Der eingangs erwähnten Familiengerichtsstatistik ist bedauerlicherweise nicht zu entnehmen, wie hoch der Prozentsatz der einstweiligen Anordnungen im Umgangsrecht im Vergleich zu Hauptsacheverfahren im Umgangsrecht ist. Erfahrungsgemäß kann nur darauf hingewiesen werden, dass die Ausgestaltung der Umgangsregelung auch in den einstweiligen Anordnungen oft nachgesucht wird. Da ein im einstweiligen Anordnungsverfahren getroffener Umgangsregelungsbeschluss im Hinblick auf die Vorschrift des § 57 Satz 1 FamFG unanfechtbar ist, sollten den Beteiligten seitens des Gerichts die Grenzen einer Übernachtungs- und Ferienregelung eingehend aufgezeigt werden, damit die Einleitung eines Hauptsacheverfahrens vermieden wird. Eine einvernehmlich getroffene Umgangsregelung, die zudem vom Familiengericht genehmigt wird, ist für alle Beteiligten die beste Lösung.

Das BVerfG[57] hat darauf hingewiesen, dass ein Umgangsbeschluss ohne Übernachtungs- oder Ferienregelung die Grundrechte der am Verfahren Beteiligten verletzen kann.

Unter Bezugnahme auf diesen Beschluss konkretisiert das OLG Saarbrücken,[58] dass der "Ausschluss von Übernachtungen besonderer Rechtfertigung bedarf, weil Übernachtungen des Kindes beim umgangsberechtigten Elternteil in der Regel dem Kindeswohl entsprechen".

Andererseits stellt das OLG Brandenburg nicht zu Unrecht fest, dass eine Umgangsregelung mit Übernachtungen des achtjährigen Kindes beim Umgangsberechtigten in der Regel dem Kindeswohl entspricht. Äußert das Kind aber immer wieder, dass es zwar Umgang mit der Mutter haben will, dort aber nicht übernachten will, so hat das Gericht dies zu berücksichtigen.[59]

Auch das OLG Hamm[60] dosiert mit entsprechenden Begründungen die Ausgestaltung der Übernachtung bei einem Ferienumgang oder bei einem zusätzlichen Umgang über die Wochenendumgänge hinaus. Danach kann neben einem Wochenendumgang mit Übernachtung alle vierzehn Tage eine zusätzliche Übernachtung des Kindes beim umgangsberechtigten Elternteil dem Kindeswohl widersprechen, wenn eine einzelne Übernachtung in der Woche mit erheblichem tatsächlichem wie emotionalem Aufwand der Kinder verbunden ist. Ferner kann eine zusätzliche Übernachtung auch dann dem Kindeswohl widersprechen, wenn die Zeitspanne des Umgangs das Begreifen eines Lebensmittelpunkts beim betreuenden Elternteil erschweren würde. Allerdings kann sich dann ein zusätzlicher wöchentlicher Nachmittagsumgang anbieten.

Autor: Dr. phil. Rainer Balloff , Institut Gericht & Familie Service GbR, Dr. jur. Harald Vogel , weiterer aufsichtführender Richter am AG a.D.

FF 1/2019, S. 4 - 10

[57] FamRZ 2007, 1078 mit Anm. Völker; FamRB 2007, 234.
[58] FamRZ 2013, 712 (LS).
[59] OLG Brandenburg, Beschl. v. 7.8.2015 – 9 UF 8/15 = BeckRS 2015, 15837; Ernst, NZFam 2015, 641–646, stellt fest, dass ein häufig vorkommender Gesichtspunkt in Umgangsverfahren auf (behaupteter oder tatsächlicher) Unwilligkeit eines Beteiligten beruht, den Umgang durchzuführen oder zuzulassen. Unwillig können in diesen Fällen die Eltern oder das Kind sein.
[60] OLG Hamm, Beschl. v. 22.1.2014 – 8 UF 82/13 = NZFam 2014, 912–914.

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