Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorabentscheidungsersuchen – Auslegung von Artikel 11 Absätze 1 und 2 der Richtlinie 94/45/EG – Informationen, die die Unternehmen zur Verfügung stellen müssen – Informationen, die der Feststellung dienen, ob es innerhalb einer gemeinschaftsweit operierenden Unternehmensgruppe ein herrschendes Unternehmen gibt

 

Normenkette

Richtlinie 94/45/EG Art. 11 Abs. 1-2

 

Beteiligte

bofrost* Josef H. Boquoi Deutschland West

Betriebsrat der bofrost* Josef H. Boquoi Deutschland West GmbH & Co. KG

bofrost* Josef H. Boquoi Deutschland West GmbH & Co. KG

 

Tenor

1. Artikel 11 Absätze 1 und 2 der Richtlinie 94/45/EG des Rates vom 22. September 1994 über die Einsetzung eines Europäischen Betriebsrats oder die Schaffung eines Verfahrens zur Unterrichtung und Anhörung derArbeitnehmer in gemeinschaftsweit operierenden Unternehmen und Unternehmensgruppen ist dahin auszulegen, dass ein Unternehmen einer Unternehmensgruppe auch dann zur Auskunftserteilung an die Organe der internen Arbeitnehmervertretung verpflichtet ist, wenn noch nicht feststeht, ob es sich bei der Unternehmensleitung, an die sich die Arbeitnehmer wenden, um die Leitung eines innerhalb der Unternehmensgruppe herrschenden Unternehmens handelt.

2. Gehören die Daten über die Struktur oder die Organisation einer Unternehmensgruppe zu den Informationen, die zur Aufnahme von Verhandlungen zur Einrichtung eines Europäischen Betriebsrats oder zur Schaffung eines Verfahrens zur länderübergreifenden Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer unerlässlich sind, so hat ein Unternehmen dieser Unternehmensgruppe diese Daten, soweit es über sie verfügt oder sie sich beschaffen kann, den Organen der internen Arbeitnehmervertretung auf Antrag zur Verfügung zu stellen. Auch die Übermittlung von Unterlagen, die zu demselben Zweck unerlässliche Informationen präzisieren und verdeutlichen, kann verlangt werden, soweit diese Übermittlung erforderlich ist, um den betroffenen Arbeitnehmern oder ihren Vertretern den Zugang zu den Informationen zu ermöglichen, anhand deren sie beurteilen können, ob sie die Aufnahme von Verhandlungen verlangen können.

 

Tatbestand

In der Rechtssache C-62/99

betreffend ein dem Gerichtshof nach Artikel 177 EG-Vertrag (jetzt Artikel 234 EG) vom Landesarbeitsgericht Düsseldorf (Deutschland) in dem bei diesem anhängigen Rechtsstreit

Betriebsrat der bofrost* Josef H. Boquoi Deutschland West GmbH & Co. KG

gegen

bofrost* Josef H. Boquoi Deutschland West GmbH & Co. KG

vorgelegtes Ersuchen um Vorabentscheidung über die Auslegung von Artikel 11 Absätze 1 und 2 der Richtlinie 94/45/EG des Rates vom 22. September 1994 über die Einsetzung eines Europäischen Betriebsrats oder die Schaffung eines Verfahrens zur Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer in gemeinschaftsweit operierenden Unternehmen und Unternehmensgruppen (ABl. L 254, S. 64)

erlässt

DER GERICHTSHOF (Sechste Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten C. Gulmann sowie der Richter V. Skouris, J.-P. Puissochet, R. Schintgen und der Richterin F. Macken (Berichterstatterin),

Generalanwalt: A. Saggio

Kanzler: R. Grass

unter Berücksichtigung der schriftlichen Erklärungen

  • des Betriebsrats der bofrost* Josef H. Boquoi Deutschland West GmbH & Co. KG, vertreten durch Rechtsanwalt T. Schmidt,
  • der bofrost* Josef H. Boquoi Deutschland West GmbH & Co. KG, vertreten durch Rechtsanwalt E. Huber,
  • der deutschen Regierung, vertreten durch W.-D. Plessing und C.-D. Quassowski als Bevollmächtigte,
  • der österreichischen Regierung, vertreten durch C. Pesendorfer als Bevollmächtigte,
  • der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch M. D. Gouloussis und J. C. Schieferer als Bevollmächtigte,

aufgrund des Berichts der Berichterstatterin,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 26. September 2000,

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

1. Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf hat mit Beschluss vom 21. Januar 1999, beim Gerichtshof eingegangen am 22. Februar 1999, gemäß Artikel 177 EWG-Vertrag (jetzt Artikel 234 EG) drei Fragen nach der Auslegung der Richtlinie 94/45/EG des Rates vom 22. September 1994 über die Einsetzung eines Europäischen Betriebsrats oder die Schaffung eines Verfahrens zur Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer in gemeinschaftsweit operierenden Unternehmen und Unternehmensgruppen (ABl. L 254, S. 64) zur Vorabentscheidung vorgelegt.

2. Diese Fragen stellen sich in einem Rechtsstreit zwischen dem Betriebsrat der bofrost* Josef H. Boquoi Deutschland West GmbH & Co. KG (im Folgenden: Betriebsrat) und der bofrost* Josef H. Boquoi Deutschland West GmbH & Co. KG mit Sitz in Straelen (Deutschland)(im Folgenden: Arbeitgeber) über deren Weigerung, dem Betriebsrat im Vorfeld der Bildung eines Europäischen Betriebsrats Auskunft über Mitarbeiterzahlen und die Struktur der Unternehmen der bofrost*-Unternehmensgruppe, zu der der Arbeitgeber gehört, zu erteilen.

Rechtlicher Rahmen

Das Gemeinschaftsrecht

3. Artikel 1 Absätze 1 und 2 der Richtlinie sieht vor:

(1) Das Ziel dieser Ri...

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