BGB § 1605 § 1606 Abs. 3 § 1610

Leitsatz

1. Ein Auskunftsanspruch des Kindes gegen den barunterhaltspflichtigen Elternteil entfällt nicht allein aufgrund der Erklärung des Unterhaltspflichtigen, er sei "unbegrenzt leistungsfähig" (im Anschluss an Senatsbeschl. v. 15.11.2017 – XII ZB 503/16, BGHZ 217, 24 = FamRZ 2018, 260).

2. Eine begrenzte Fortschreibung der in der Düsseldorfer Tabelle enthaltenen Bedarfsbeträge bis zur Höhe des Doppelten des höchsten darin (zurzeit) ausgewiesenen Einkommensbetrags ist nicht ausgeschlossen (Fortführung der Senatsbeschl. v. 15.11.2017 – XII ZB 503/16; BGHZ 217, 24 = FamRZ 2018, 260 und v. 25.9.2019 – XII ZB 25/19, BGHZ 223, 203 = FamRZ 2020, 21; teilweise Aufgabe der Senatsurt. v. 13.10.1999 – XII ZR 16/98, FamRZ 2000, 358 und v. 11.4.2001 – XII ZR 152/99, FamRZ 2001, 1603).

3. Übersteigt das Einkommen des Unterhaltspflichtigen diesen Betrag, bleibt eine Einkommensauskunft bei Geltendmachung eines neben dem Tabellenbedarf bestehenden Mehrbedarfs erforderlich, um die jeweilige Haftungsquote der Eltern bestimmen zu können.

BGH, Beschl. v. 16.9.2020 – XII ZB 499/19 (OLG München, AG München)

Aus den Gründen

Gründe:I. [1] Die Antragstellerin ist die im Juni 2011 geborene Tochter des Antragsgegners. Sie begehrt vom Antragsgegner im Wege des Stufenantrags Auskunft zu seinem Einkommen und Zahlung von Kindesunterhalt.

[2] Die 2010 geschlossene Ehe des Antragsgegners mit der Kindesmutter wurde im Februar 2014 rechtskräftig geschieden. Die Eltern sind gemeinsam sorgeberechtigt. Der Antragsgegner ist Geschäftsführer eines Verlags und weiterer Gesellschaften. Die Antragstellerin ist Schülerin und lebt in der Obhut der Kindesmutter.

[3] Eine im Juni 2013 geschlossene Trennungs- und Scheidungsfolgenvereinbarung enthielt unter anderem eine bis zum 30.6.2019 befristete Regelung zum – mit dem Ehegattenunterhalt zusammengefassten – Kindesunterhalt. Für die Zeit ab Juli 2019 verpflichtete sich der Antragsgegner durch notarielle Urkunde zur Zahlung von 160 % des Mindestunterhalts der jeweils gültigen Düsseldorfer Tabelle entsprechend der jeweiligen Altersstufe und abzüglich des hälftigen Kindergelds.

[4] Der Antragsgegner hat sich hinsichtlich des Kindesunterhalts für "unbegrenzt leistungsfähig" erklärt. Die Beteiligten streiten darüber, ob er dennoch zur Auskunft über sein Einkommen verpflichtet ist.

[5] Das Amtsgericht hat den Antragsgegner durch Teilbeschluss antragsgemäß zur Auskunft über seine in den Jahren 2016 bis 2018 erzielten Einkünfte verpflichtet. Das Oberlandesgericht hat die Beschwerde des Antragsgegners zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich dessen zugelassene Rechtsbeschwerde.

II. [6] Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.

[7] 1. Das Oberlandesgericht hat seine Entscheidung damit begründet, dass die gesetzliche Auskunftsverpflichtung nur entfalle, wenn die begehrte Auskunft für den Unterhaltsanspruch oder die Unterhaltsverpflichtung keinerlei Bedeutung habe. Dies könne der Fall sein, wenn die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen feststehe und der Unterhalt sich nach festen Bedarfssätzen richte. Zwar sei der Unterhalt nach der Düsseldorfer Tabelle oberhalb der höchsten Einkommensgruppe nicht schematisch fortzuschreiben. Die Düsseldorfer Tabelle begrenze den Kindesunterhalt aber nicht nach oben. Vielmehr sehe diese bei Überschreiten der höchsten Einkommensgruppe eine Prüfung nach den Umständen des Einzelfalls vor, wobei auch von Bedeutung sei, welcher Unterhaltsbedarf des Kindes angesichts der konkreten Einkommensverhältnisse des Unterhaltspflichtigen noch als angemessen anzusehen sei.

[8] Das Kind nehme seinem Alter entsprechend auch an einer besonders günstigen wirtschaftlichen Situation seiner Eltern teil. Einen Anspruch auf bloße Teilhabe am Luxus habe es dagegen nicht. Die diesbezügliche Abgrenzung könne bei einem den Höchstsatz der Düsseldorfer Tabelle übersteigenden Einkommen nicht generell bestimmt werden, sondern hänge gerade von den konkreten Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Barunterhaltspflichtigen ab. Es mache einen erheblichen Unterschied, ob der barunterhaltspflichtige Elternteil z.B. ein monatliches Nettoeinkommen von 6.000 EUR oder von 30.000 EUR habe. Der Umstand, dass die Eltern sich schon kurz nach der Geburt des Kindes getrennt hätten, könne nicht von vornherein für eine Begrenzung des Kindesunterhalts herangezogen werden, da das Kind seine Lebensstellung auch von einem Elternteil ableite, mit dem es nie zusammengelebt habe. Die genaue Höhe des Einkommens könne Aufschluss darüber geben, welche Aufwendungen für Freizeitaktivitäten des Kindes noch angemessener Bedarf oder welche bereits als Luxus zu betrachten seien. Darüber hinaus komme Mehrbedarf in Betracht, an dem sich grundsätzlich auch der betreuende Elternteil zu beteiligen habe. Die Ermittlung der Beteiligungsquote setze dann die Kenntnis vom Einkommen beider Elternteile voraus.

[9] 2. Das hält rechtlicher Nachprüfung stand.

[10] Nach § 1605 Abs. 1 S. 1 BGB sind Verwandte in gerader Linie einander verpflichtet, auf Verlangen ...

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