Als äußeres gestaltendes Element der Wohnungseigentumsanlage sind Fenster ein häufiges Streitthema in den Eigentümergemeinschaften. Dies gilt nicht nur im Hinblick auf die Gestaltung der Fenster an sich, sondern insbesondere auch in Beziehung auf Fensterverkleidungen wie Jalousien, Fenstergitter oder Fliegengitter. Grundsätzlich bedarf jede bauliche Veränderung des Gemeinschaftseigentums nach § 20 Abs. 1 WEG einer Beschlussfassung. Änderungen bezüglich der Gestaltung von Fenstern können dabei stets mit einfacher Mehrheit gestattet werden. Dass die Maßnahme zu einer optischen Veränderung des Gesamterscheinungsbilds der Wohnanlage führt, stellt dabei keinen Anfechtungsgrund mehr dar. Grenzen setzt hier nur die Bestimmung des § 20 Abs. 4 WEG, wonach die bauliche Maßnahme nicht zu einer grundlegenden Umgestaltung der Wohnanlage führen darf und einzelne Wohnungseigentümer nicht gegenüber anderen unbillig benachteiligen darf. Ein Anspruch auf Gestattung einer baulichen Veränderung durch Beschluss besteht nach § 20 Abs. 3 WEG dann, wenn alle Wohnungseigentümer, deren Rechte durch die bauliche Veränderung über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus beeinträchtigt werden, einverstanden sind. Insoweit ist jedoch zu berücksichtigen, dass dieses Maß bereits dann überschritten sein kann, wenn die bauliche Veränderung den Gesamteindruck der Anlage auch unterhalb der Schwelle einer grundlegenden Umgestaltung optisch ändert. Ein Anspruch kann aber auch dann bestehen, wenn die bauliche Veränderung andere Wohnungseigentümer nicht beeinträchtigt, weil etwa das optische Gesamterscheinungsbild der Anlage durch in der Vergangenheit durchgeführte bauliche Veränderungen ohnehin uneinheitlich ist.[1].

Das WEG regelt seit dem Inkrafttreten des WEMoG am 1.12.2020 keine Modernisierungen mehr, diese stellen vielmehr auch bauliche Veränderungen i. S. d. §§ 20 f. WEG dar.

Da sämtliche baulichen Veränderungen mit einfacher Mehrheit beschlossen werden können, stellt sich vielmehr die Frage nach der Kostentragungspflicht. Vom Grundsatz her haben nämlich nur diejenigen Wohnungseigentümer die Kosten einer baulichen Veränderung zu tragen, die für den Beschluss gestimmt haben. Hiervon gibt es nach § 21 Abs. 2 Satz 1 WEG allerdings 2 äußerst praxisrelevante Ausnahmen:

1. Die Maßnahme der baulichen Veränderung wird mit einer Mehrheit von mehr als 2/3 der abgegebenen Stimmen beschlossen, die die Hälfte der Miteigentumsanteile repräsentieren.

2. Die Kosten der Baumaßnahme amortisieren sich innerhalb eines angemessenen Zeitraums von ca. 10 Jahren.

Insbesondere im Zusammenhang mit dem Austausch von Fenstern kann unter dem Gesichtspunkt der Energieeinsparung eine kostenamortisierende Maßnahme dann angenommen werden, wenn eine Kosten-Nutzen-Analyse ergibt, dass sich die Kosten innerhalb eines Zeitraums von 10 Jahren amortisieren. Der Gesetzgeber sieht diese Grenze zwar nicht als statisch an, womit der Zeitraum auch überschritten werden kann, allerdings stellt sie einen wichtigen Anhaltspunkt dar. Allein auf die Energieeinsparung kommt es jedoch nicht an. Zusätzlich ist zu berücksichtigen, dass ohne Vornahme eines Fensteraustausch im Amorzisationszeitraum auch Erhaltungsmaßnahmen an den Fenstern erforderlich würden. Die insoweit entstehenden Kosten wären ebenfalls zu berücksichtigen und würden demnach die Kosten-Nutzen-Analyse positiv beeinflussen.

[1] LG Stuttgart, Urteil v. 14.10.2021, 2 S 16/21

3.1 Fenster

Insbesondere in den Fällen, in denen den Wohnungseigentümern durch Vereinbarung, also insbesondere der Gemeinschaftsordnung, die Pflicht zu Erhaltung der Fenster im Bereich ihrer Sondereigentumseinheit auf ihre Kosten auferlegt ist, können einzelne Maßnahmen, auch wenn sie im Rahmen der Erhaltung durchgeführt werden, bauliche Veränderungen darstellen, die der Gestattungsbeschlussfassung nach § 20 Abs. 1 WEG bedürfen. Kommt der Gestattungsbeschluss nicht zustande, ist zu prüfen, ob eine Beschlussersetzungsklage nach § 44 Abs. 1 Satz 2 WEG erfolgreich sein kann, weil mit der Maßnahme kein rechtlich relevanter Nachteil für die übrigen Wohnungseigentümer verbunden ist. Die insoweit maßgebliche Bestimmung des § 20 Abs. 3 WEG entspricht ihrem Wortlaut nach im Wesentlichen derjenigen des § 14 Nr. 1 WEG a. F. Insoweit kann bezüglich Baumaßnahmen, die seitens einzelner Wohnungseigentümer durchgeführt werden bzw. beabsichtigt sind, die Rechtsprechung zum Recht der baulichen Veränderung nach § 22 Abs. 1 WEG a. F. als Orientierungshilfe auch für die neue Rechtslage herangezogen werden.

 
Praxis-Beispiel

Verschieben des Mittelholms

Wird der Mittelholm eines 2-flügeligen Fensters verschoben[1] oder werden Fenster unterteilt[2], wurde von einer zustimmungspflichtigen baulichen Veränderung ausgegangen. Hieraus folgt, dass eine Beschlussersetzungsklage keinen Erfolg hätte.

 
Praxis-Beispiel

Einbau zusätzlicher "Velux"-Dachfenster

War einem Wohnungseigentümer per Mehrheitsbeschluss der Einbau zweier zusätzlicher "Velux"-Dachflächenfenster gestattet worden, berechtigt...

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