Zusammenfassung

 
Begriff

Der Medizinische Dienst (MD) oder andere unabhängige Gutachter prüfen im Auftrag der Pflegekassen, ob die Voraussetzungen der Pflegebedürftigkeit erfüllt sind und welcher Grad der Pflegebedürftigkeit vorliegt. Die Leistungsentscheidung trifft die Pflegekasse unter maßgeblicher Berücksichtigung des Gutachtens des MD. Die Bearbeitung der Anträge hat innerhalb von 5 bzw. 10 oder 25 Arbeitstagen zu erfolgen.

Die Pflegebegutachtung findet im Wohnbereich des Versicherten statt und kann nur ausnahmsweise ohne Untersuchung aufgrund einer eindeutigen Aktenlage erfolgen.

 
Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung

Sozialversicherung: Die gesetzliche Grundlage für das Verfahren zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit ist §§ 18, 18a, 18b und 18c SGB XI. Der GKV-Spitzenverband hat Aussagen zur Pflegebedürftigkeit, zu den Pflegegraden, über die Abgrenzung der Merkmale der Pflegebedürftigkeit und der Pflegegrade sowie zum Verfahren der Feststellung der Pflegebedürftigkeit in den Begutachtungs-Richtlinien (BRi) getroffen. Weitere leistungsrechtliche Vorschriften enthält das Gemeinsame Rundschreiben des GKV-Spitzenverbandes und der Verbände der Pflegekassen auf Bundesebene (GR v. 14.11.2023).

Der MD hat in der Unabhängigen Gutachter Richtlinie (UGu-RiLi) die Zusammenarbeit mit unabhängigen Gutachtern geregelt. Die Dienstleistungs-Richtlinien regeln die Grundsätze des Begutachtungsverfahrens.

1 Prüfung durch den MD/Gutachter

Die Pflegekasse lässt durch den MD oder andere unabhängige Gutachter prüfen, ob die Voraussetzungen der Pflegebedürftigkeit erfüllt sind und welcher Grad der Pflegebedürftigkeit vorliegt. Sie hat – trotz eventuell vorliegender eindeutiger Aussagen – bei Eingang des Leistungsantrags eine Prüfung durch den MD/Gutachter zu veranlassen.

Die Einschaltung des MD/Gutachters kann unterbleiben, wenn die Anspruchsvoraussetzungen auch ohne eine Begutachtung von vorneherein verneint werden können.

Die Pflegekasse legt nach Prüfung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen dem MD/Gutachter den Antrag und soweit vorhanden weitere für die Begutachtung erforderliche Unterlagen vor. Dies sind z. B. Unterlagen

  • über Vorerkrankungen oder Klinikaufenthalte,
  • zur Heilmittelversorgung,
  • zur Hilfs-/Pflegehilfsmittelversorgung,
  • zum behandelnden Arzt.

Der MD/Gutachter soll die behandelnden Ärzte des Versicherten, insbesondere die Hausärzte, in die Begutachtung einbeziehen. Des Weiteren sind ärztliche Auskünfte und Unterlagen über die für die Begutachtung der Pflegebedürftigkeit wichtigen Vorerkrankungen sowie Art, Umfang und Dauer der Hilfebedürftigkeit einzuholen.

Darüber hinaus hat der MD/Gutachter mit Einverständnis des Versicherten auch

  • seine pflegenden Angehörigen,
  • seinen Lebenspartner und
  • sonstige an der Pflege beteiligte Personen oder Dienste

in die Begutachtung mit einzubeziehen und zu befragen. Die Begutachtung erfolgt durch Ärzte oder Pflegefachkräfte des MD bzw. andere unabhängige Gutachter. Der MD kann zu speziellen gutachterlichen Fragestellungen auch externe Kräfte beteiligen.[1]

Das Antrags- und Begutachtungsverfahren wird, auch wenn der Versicherte bereits verstorben ist, weitergeführt. In diesem Fall sehen die Vereinbarungen nach § 18 Abs. 4 SGB XI zwischen der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) und dem MD Arztanfragen vor, sodass die Begutachtung nach Aktenlage erfolgen kann.[2]

1.1 Gutachter

Die Pflegekasse hat dem Antragsteller auf Wunsch, oder wenn nicht innerhalb von 20 Arbeitstagen die Begutachtung erfolgt, 3 unabhängige Gutachter zu nennen. Der gewählte Gutachter wird von der Pflegekasse beauftragt.

1.2 Ärztliche Bescheinigung

Eine ärztliche Bescheinigung über die Pflegebedürftigkeit oder die Notwendigkeit bestimmter Leistungen ist nicht erforderlich.[1]

[1] GR v. 14.11.2023 zu § 18 SGB XI: Abschn. 1 Abs. 2.

1.3 Entscheidung durch Pflegekasse

Die Pflegekasse entscheidet über

  • das Vorliegen von Pflegebedürftigkeit,
  • die Zuordnung des Pflegegrades und
  • die zu erbringenden Pflegeleistungen.

Bei ihrer Entscheidung berücksichtigt sie das Pflegegutachten. Weicht die Pflegekasse von den Empfehlungen des MD/Gutachters ab, so hat sie dies dem MD/Gutachter unter Angaben von Gründen mitzuteilen.[1]

2 Begutachtung

Die Dienstleistungs-Richtlinien regeln die

  • allgemeinen Verfahrensgrundsätze für die Gutachter bei der Durchführung des Begutachtungsverfahrens,
  • individuelle und umfassende Information der Versicherten über das Begutachtungsverfahren,
  • Versichertenbefragung sowie
  • das Beschwerdemanagement.

Die Dienstleistungs-Richtlinien sind für alle, die am Begutachtungsverfahren unter der Verantwortung der MD beteiligt sind, verpflichtend.

2.1 Fristen

Für die Pflegeanträge gelten für den MD/Gutachter folgende Bearbeitungsfristen:

  • 25 Arbeitstage grundsätzlich,
  • 5 Arbeitstage bei Krankenhausaufenthalt, Aufenthalt in einem Hospiz oder während einer ambulant-palliativen Versorgung, wenn

    • dies zur Sicherstellung der weiteren Versorgung erforderlich ist oder
    • die Inanspruchnahme von Pflegezeit bzw. Familienpflegezeit gegenüber dem Arbeitgeber angekündigt wurde,
  • 10 Arbeitstage, wenn sich der A...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge