Interview mit Dr. Frank Bräutigam, Leiter der ARD-Rechtsredaktion, Karlsruhe

Dr. Frank Bräutigam

FF/Schnitzler: Sie sind Leiter der ARD-Rechtsredaktion im Südwestrundfunk und machen die bekannte Sendung "ARD-Ratgeber Recht". Die Redaktion der Zeitschrift Forum Familienrecht stellt ein Informationsangebot im Wesentlichen für die Anwaltschaft und interessierte Wissenschaftler und Richter dar. Insofern haben wir durchaus Berührungspunkte, was die Informationen der Öffentlichkeit zu familienrechtlichen Fragen im weitesten Sinne betrifft.

Im Sommer haben Sie u.a. auch familienrechtliche Themen aufgegriffen, nämlich den Versorgungsausgleich und die Frage "“Kuckuckskinder‘ – wer bezahlt den Spaß?". Meines Erachtens sind derartige Kurzberichte an sich zu wenig, weil sie lediglich das Thema anreißen, ohne ausführlicher die Fragen zu erörtern.

Dr. Bräutigam: Das sehe ich anders. Natürlich haben wir nicht so viel Platz wie in einer Tages- oder gar Fachzeitschrift. Aber auch im Fernsehen muss das Thema "Recht" ja vorkommen. Gerade im ARD-Ratgeber Recht nehmen wir uns für einzelne Beiträge bis zu sieben Minuten, was im Vergleich zu einem Tagesschau-Beitrag schon lang ist. Hinzu kommen ergänzende Informationen im Internet. Wir versuchen auch seit einigen Sendungen, quasi monothematisch bei einem Rechtsgebiet zu bleiben, also Familienrecht, Erbrecht oder Medizinrecht. Die wichtigsten Informationen haben wir auch in den von Ihnen genannten Beispielen mit passenden Fällen rübergebracht.

FF/Schnitzler: Im Sommer letzten Jahres gab es Irritationen bei der Justiz durch eine Sendung im Hauptprogramm der Tagesschau. Soweit ich mich erinnern kann, war Ihre Mitarbeiterin Frau Deppe diejenige, die die Fragen gestellt hat, insbesondere der Pressesprecherin des DFGT, Frau Dr. Götz. Hintergrund war eine Entscheidung des BGH zum Betreuungsunterhalt einer geschiedenen Ehefrau. Der Bericht fiel relativ kritisch aus. In der Berichterstattung kam überhaupt nicht heraus, dass es sich um einen durchschnittlichen Fall gehandelt und die gebeutelte betreuende Mutter sich auch nicht so intensiv um das Verfahren gekümmert hat. Sie war nämlich im Termin vor dem BGH gar nicht dabei. Insofern erging ein Versäumnisurteil. Der BGH (12. ZS) hat, ohne es an sich zu müssen, das Urteil ausführlich begründet.

Dr. Bräutigam: Sie meinen sicher einen Beitrag vom 2.8.2011 zu BGH XII ZR 94/09. Dass wir kritisch berichten, ist unsere Aufgabe. Wenn wir über Entscheidungen des Bundesgerichtshofs berichten, schauen wir vor allem auf die Argumentation der Richter, denn die ist ja entscheidend für unser Publikum. Auch in einem Versäumnisurteil können wichtige Rechtsfragen geklärt werden. Sie sagen ja selbst, der BGH habe das Urteil ausführlich begründet, dann wird ihm der Fall wohl wichtig gewesen sein. Auch der Familiengerichtstag hat im September 2011 nach meiner Kenntnis intensiv darüber diskutiert.

FF/Schnitzler: Im gleichen Zusammenhang hat der BGH auch noch gesagt bekommen, die Richter(innen) hätten ja sowieso keine Ahnung von Kinderbetreuung und Schwierigkeiten der Mütter, Kinder und Beruf unter einen Hut zu bringen, weil sie ja selbst keine Kinder betreuen würden. Dies war ein Kommentar in der Süddeutschen Zeitung und ist dann von Frau Dr. Hahne beim letzten Familiengerichtstag in Brühl aufgegriffen worden. Wie stehen Sie zu derartigen Angriffen auf den persönlichen Bereich der mit der Sache befassten Richter?

Dr. Bräutigam: Das kam jedenfalls nicht aus meiner Redaktion. Und ich persönlich halte auch nicht viel davon, Entscheidungen mit dem persönlichen Hintergrund von Richterinnen und Richtern zu verknüpfen.

FF/Schnitzler: Früher gab es Ehen vor Gericht im ZDF und bei der ARD gab es ähnliche Sendungen (Fernsehgericht). Inzwischen sind jedoch auch die populären Gerichtssendungen weitgehend eingestellt worden. Insbesondere bei den Privaten (RTL, SAT 1) sind das Strafgericht mit Ulrich Wetzel, das Jugendgericht mit der Kölner Jugendrichterin Dr. Ruth Herz und vor allem die Sendung mit Frau Salesch aus dem Programm verschwunden. Lediglich Richter Hold ist noch am urteilen. Wie sehen Sie die Entwicklung von Rechtssendungen populärer Art in der ARD?

Dr. Bräutigam: In der Tat ist der ARD-Ratgeber Recht zurzeit die einzige Rechtssendung im Ersten. Wir sind seit einem Jahr dabei, sie aufwendig zu modernisieren, mit neuem (virtuellen) Studio, moderner Bildsprache und vielen Grafikelementen. Außerdem kommt das Recht in den Nachrichtensendungen der ARD (Tagesschau etc.) so oft vor wie nirgendwo anders. Bei den "populären" Rechtssendungen habe ich "Wie würden Sie entscheiden?" vom ZDF in sehr guter Erinnerung. Ich habe mein Amt noch nicht so lange inne, sehe meine Aufgabe aber durchaus darin, dem Recht eine populäre Plattform im Alltag der Menschen zu geben. Insofern muss der aktuelle Zustand im Ersten nicht auf alle Ewigkeit so bleiben. Wir sind jedenfalls ein kreatives Team in Karlsruhe.

FF/Schnitzler: Ich habe früher mal gesagt: Die Poleposition der öffentlich-rechtlichen Fernse...

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