Trotz einer mittlerweile erreichten weitgehenden Angleichung (z.B. bei Anspruchsdauer und Rangstellung) des Anspruchs der Mutter[1] eines nichtehelichen Kindes auf Betreuungsunterhalt aus § 1615l Abs. 2 S. 2 BGB an den Betreuungsunterhaltsanspruch der ein eheliches Kind betreuenden geschiedenen Mutter aus § 1570 BGB unterscheiden sich die beiden Ansprüche nach wie vor nicht unerheblich (z.B. bei der Frage der Verwirkung und der Möglichkeit eines Unterhaltsverzichts).[2] Einen fundamentalen Unterschied gibt es bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs der Mutter, die im Mittelpunkt der sorgfältig begründeten Entscheidung des Kammergerichts steht, in der es um den Bedarf der ein nichteheliches Kind betreuenden Mutter geht. Ist – so der Standpunkt des unstreitig unterhaltspflichtigen Vaters – bei der über ein abgeschlossenes Psychologiestudium verfügenden 41-jährigen Mutter, die nach Ausübung verschiedener Teilzeittätigkeiten neben ihrer erfolgreich absolvierten Weiterbildung zur Psychologischen Psychotherapeutin und Erhalt der Approbation eine in diesem Beruf acht Monate vor der Geburt des Kindes aufgenommene Erwerbstätigkeit zunächst krankheits- und dann schwangerschaftsbedingt bis zur Geburt des Kindes tatsächlich nur etwa eine Woche lang ausüben konnte, lediglich von einem Bedarf in Höhe 880 EUR auszugehen? Muss – wie das Familiengericht erstinstanzlich entschieden hat – für die Bedarfsbestimmung auf das von der Mutter in dem der Aufnahme der Beschäftigung als Psychologische Psychotherapeutin vorausgehenden Jahr erzielte Einkommen abgestellt werden (vom Familiengericht mit rund 1.108 EUR angenommen)? Oder ist – mit der Mutter – das Einkommen als maßgebend zu erachten, das sich aus dem ihrer Anstellung als Psychologische Psychotherapeutin zugrunde liegenden Arbeitsvertrag ergibt (hier netto 2.600 EUR)?

Zu Recht entscheidet das Kammergericht sich auf Basis der geltenden gesetzlichen Bestimmungen und der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze für die letztgenannte Alternative.

Während der Bedarf der geschiedenen Mutter sich gemäß § 1578 Abs. 1 S. 1 BGB nach den ehelichen Lebensverhältnissen bestimmt, ist im Rahmen des § 1615l BGB aufgrund der in Abs. 3 S. 1 dieser Vorschrift enthaltenen Verweisung auf die Vorschriften über den Verwandtenunterhalt und somit auch auf § 1610 Abs. 1 BGB die Lebensstellung der Mutter maßgebend, kommt es für die Bestimmung ihres Bedarfs also grundsätzlich nicht auf die wirtschaftliche Situation des Vaters an. An diese soll nach der bisherigen Rechtsprechung des BGH selbst dann nicht angeknüpft werden können, wenn die Eltern längere Zeit in eheähnlicher Gemeinschaft zusammengelebt und dabei aufgrund der von ihnen gewählten Rollenverteilung ausschließlich vom Einkommen des Vaters gewirtschaftet haben, während die Mutter sich der Haushaltsführung und ggf. Kindererziehung gewidmet hat. Denn – so die Begründung des BGH – die Lebensstellung der nach § 1615l BGB unterhaltsberechtigten Mutter richte sich nicht allein nach den tatsächlichen Umständen, sondern setze eine "nachhaltig gesicherte Rechtsposition" voraus, an der es beim Zusammenleben in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft deshalb fehle, weil die Teilhabe der Mutter am Lebensstandard des Vaters aufgrund der nicht eingegangenen ehelichen Bindungen auf Freiwilligkeit beruhe und jederzeit beendet werden könne.[3]

Vor diesem Hintergrund musste sich das Kammergericht bei der Bestimmung des Bedarfs der Mutter – unabhängig davon, ob und wie die Eltern bis zu ihrer Trennung zusammengelebt und gewirtschaftet haben (worüber dem mitgeteilten Sachverhalt nichts zu entnehmen ist) – erst einmal nicht mit dem Einkommen des Vaters befassen. Vielmehr galt es zunächst, die Lebensstellung der Mutter zu ermitteln.

War – wie hier – die Mutter vor der Geburt des Kindes erwerbstätig, ist ihre Lebensstellung durch das von ihr erzielte Einkommen (Nettoeinkommen abzüglich berufsbedingter Aufwendungen[4]) geprägt. Dies setzt nach der Rechtsprechung des BGH allerdings voraus, dass es sich um "nachhaltig" erzieltes Einkommen handelt.[5] Eine gesetzliche Definition dafür, was unter nachhaltig in diesem Sinne zu verstehen ist, existiert nicht. In § 1610 BGB findet sich der Begriff ebenso wenig wie das bereits erwähnte Postulat einer "nachhaltig gesicherten Rechtsposition". Während letztgenannte Forderung vor dem Hintergrund höchst fragwürdig erscheint, dass die Lebensstellung eines Menschen weniger durch die rechtlichen als vielmehr durch die tatsächlichen ökonomischen Verhältnisse geprägt wird, in denen er lebt,[6] kann dem Erfordernis einer Nachhaltigkeit der Einkommenserzielung als normatives Kriterium eine Berechtigung indes nicht abgesprochen werden. Denn eine Lebensstellung kann nur durch Umstände geprägt sein, die nicht bloß flüchtig sind, sondern eine gewisse Stabilität aufweisen. Wann dies der Fall ist, hängt – wie die Entscheidung des Kammergerichts deutlich macht – von der Beurteilung im Einzelfall ab.

Im vorliegenden Fall stand ein Bedarf der M...

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