Das Fensterrecht bezieht sich als Fensterabwehrrecht des Nachbarn nicht nur auf Fenster in grenznahen Gebäudeaußenmauern, sondern auch auf begehbare grenznahe Bauteile eines Gebäudes, die in gleicher Weise wie Fenster einen Einblick oder sonstige Einwirkungen auf das Nachbargrundstück ermöglichen.

Für den Begriff des Fensters ist die Lichtdurchlässigkeit entscheidend. Nach Auffassung des BGH[1] liegen Fenster deshalb auch dann vor, wenn Maueröffnungen mit Glasbausteinen fensterartig ausgefüllt werden, durch die man nicht hindurch sehen kann und die weder Luft noch Geräusche hindurch lassen. Da aber einerseits von Lichtöffnungen mit Glasbausteinen keine Beeinträchtigungen des Nachbargrundstücks ausgehen, andererseits aber der Einbau von Glasbausteinen in grenznahen Gebäudeaußenwänden die Belichtungsverhältnisse in einem Gebäude wesentlich verbessern kann, sehen alle Nachbarrechtsgesetze bei der Abwägung der beiderseitigen Nachbarinteressen die Duldung einer grenznahen Gebäudeaußenwand vor, die in Teilflächen mit Glasbausteinen durchbrochen ist. Allerdings entsteht bei Verwendung von Glasbausteinen als Lichtdurchlass kein Lichtschutzrecht, soweit ein solches in den Bundesländern überhaupt geregelt ist (vgl. nachfolgend Kap. 4 und 5).

Zu den begehbaren Bauteilen, durch die das Nachbargrundstück beeinträchtigt werden kann, zählen

  • Balkone,
  • Erker,
  • Loggien,
  • Terrassen und ähnliche Bauteile,

die einen Ausblick in das Nachbargrundstück ermöglichen. Gemeinsam ist ihnen, dass sie mit der grenznahen Außenwand eines Gebäudes baulich verbunden oder Teile von ihr sind.

Aus dem Sinn des Fensterabwehrrechts ergibt sich, dass nur Fenster und andere Bauteile in grenznahen Gebäudeaußenmauern angesprochen sind, die dem Nachbargrundstück zugekehrt sind. Die Fenster und sonstigen Bauteile müssen deshalb parallel oder in schräger Richtung zur Grenze des Nachbargrundstücks liegen.

Liegen sich Grundstücke nicht gegenüber, sondern sind sie wie bei einer Reihenhaus- oder Doppelhausbebauung aneinander gereiht, ist kein Abstand zur Nachbargrenze mit Fenstern oder sonstigen Bauteilen einzuhalten. Wenn deshalb etwa bei einer Doppelhausbebauung von einem der Nachbarn die terrassenseitige Sichtblende ohne Zustimmung des anderen Nachbarn entfernt und die Terrasse mit einer Terrassenüberdachung in Form eines Wintergartens versehen wird, der zur Nachbarseite hin mit einer lichtdurchlässigen Milchglaswand abgeschlossen ist, dann kann sich der beeinträchtigte andere Nachbar nicht mit Hilfe des Fensterabwehrrechts zur Wehr setzen. Der Nachbar kann aber die Beseitigung der Terrassenüberdachung unter Berufung auf die für Gebäude geltenden nachbarrechtlichen Abstandsvorschriften verlangen.[2]

[1] So BGH, Urteil v. 13.7.1960, V ZR 90/59, MDR 1960, 914.
[2] Vgl. LG Bonn, Urteil v. 28.1.1987, 3 O 313/86, NJW-RR 1987, 795; nach BayObLG, Beschluss v. 21.2.2001, 2 Z BR 104/00, NJW-RR 2001, 1456 kann aber für Bayern im Fall einer zulässigen Grenzbebauung die Einhaltung der fensterrechtlichen Beschränkungen verlangt werden.

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