Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats. Freier Warenverkehr. Art. 28 EG und 30 EG. Mengenmäßige Einfuhrbeschränkung. Maßnahme gleicher Wirkung. Zulassungssystem. Verarbeitungshilfsstoffe und Lebensmittel, bei deren Zubereitung Verarbeitungshilfsstoffe aus anderen Mitgliedstaaten verwendet wurden, wo diese rechtmäßig hergestellt und/oder in den Verkehr gebracht werden. Verfahren, das es den Wirtschaftsteilnehmern ermöglicht, die Aufnahme solcher Stoffe in eine ‚Positivliste’ zu erreichen. Klausel der gegenseitigen Anerkennung. Nationaler Regelungsrahmen, der für die Wirtschaftsteilnehmer eine Lage der Rechtsunsicherheit schafft

 

Beteiligte

Kommission / Frankreich

Europäische Kommission

Französische Republik

 

Tenor

1. Die Französische Republik hat dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 28 EG verstoßen, dass sie für Verarbeitungshilfsstoffe und für Lebensmittel, bei deren Herstellung Verarbeitungshilfsstoffe aus anderen Mitgliedstaaten verwendet wurden, wo diese rechtmäßig hergestellt und/oder in den Verkehr gebracht werden, eine Zulassungsregelung vorsieht, die den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzt.

2. Die Französische Republik trägt die Kosten.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend eine Vertragsverletzungsklage nach Art. 226 EG, eingereicht am 18. Juli 2008,

Europäische Kommission, vertreten durch B. Stromsky als Bevollmächtigten, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Klägerin,

gegen

Französische Republik, vertreten durch G. de Bergues und R. Loosli-Surrans als Bevollmächtigte,

Beklagte,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten der Zweiten Kammer J. N. Cunha Rodrigues in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Dritten Kammer, der Richterin P. Lindh sowie der Richter A. Rosas, A. Ó Caoimh (Berichterstatter) und A. Arabadjiev,

Generalanwalt: J. Mazák,

Kanzler: R. Grass,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 8. September 2009,

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Die Europäische Kommission beantragt in ihrer Klageschrift, festzustellen, dass die Französische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 28 EG verstoßen hat, dass sie für Verarbeitungshilfsstoffe und für Lebensmittel, bei deren Herstellung Verarbeitungshilfsstoffe aus anderen Mitgliedstaaten verwendet wurden, wo diese rechtmäßig hergestellt und/oder in den Verkehr gebracht werden, ein Zulassungssystem vorsieht, das den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzt.

Rechtlicher Rahmen

Gemeinschaftsrecht

Rz. 2

Verarbeitungshilfsstoffe sind Stoffe, die im Verarbeitungs- oder Herstellungsprozess eines Lebensmittels verwendet werden und mit denen während dieses Prozesses eine bestimmte technische Wirkung erzielt werden soll.

Rz. 3

Das Gemeinschaftsrecht harmonisiert zwar bestimmte Kategorien von Verarbeitungshilfsstoffen, diese Stoffe sind jedoch nicht Gegenstand einer horizontalen Harmonisierung auf Gemeinschaftsebene, so dass es den Mitgliedstaaten im allgemeinen freisteht, die Verwendung von Verarbeitungshilfsstoffe unter Beachtung der Bestimmungen des EG-Vertrags zu regeln.

Die Richtlinie 89/107

Rz. 4

Art. 1 Abs. 3 Buchst. a der Richtlinie 89/107/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Zusatzstoffe, die in Lebensmitteln verwendet werden dürfen (ABl. L 40, S. 27), definiert die Verarbeitungshilfsstoffe in einer Fußnote als „Stoffe, die nicht selbst als Lebensmittelzutat verzehrt werden, jedoch bei der Verarbeitung von Rohstoffen, Lebensmitteln oder deren Zutaten aus technologischen Gründen während der Be- oder Verarbeitung verwendet werden und unbeabsichtigte, technisch unvermeidbare Rückstände oder Rückstandsderivate im Enderzeugnis hinterlassen können, unter der Bedingung, dass diese Rückstände gesundheitlich unbedenklich sind und sich technisch nicht auf das Enderzeugnis auswirken”.

Rz. 5

Aus dieser Bestimmung geht hervor, dass Verarbeitungshilfsstoffe nicht in den Anwendungsbereich der Richtlinie 89/107 fallen.

Die Richtlinie 98/34

Rz. 6

Art. 8 der Richtlinie 98/34/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Juni 1998 über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und technischen Vorschriften (ABl. L 204, S. 37) sieht vor:

„(1) Vorbehaltlich des Artikels 10 übermitteln die Mitgliedstaaten der Kommission unverzüglich jeden Entwurf einer technischen Vorschrift, sofern es sich nicht um eine vollständige Übertragung einer internationalen oder europäischen Norm handelt; in diesem Fall reicht die Mitteilung aus, um welche Norm es sich handelt. Sie unterrichten die Kommission gleichzeitig in einer Mitteilung über die Gründe, die die Festlegung einer derartigen technischen Vorschrift erforderlich machen, es sei denn, die Gründe gehen bereits aus dem Entwurf hervor.

Zielt der Entwurf einer technischen Vorschrift insbesondere darauf ab, das Inverkehrbringen oder die Verwendung eines Stoffes, einer Zubereitung oder eines chemischen Erzeugnisses aus Gründen des Gesundheits-, Verbraucher- o...

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