1. Das neue Recht schafft durch typisierte und wenig formalisierte Regelungen einen Freiraum für Mediation als (vgl. § 253 Abs. 3 Nr. 1 ZPO n.F.) ein Verfahren der außergerichtlichen Konfliktbeilegung. Da vor Gericht geltend gemachte Ansprüche die wirklichen Interessen der Parteien häufig nicht erfassen, kann ein interessebezogenes außergerichtliches Verhandeln vorzugswürdig sein. Diese Betonung von Parteienautonomie und Interessenbeobachtung ist ein rechtsstaatlicher Gewinn.
  2. Das typisierte Verfahren der (außergerichtlichen) Mediation mag den Zugang zur Mediation erleichtern. Bedauerlich ist, dass das Ziel des Gesetzes, außergerichtliche Mediation zu stärken, nicht durch eine Steigerung der Attraktivität des außergerichtlichen Mediationsverfahrens umgesetzt worden ist. Insoweit ist das Absehen von einer Mediationskostenhilfe zu beklagen.
  3. Rechtsanwälte müssen ihre Mandanten über die Möglichkeiten außergerichtlicher Streitbeilegung beraten. Sie schulden insoweit auch einen Rat über den besten Weg. Das setzt voraus, dass nicht nur in Ansprüchen gedacht wird. Die hinter den Ansprüchen oft verborgenen Interessen der Mandanten sind zu erkunden.
  4. Soweit das Gesetz einen Druck auf Parteien und Anwälte ausübt, vor streitiger Auseinandersetzung den Weg zur Mediation zu finden, sind diese Tendenzen problematisch. Nur in geeigneten Fällen sollte die Rechtsanwältin zur Mediation raten. In vielen Fällen wird der Rechtsstreit vorzugswürdig sein. Eine Stigmatisierung des prozessualen Streitens ist nicht veranlasst und beschädigt den rechtsstaatlichen Gewinn des guten Verfahrensrechts.
  5. Die Gerichte sollten sich auch eines sanften Drucks auf die Parteien, im Zweifel die Mediation zu wählen, enthalten. Verfahren nach gescheiterter Mediation sind erfahrungsgemäß besonders schwierig.
  6. Rechtsanwälte müssen ihre Rolle als Parteivertreter im Mediationsverfahren erlernen. Parteibegleitung im Mediationsverfahren ist etwas grundsätzlich anderes als Anspruchsdurchsetzung im Zivilprozess.
  7. Der neu konturierte Güterichter handelt im innergerichtlichen Bereich. Er ist nicht Richtermediator, kann aber Methoden der Mediation anwenden. Auch der Güterichter ist an Recht und Gesetz gebunden. Wäre dies anders, wäre das neue Recht rechtsstaatlich problematisch.
  8. In Verfahren mit Anwaltszwang gilt der Anwaltszwang auch vor dem Güterichter.
  9. Wegen der rechtlichen Bedeutung der meisten Mediationsverfahren ist die Übernahme der Mediatorenrolle Anwaltssache.

Autor: Prof. Dr. Bernd Hirtz , Rechtsanwalt, Partner der Sozietät Hirtz & Kölbel in Köln und Honorarprofessor an der Universität zu Köln, Vorsitzender des Ausschusses Zivilverfahrensrecht des DAV

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