Entscheidungsstichwort (Thema)

Gewerbliches und kommerzielles Eigentum. Markenrecht. Arzneimittel. Parallelimport. Umpacken der mit der Marke versehenen Ware

 

Beteiligte

Boehringer Ingelheim u.a

SmithKline Beecham plc

Beecham Group plc

Boehringer Ingelheim KG

Boehringer Ingelheim Pharma GmbH & Co. KG

Glaxo Group Ltd

The Wellcome Foundation Ltd

SmithKline & French Laboratories Ltd

Eli Lilly and Co

Swingward Ltd

Dowelhurst Ltd

 

Tenor

1. Art. 7 Abs. 2 der Ersten Richtlinie 89/104/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken in der durch das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum vom 2. Mai 1992 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass der Inhaber der Marke sich dem weiteren Vertrieb eines aus einem anderen Mitgliedstaat eingeführten Arzneimittels in seiner inneren und äußeren Originalverpackung, die vom Importeur mit einem zusätzlichen äußeren Aufkleber versehen wurde, widersetzen kann, es sei denn,

  • es ist erwiesen, dass die Geltendmachung einer Marke durch den Markeninhaber zu dem Zweck, sich dem Vertrieb der mit einem neuen Aufkleber versehenen Ware unter der Marke zu widersetzen, zu einer künstlichen Abschottung der Märkte zwischen Mitgliedstaaten beitragen würde;
  • es ist dargetan, dass die Neuetikettierung den Originalzustand der in der Verpackung enthaltenen Ware nicht beeinträchtigen kann;
  • auf der Verpackung ist klar angegeben, von wem der neue Aufkleber auf der Ware angebracht worden ist und wer deren Hersteller ist;
  • das mit diesem neuen Aufkleber versehene Erzeugnis ist nicht so aufgemacht, dass dadurch der Ruf der Marke und ihres Inhabers geschädigt werden kann; der Aufkleber darf folglich nicht schadhaft, von schlechter Qualität oder unordentlich sein, und
  • der Importeur unterrichtet den Markeninhaber vor dem Inverkehrbringen des mit einem neuen Aufkleber versehenen Erzeugnisses und liefert ihm auf Verlangen ein Muster dieser Ware.

2. Die Voraussetzung, dass das Umpacken des Arzneimittels durch Neuverpackung und Wiederanbringung der Marke auf der Verpackung oder durch Aufkleben eines Etiketts auf der Verpackung der Ware für deren weiteren Vertrieb im Einfuhrmitgliedstaat erforderlich ist, als eine der Voraussetzungen dafür, dass sich der Inhaber der Marke gemäß Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie 89/104 diesem Vertrieb nicht widersetzen kann, betrifft nur das Umpacken als solches und nicht die Art und Weise, in der es vorgenommen wird.

3. Die Voraussetzung, dass die Aufmachung der umgepackten Ware nicht so sein darf, dass sie den Ruf der Marke oder ihres Inhabers schädigen kann, als notwendige Voraussetzung dafür, dass dieser sich nicht nach Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie 89/104 in der durch das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum geänderten Fassung dem weiteren Vertrieb eines Arzneimittels widersetzen kann, wenn der Parallelimporteur es entweder neu verpackt und die Marke wieder darauf angebracht hat oder einen Aufkleber auf der Verpackung der Ware angebracht hat, ist nicht auf die Fälle beschränkt, in denen die durch das Umpacken geschaffene Verpackung schadhaft, von schlechter Qualität oder unordentlich ist.

4. Die Frage, ob es den Ruf der Marke schädigen kann, wenn der Parallelimporteur

  • die Marke nicht auf dem neuen äußeren Karton anbringt „de-branding”) oder
  • entweder sein eigenes Logo oder ein Firmenmarkenzeichen, eine Firmenaufmachung oder eine für eine Reihe verschiedener Waren verwendete Aufmachung auf dem neuen äußeren Karton anbringt „co-branding”) oder
  • auf dieser Verpackung einen zusätzlichen Aufkleber so anbringt, dass die Marke des Inhabers ganz oder teilweise überklebt wird oder
  • auf dem zusätzlichen Aufkleber nicht den Inhaber der Marke angibt oder
  • den Namen des Parallelimporteurs in Großbuchstaben schreibt,

ist eine Sachfrage, über die nach dem jeweiligen Sachverhalt zu entscheiden Sache des nationalen Gerichts ist.

5. In Situationen, wie sie in den Ausgangsverfahren in Rede stehen, obliegt es den Parallelimporteuren, den Nachweis für das Vorliegen der Voraussetzungen zu erbringen, dass

  • die Geltendmachung der Marke durch den Markeninhaber zu dem Zweck, sich dem Vertrieb der umgepackten Waren unter der Marke zu widersetzen, zu einer künstlichen Abschottung der Märkte zwischen Mitgliedstaaten beitragen würde;
  • das Umpacken den Originalzustand der in der Verpackung enthaltenen Ware nicht beeinträchtigen kann;
  • auf der neuen Verpackung klar angegeben ist, von wem das Arzneimittel umgepackt worden ist und wer der Hersteller ist;
  • das umgepackte Arzneimittel nicht so aufgemacht sein darf, dass dadurch der Ruf der Marke und ihres Inhabers geschädigt werden kann; die durch das Umpacken geschaffene Verpackung darf folglich nicht schadhaft, von schlechter Qualität oder unordentlich sein;
  • der Importeur den Markeninhaber vor dem Inverkehrbringen des umgepackten Arzneimittels unterrichten und ihm auf Verlangen ein Muster der umgepackten Ware liefern muss,

wobei sich bei deren Erfüllung der Inhaber der Marke dem weiteren Vertrieb ei...

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