte, wenn die Auflösung der Ehe als Privatscheidung ohne konstitutive Mitwirkung eines Gerichts oder einer Behörde ausgesprochen worden sei. Mangels wirksamer Rechtswahl und mangels gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalts der Ehegatten im Jahr vor der Scheidung sei das anzuwendende Recht nach Art. 8 lit. c. Rom III-VO zu bestimmen. Wenn beide Ehegatten die gemeinsame doppelte Staatsangehörigkeit besäßen, komme es gemäß Art. 5 Abs. 1 S. 1 EGBGB auf die effektive Staatsangehörigkeit an. Diese sei zum Zeitpunkt der Scheidung im Mai 2013 die syrische Staatsangehörigkeit gewesen. Der Heimatrechtsvorrang (Art. 5 Abs. 1 S. 2 EGBGB) zugunsten der deutschen Staatsangehörigkeit der Beteiligten sei nicht zu berücksichtigen. Auch Art. 10 Rom III-VO oder Art. 12 Rom III-VO stünden der Anerkennung der Scheidung nicht entgegen, weil die Ehefrau die Form der von dem Ehemann in Syrien initiierten Scheidung jedenfalls dadurch akzeptiert habe, dass sie von ihm 20.000 US-Dollar zur Abgeltung von Scheidungsfolgen angenommen habe.

[6] Im gerichtlichen Verfahren hat das Oberlandesgericht dem Europäischen Gerichtshof in zwei Vorabentscheidungsgesuchen unter anderem die Frage vorgelegt, ob der Anwendungsbereich der Rom III-Verordnung auch für die Fälle der sogenannten Privatscheidung – wie hier durch die einseitige Erklärung des Mannes vor einem geistlichen Scharia-Gericht – eröffnet sei (vgl. OLG München FamRZ 2015, 1613 ff. und FamRZ 2016, 1363 ff.). Der Europäische Gerichtshof, der sich in seiner ersten Vorabentscheidung für offensichtlich unzuständig erklärt hatte (vgl. EuGH Beschl. v. 12.5.2016 – Rs. C-281/15, FamRZ 2016, 1137 Rn 16 ff. – Sahyouni I), hat diese Frage in seiner zweiten Vorabentscheidung verneint (vgl. EuGH, Urt. vom 20.12.2017 – Rs. C-372/16, FamRZ 2018, 169 Rn 25 ff. – Sahyouni II).

[7] Mit dem hier angefochtenen Beschluss hat das Oberlandesgericht die Verwaltungsentscheidung des OLG-Präsidenten aufgehoben und den Antrag des Ehemanns auf Anerkennung der Scheidung des geistlichen Scharia-Gerichts in Latakia vom 20.5.2013 zurückgewiesen. Dagegen wendet sich der Ehemann mit seiner zugelassenen Rechtsbeschwerde. Er verteidigt die seinem Anerkennungsantrag stattgebende Verwaltungsentscheidung und erstrebt die Zurückweisung der im gericht...

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