Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Sozialpolitik. Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf. Ungleichbehandlung wegen des Alters. Nationale Regelung, nach der Arbeitnehmer, die zum Zeitpunkt ihres Ausscheidens Anspruch auf eine Volksrente haben, keine Entlassungsabfindung erhalten

 

Normenkette

Richtlinie 2000/78/EG Art. 2 Abs. 1, 2 Buchst. a, Art. 6 Abs. 1

 

Beteiligte

Andersen

Ingeniørforeningen i Danmark

Tekniq

 

Tenor

Art. 2 Abs. 1 und 2 Buchst. a und Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf sind dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen, die vorsieht, dass im Fall der Entlassung eines Angestellten, der im selben Unternehmen 12, 15 oder 18 Jahre ununterbrochen beschäftigt war, der Arbeitgeber beim Ausscheiden dieses Angestellten eine Abfindung in Höhe von einem, zwei oder drei Monatsgehältern zu leisten hat, diese Abfindung jedoch entfällt, wenn der Angestellte zum Zeitpunkt seines Ausscheidens die Möglichkeit hat, eine Volksrente zu beziehen, nicht entgegenstehen, sofern diese Regelung zum einen objektiv und angemessen ist und durch ein legitimes Ziel aus den Bereichen der Beschäftigungspolitik und des Arbeitsmarkts gerechtfertigt ist und zum anderen ein angemessenes und erforderliches Mittel zur Erreichung dieses Ziels darstellt. Dies zu prüfen ist Sache des vorlegenden Gerichts.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Østre Landsret (Dänemark) mit Entscheidung vom 17. September 2013, beim Gerichtshof eingegangen am 25. September 2013, in dem Verfahren

Ingeniørforeningen i Danmark, handelnd für Poul Landin,

gegen

Tekniq, handelnd für die ENCO A/S – VVS,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Siebte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J.-C. Bonichot sowie der Richter A. Arabadjiev (Berichterstatter) und J. L. da Cruz Vilaça,

Generalanwalt: P. Cruz Villalón,

Kanzler: I. Illéssy, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 2. Oktober 2014,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der Ingeniørforeningen i Danmark, handelnd für Poul Landin, vertreten durch K. Schioldann, advokat,
  • der Tekniq, handelnd für die ENCO A/S – VVS, vertreten durch C. Ketelsen und T. Lind-Larsen, advokaterne,
  • der dänischen Regierung, vertreten durch M. Wolff, C. Thorning und U. Melgaard als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch M. Clausen und D. Martin als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 2 Abs. 2 Buchst. a und Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (ABl. L 303, S. 16).

Rz. 2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Ingeniørforeningen i Danmark, handelnd für Poul Landin, und der Tekniq, handelnd für die ENCO A/S – VVS, wegen der Weigerung der Tekniq, Herrn Landin eine Entlassungsabfindung zu zahlen.

Rechtlicher Rahmen

Richtlinie 2000/78

Rz. 3

Nach ihrem Art. 1 ist Zweck der Richtlinie 2000/78 „die Schaffung eines allgemeinen Rahmens zur Bekämpfung der Diskriminierung wegen der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung in Beschäftigung und Beruf im Hinblick auf die Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung in den Mitgliedstaaten”.

Rz. 4

Art. 2 der Richtlinie bestimmt:

„(1) Im Sinne dieser Richtlinie bedeutet ‚Gleichbehandlungsgrundsatz’, dass es keine unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung wegen eines der in Artikel 1 genannten Gründe geben darf.

(2) Im Sinne des Absatzes 1

  1. liegt eine unmittelbare Diskriminierung vor, wenn eine Person wegen eines der in Artikel 1 genannten Gründe in einer vergleichbaren Situation eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person erfährt, erfahren hat oder erfahren würde;

…”

Rz. 5

Art. 6 der Richtlinie lautet:

„(1) Ungeachtet des Artikels 2 Absatz 2 können die Mitgliedstaaten vorsehen, dass Ungleichbehandlungen wegen des Alters keine Diskriminierung darstellen, sofern sie objektiv und angemessen sind und im Rahmen des nationalen Rechts durch ein legitimes Ziel, worunter insbesondere rechtmäßige Ziele aus den Bereichen Beschäftigungspolitik, Arbeitsmarkt und berufliche Bildung zu verstehen sind, gerechtfertigt sind und die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sind.

Derartige Ungleichbehandlungen können insbesondere Folgendes einschließen:

  1. die Festlegung besonderer Bedingungen für den Zugang zur Beschäftigung und zur beruflichen Bildung sowie besonderer Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen, einschlie...

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