Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Soziale Sicherheit. Sachlicher Geltungsbereich. Abgaben auf Einkünfte aus Vermögen. Allgemeiner Sozialbeitrag. Beitrag zur Begleichung der Sozialschuld. Sozialabgabe. Zusatzbeitrag zur Sozialabgabe. Beitrag zur Finanzierung der gesetzlichen Systeme der sozialen Sicherheit. Unmittelbare und hinreichend relevante Verbindung zu bestimmten Zweigen der sozialen Sicherheit

 

Normenkette

Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 Art. 4

 

Beteiligte

de Ruyter

Ministre de l'Économie et des Finances

Gérard de Ruyter

 

Tenor

Die Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, in der durch die Verordnung (EG) Nr. 118/97 des Rates vom 2. Dezember 1996 geänderten und aktualisierten Fassung, geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1606/98 des Rates vom 29. Juni 1998, ist dahin auszulegen, dass Abgaben auf Einkünfte aus dem Vermögen wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden, wenn sie zur Finanzierung von gesetzlichen Systemen der sozialen Sicherheit beitragen, eine unmittelbare und relevante Verbindung zu bestimmten der in Art. 4 der Verordnung Nr. 1408/71 genannten Zweige der sozialen Sicherheit aufweisen und daher in den Geltungsbereich dieser Verordnung fallen, auch wenn die Abgaben unabhängig davon auf die Einkünfte aus dem Vermögen der Steuerpflichtigen erhoben werden, ob diese eine Erwerbstätigkeit ausüben.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Conseil d'État (Frankreich) mit Entscheidung vom 17. Juli 2013, beim Gerichtshof eingegangen am 28. November 2013, in dem Verfahren

Ministre de l'Économie et des Finances

gegen

Gérard de Ruyter

erlässt

DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Tizzano sowie der Richter S. Rodin, A. Borg Barthet, E. Levits und F. Biltgen (Berichterstatter),

Generalanwältin: E. Sharpston,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • von Herrn de Ruyter, vertreten durch J. Molinié, avocat,
  • der französischen Regierung, vertreten durch D. Colas und R. Coesme als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch D. Martin und W. Roels als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 21. Oktober 2014

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 4 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, in der durch die Verordnung (EG) Nr. 118/97 des Rates vom 2. Dezember 1996 (ABl. 1997, L 28, S. 1) geänderten und aktualisierten Fassung, geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1606/98 des Rates vom 29. Juni 1998 (ABl. L 209, S. 1) (im Folgenden: Verordnung Nr. 1408/71).

Rz. 2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen dem Ministre de l'Économie et des Finances (Minister für Wirtschaft und Finanzen) und Herrn de Ruyter wegen der Zahlung verschiedener Sozialabgaben für die Jahre 1997 bis 2004 und wegen entgeltlicher Leibrenten aus niederländischer Quelle.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

Art. 4 („Sachlicher Geltungsbereich”) der Verordnung Nr. 1408/71 bestimmt:

„(1) Diese Verordnung gilt für alle Rechtsvorschriften über Zweige der sozialen Sicherheit, die folgende Leistungsarten betreffen:

  1. Leistungen bei Krankheit und Mutterschaft,
  2. Leistungen bei Invalidität einschließlich der Leistungen, die zur Erhaltung oder Besserung der Erwerbsfähigkeit bestimmt sind,
  3. Leistungen bei Alter,
  4. Leistungen an Hinterbliebene,
  5. Leistungen bei Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten,
  6. Sterbegeld,
  7. Leistungen bei Arbeitslosigkeit,
  8. Familienleistungen.

(2) Diese Verordnung gilt für die allgemeinen und die besonderen, die auf Beiträgen beruhenden und die beitragsfreien Systeme der sozialen Sicherheit sowie für die Systeme, nach denen die Arbeitgeber, einschließlich der Reeder, zu Leistungen gemäß Absatz 1 verpflichtet sind.”

Rz. 4

Art. 13 der Verordnung Nr. 1408/71 sieht vor:

„(1) Vorbehaltlich der Artikel 14c und 14f unterliegen Personen, für die diese Verordnung gilt, den Rechtsvorschriften nur eines Mitgliedstaats. Welche Rechtsvorschriften diese sind, bestimmt sich nach diesem Titel.

(2) Soweit nicht die Artikel 14 bis 17 etwas anderes bestimmen, gilt Folgendes:

  1. Eine Person, die im Gebiet eines Mitgliedstaats abhängig beschäftigt ist, unterliegt den Rechtsvorschriften dieses Staates, und zwar auch dann, wenn sie im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats wohnt oder ihr Arbeitgeber oder das Unternehmen, das sie beschäftigt, seinen Wohnsitz oder Betriebssitz im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats hat;
  2. eine Person, die im Gebiet eines Mitgliedstaats eine selbständige Tätigkeit ausübt, ...

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