Entscheidungsstichwort (Thema)

Richtlinie 89/105/EWG. Artikel 6 Nummern 1 und 2. Positivliste. Pflicht zur Begründung und zur Rechtsmittelbelehrung

 

Beteiligte

G. Pohl-Boskamp

G. Pohl-Boskamp GmbH & Co. KG

Gemeinsamer Bundesausschuss

Bundesrepublik Deutschland

Bundesknappschaft

Bundesverband der landwirtschaftlichen Krankenkassen

AOK-Bundesverband KdöR

IKK-Bundesverband

Bundesverband der Betriebskrankenkassen (BBK)

Verband der Angestellten-Krankenkassen e. V

AEV-Arbeiter-Ersatzkassen-Verband e. V

Seekrankenkasse

 

Tenor

1. Die Richtlinie 89/105/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 betreffend die Transparenz von Maßnahmen zur Regelung der Preisfestsetzung bei Arzneimitteln für den menschlichen Gebrauch und ihre Einbeziehung in die staatlichen Krankenversicherungssysteme ist dahin auszulegen, dass sie einer mitgliedstaatlichen Regelung entgegensteht, die nach Ausschluss nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel von den Leistungen des staatlichen Gesundheitssystems einen Rechtsträger dieses Systems zum Erlass von Bestimmungen, die Arzneistoffe von diesem Ausschluss ausnehmen, ermächtigt, ohne ein Verfahren nach Artikel 6 Nummern 1 und 2 der Richtlinie vorzusehen.

2. Artikel 6 Nummer 2 der Richtlinie 89/105 ist dahin auszulegen, dass er den Arzneimittelherstellern, die von einer Entscheidung betroffen sind, aufgrund deren bestimmte Arzneimittel, die von der Entscheidung erfasste Wirkstoffe enthalten, zur Kostenübernahme zugelassen sind, ein Recht auf eine mit einer Begründung und einer Rechtsbehelfsbelehrung versehene Entscheidung gewährt, auch wenn die mitgliedstaatliche Regelung weder ein entsprechendes Verfahren noch Rechtsbehelfe vorsieht.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Artikel 234 EG, eingereicht vom Sozialgericht Köln (Deutschland) mit Entscheidung vom 8. August 2005, beim Gerichtshof eingegangen am 17. August 2005, in dem Verfahren

G. Pohl-Boskamp GmbH & Co. KG

gegen

Gemeinsamer Bundesausschuss,

Beigeladene:

AOK-Bundesverband KdöR,

IKK-Bundesverband,

Bundesverband der Betriebskrankenkassen (BBK),

Bundesverband der landwirtschaftlichen Krankenkassen,

Verband der Angestellten-Krankenkassen e. V.,

AEV-Arbeiter-Ersatzkassen-Verband e. V.,

Bundesknappschaft,

Seekrankenkasse,

Bundesrepublik Deutschland,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten der Siebten Kammer J. Klucka in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Fünften Kammer, der Richterin R. Silva de Lapuerta (Berichterstatterin) und des Richters J. Makarczyk,

Generalanwalt: P. Mengozzi,

Kanzler: B. Fülöp, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 28. Juni 2006,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der G. Pohl-Boskamp GmbH & Co. KG, vertreten durch die Rechtsanwälte W. Kozianka und N. Hußmann,
  • des Gemeinsamen Bundesausschusses, vertreten durch Rechtsanwalt M. Grüne,
  • des AOK-Bundesverbands KdöR, vertreten durch K.-H. Mühlhausen und J. Ihle als Bevollmächtigte,
  • des IKK-Bundesverbands, vertreten durch S. Reitzenstein als Bevollmächtigte,
  • des Bundesverbands der Betriebskrankenkassen (BBK), vertreten durch K.-P. Adelt und P. Kraftberger als Bevollmächtigte,
  • der deutschen Regierung, vertreten durch M. Lumma als Bevollmächtigten,
  • der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch B. Schima und B. Stransky als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

1 Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung des Artikels 6 der Richtlinie 89/105/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 betreffend die Transparenz von Maßnahmen zur Regelung der Preisfestsetzung bei Arzneimitteln für den menschlichen Gebrauch und ihre Einbeziehung in die staatlichen Krankenversicherungssysteme (ABl. 1989, L 40, S. 8).

2 Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der G. Pohl-Boskamp GmbH & Co. KG (im Folgenden: Pohl-Boskamp) und dem Gemeinsamen Bundesausschuss wegen dessen Weigerung, zwei Fertigarzneien der Klägerin des Ausgangsverfahrens in eine Liste der nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel aufzunehmen, die ausnahmsweise verordnet und damit in der gesetzlichen Krankenversicherung geleistet werden können.

Rechtlicher Rahmen

Gemeinschaftsrecht

3 Artikel 6 der Richtlinie 89/105 sieht vor:

„Ist ein Arzneimittel durch das staatliche Krankenversicherungssystem nur gedeckt, wenn die zuständigen Behörden beschlossen haben, das betreffende Arzneimittel in eine Positivliste der unter das staatliche Krankenversicherungssystem fallenden Arzneimittel aufzunehmen, so gilt Folgendes:

1. Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass eine Entscheidung über einen Antrag auf Aufnahme eines Arzneimittels in die Liste der unter das Krankenversicherungssystem fallenden Arzneimittel, der vom Inhaber einer Genehmigung für das Inverkehrbringen gemäß den Vorschriften des betreffenden Mitgliedstaats gestellt worden ist, innerhalb von neunzig Tage...

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