1.

Jeder Arbeitgeber kann grundsätzlich mit jedem Arbeitnehmer die Arbeitsbedingungen frei aushandeln. Es gilt der Grundsatz der Privatautonomie. Das ist die durch die Rechtsordnung gewährte und gesicherte Möglichkeit des Einzelnen, seine rechtlichen Beziehungen und die ihn betreffenden Rechtsverhältnisse innerhalb der gesetzlichen Grenzen rechtsgeschäftlich zu regeln. Es steht dem nicht tarifgebundenen Verleiher daher grundsätzlich frei, einigen Leiharbeitsverhältnissen Tarifverträge (auch durch Inbezugnahme im Arbeitsvertrag) zugrunde zu legen und andere nach dem Gleichstellungsgrundsatz abzuwickeln.

 

2.

Tarifvertragliche Regelungen können im Arbeitsverhältnis Anwendung finden aufgrund: einer Erstreckung durch Mindestlohnverordnung, beiderseitiger Tarifbindung (Arbeitgeber hat selbst einen Tarifvertrag abgeschlossen oder ist Mitglied im tarifvertragschließenden Arbeitgeberverband und Arbeitnehmer ist Mitglied der tarifvertragschließenden Gewerkschaft), Erklärung der Allgemeinverbindlichkeit oder einzelvertraglicher Inbezugnahme.

 

3.

Eine Inbezugnahme bedarf wegen des Grundsatzes der Vertragsfreiheit nicht der Zustimmung der Tarifvertragsparteien. Sie entfaltet auch keine Tarifbindung über § 3 TVG.

 

4.

Tarifgebundene Arbeitgeber sind im Verhältnis zu tarifgebundenen Arbeitnehmern (Gewerkschaftsmitglieder) verpflichtet, mindestens die Kraft beidseitiger Tarifbindung anwendbaren im Tarifvertrag festgelegten Arbeitsbedingungen zu gewähren. Von diesen kraft beidseitiger Tarifbindung geltenden Arbeitsbedingungen dürfen sie auch durch Inbezugnahme eines anderen Tarifvertrags nur zugunsten des Arbeitnehmers abweichen, also nur, wenn der in Bezug genommene Tarifvertrag für den Arbeitnehmer günstiger ist.

 

5.

Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 12.10.2016 - B 11 AL 6/15 R) setzt § 3 Abs. 1 Nr. 3 Satz 3 a.F. (§ 8 Abs. 2 Satz 3 n.F.) für die Bezugnahme auf einen Tarifvertrag der Zeitarbeit zur Abweichung vom Gleichstellungsgrundsatz kein Überwiegen der Arbeitnehmerüberlassung in einem Betrieb voraus. Demnach eröffnet das AÜG auch Betrieben mit unterschiedlichen Betriebszwecken (Mischbetriebe), die nicht überwiegend Arbeitnehmerüberlassung betreiben, die Möglichkeit, auf einen Tarifvertrag der Zeitarbeit zur Abweichung vom Gleichstellungsgrundsatz Bezug zu nehmen. Unternehmen und Betriebe mit unterschiedlichen Unternehmens- bzw. Betriebszwecken (Mischunternehmen bzw. - betriebe), die auch Arbeitnehmerüberlassung betreiben, können vom Gleichstellungsgrundsatz durch Anwendung eines Tarifvertrages der Arbeitnehmerüberlassung abweichen, wenn sie unter dessen Geltungsbereich fallen. Welche Betriebe, Unternehmen oder Arbeitnehmergruppen von einem Tarifvertrag umfasst werden, ist durch Auslegung des tarifvertraglichen Geltungsbereichs festzustellen. Das Bundessozialgericht hat für den von der DGB-Tarifgemeinschaft mit dem Bundesverband Zeitarbeit Personal-Dienstleistungen (BZA) vereinbarten Manteltarifvertrag vom 22.7.2003, geändert durch Änderungstarifverträge vom 22.12.2004, 30.5.2006 und 9.3.2010, für Recht erkannt, dass ihm nicht das Industrieverbandsprinzip zugrunde liegt, sondern dass der Manteltarifvertrag für Arbeitnehmerüberlassung im Sinne des AÜG gilt (Urteil vom 12.10.2016, B 11 AL 6/15 R). Sein Geltungsbereich umfasst daher auch Arbeitnehmerüberlassung in Mischunternehmen oder Mischbetrieben, in denen nicht arbeitszeitlich überwiegend Arbeitnehmerüberlassung stattfindet. Diese Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ist auf die aktuell für die Arbeitnehmerüberlassung bestehenden Flächentarifverträge, die zwischen der DGB-Tarifgemeinschaft und dem Bundesarbeitgeberverband der Personaldienstleister (BAP) sowie zwischen der DGB-Tarifgemeinschaft und dem Interessenverband Deutscher Zeitarbeitsunternehmen (iGZ) abgeschlossen worden sind, angesichts der inhaltlichen Ausgestaltung der Geltungsbereiche dieser Tarifverträge zu übertragen. Damit können auch Mischunternehmen bzw. Mischbetriebe, die nicht Mitglied in einem Arbeitgeberverband der Arbeitnehmerüberlassung sind und nicht überwiegend Arbeitnehmerüberlassung betreiben, durch Inbezugnahme der von der DGB-Tarifgemeinschaft mit dem BAP oder dem iGZ abgeschlossenen Flächentarifverträge vom Gleichstellungsgrundsatz (§ 8 Abs. 1 Satz 1) abweichen. Die Tarifpartner der Zeitarbeit haben in den genannten Flächentarifverträgen Leistungen für Einsatzzeiten und Zeiten des Nichtverleihs in einem Gesamtkonzept geregelt. Die tariflichen Regelungen müssen folglich sowohl für Einsatzzeiten wie für Nichteinsatzzeiten in Bezug genommen werden. Eine auf die Dauer der Überlassung beschränkte Inbezugnahme befreit den Verleiher nicht von der Anwendung des Gleichstellungsgrundsatzes. Das entsprechende Tarifwerk ist im Falle der Inbezugnahme grundsätzlich vollständig und umfassend auf das Arbeitsverhältnis anzuwenden (FW 8.2 Abs. 3 a. E.). Mischunternehmen bzw. betriebe, die arbeitszeitlich nicht überwiegend Arbeitnehmerüberlassung betreiben und die ihre nicht verliehe...

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