BMF, 28.12.1990, IV C 3 – G 1226 – 7/90

 

1. Einführung

Nach dem Einigungsvertrag gilt das Steuerrecht der Bundesrepublik Deutschland einschließlich des Grundsteuerrechts ab 1. Januar 1991 auch im beigetretenen Teil Deutschlands. Mit der Einführung dieses Grundsteuerrechts sind für die Gemeinden im beigetretenen Teil Deutschlands vor allem folgende Neuerungen verbunden:

Die Gemeinden legen die Hebesätze für die Grundsteuer selbst fest.

Die bislang gewährte Steuerfreiheit für einen Großteil der Grundstücke entfällt. Für Wohnraum, der nach dem 31. Dezember 1980 bezugsfertig geworden ist, gilt noch eine zehnjährige Steuerbefreiung.

Das bisherige Verfahren bei der Festsetzung und Erhebung der Grundsteuer wird beibehalten. Jedoch gilt für Mietwohngrundstücke und Einfamilienhäuser, für die kein Einheitswert vorliegt, ein vereinfachtes Verfahren, bei dem der Steuerschuldner im Wege der Steueranmeldung die Grundsteuer nach einer Ersatzbemessungsgrundlage selbst berechnen muss.

Nach Anhörung des Deutschen Städtetages und des Deutschen Städte- und Gemeindebundes bemerke ich zu den wesentlichen Neuerungen, die der Vollzug des Grundsteuergesetzes für die Gemeinden im beigetretenen Teil Deutschlands mit sich bringt, Folgendes:

 

2. Rechtsgrundlagen

Für die Festsetzung und Erhebung der Grundsteuer durch die Gemeinden gelten neben dem Bewertungsgesetz und der Abgabenordnung erstmals für die Grundsteuer des Kalenderjahrs 1991 die folgenden Rechts- und Verwaltungsvorschriften:

a) Grundsteuergesetz (GrStG) vom 7. August 1973 (BGBl. I S. 965), zuletzt geändert durch Anlage I (Kapitel IV Sachgebiet B Abschnitt II Nr. 30) des Einigungsvertrags vom 31. August 1990 i. V. m. Artikel 1 des Gesetzes vom 23. September 1990 (BGBl. 1990 II S. 885, 986),
b) Anlage 1 Kapitel IV Sachgebiet B Abschnitt II Nr. 15 des Einigungsvertrags vom 31. August 1990 i. V. m. Artikel 1 des Gesetzes vom 23. September 1990 (BGBl. 1990 II S. 883, 974) und
c) Grundsteuer-Richtlinien 1978 (GrStR 1978) in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. Dezember 1978 (BStBl I S. 553).

Vorschriften der bisherigen Deutschen Demokratischen Republik, insbesondere über die Befreiung von der Grundsteuer, gelten, auch wenn sie in außersteuerlichen Gesetzen und Verordnungen enthalten sind, letztmals für die Grundsteuer des Kalenderjahres 1990.

 

3. Festsetzung des Hebesatzes

Nach Artikel 106 Abs. 6 des Grundgesetzes steht den Gemeinden das Recht zu, die Hebesätze der Realsteuern – also auch der Grundsteuer – festzusetzen. Dementsprechend sind gemäß § 25 GrStG die Hebesätze von der hebeberechtigten Gemeinden zu bestimmen. Die Hebesätze werden von der Gemeinde entweder in ihrer Haushaltssatzung oder in einer besonderen Hebesatz-Satzung festgelegt. Die Gemeinde kann den Beschluss über die Festsetzung oder Erhöhung des Hebesatzes unter den in § 25 GrStG genannten Voraussetzungen auch noch rückwirkend zum Beginn des Kalenderjahres fassen. Eine rückwirkende Festsetzung der Hebesätze führt jedoch wegen der Besonderheiten bei dem Verfahren der Grundsteuer-Anmeldung zu einem zusätzlichen Arbeitsaufwand für die Gemeinden. Es empfiehlt sich deshalb, den Beschluss über die Festsetzung der Hebesätze schon vor Beginn des Kalenderjahrs, für das sie gelten sollen, zu fassen und bekannt zu geben.

 

4. Wiederherstellung der allgemeinen Grundsteuerpflicht und Grundsteuerbefreiungen

 

4.1

Mit dem In-Kraft-Treten der in Tz. 2 bezeichneten Rechtsgrundlagen wird die allgemeine Grundsteuerpflicht wiederhergestellt. Das bedeutet insbesondere, dass die Rechtsträgerschaft staatlicher Organe und Einrichtungen, volkseigener Betriebe (VEB), volkseigener Güter (VEG), volkseigener Betriebe der Wohnungswirtschaft, von Arbeiterwohnungsgenossenschaften, von landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften und von ähnlichen Organisationen kein Grund mehr für eine Befreiung von der Grundsteuer ist. Auch Grundbesitz im Eigentum der Gemeinden als Steuergläubiger ist steuerpflichtig (Selbstbesteuerung). Juristische Personen des öffentlichen Rechts (vgl. Abschn. 7 Abs. 1 bis 3 GrStR 1978 ), kirchliche Organisationen ohne diesen Status sowie gemeinnützige und mildtätige Körperschaften sind ab dem Kalenderjahr 1991 nur noch insoweit von der Grundsteuer befreit, als sie ihren Grundbesitz unmittelbar für einen der in § 3 GrStG bezeichneten begünstigten Zwecke benutzen. § 4 GrStG enthält weitere Grundsteuerbefreiungen, die unabhängig von der Person des Eigentümers gewährt werden. Sie erlangen bei den schon nach § 3 GrStG begünstigten Rechtsträgern jedoch nur hilfsweise Bedeutung. In welchen Fällen und in welchem Umfang eine Grundsteuerbefreiung beansprucht werden kann, ergibt sich im Einzelnen aus den §§ 3 bis 9 GrStG und den Abschn. 6 bis 33 GrStR 1978 .

 

4.2

Ab 1. Januar 1991 steuerpflichtig ist daher insbesondere Grundbesitz,

auf dem sich Wohnungen im Sinne des § 5 Abs. 2 GrStG befinden, wenn es sich nicht um kirchliche Dienstwohnungen im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 5 GrStG und des Abschn. 15 Abs. 2 bis 4 GrStR 1978 handelt,
auf dem ein wir...

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