Entscheidungsstichwort (Thema)

Schutz der Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers -Richtlinie 80/987/EWG. Umsetzung. Art. 8. Betriebliche oder überbetriebliche Zusatzversorgungseinrichtungen. Leistungen bei Alter. Schutz erworbener Rechte. Umfang des Schutzes. Haftung eines Mitgliedstaats wegen nicht ordnungsgemäßer Umsetzung einer Richtlinie. Voraussetzungen

 

Beteiligte

Robins u.a

Carol Marilyn Robins u. a

Secretary of State for Work and Pensions

 

Tenor

1. Art. 8 der Richtlinie 80/987/EWG des Rates vom 20. Oktober 1980 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über den Schutz der Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers ist in dem Sinne auszulegen, dass die Finanzierung erworbener Rechte auf Leistungen bei Alter in dem Fall, dass der Arbeitgeber zahlungsunfähig wird und die Aktiva betrieblicher oder überbetrieblicher Zusatzversorgungseinrichtungen nicht ausreichen, weder zwangsläufig von den Mitgliedstaaten selbst sichergestellt werden noch vollständig sein muss.

2. Art. 8 der Richtlinie 80/987 steht einem Schutzsystem wie dem im Ausgangsverfahren in Rede stehenden entgegen.

3. Im Fall einer nicht ordnungsgemäßen Umsetzung von Art. 8 der Richtlinie 80/987 hängt die Haftung des betreffenden Mitgliedstaats von der Feststellung ab, dass dieser Staat die Grenzen, die seinem Ermessen gesetzt waren, offenkundig und erheblich überschritten hat.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom High Court of Justice (England & Wales), Chancery Division (Vereinigtes Königreich), mit Entscheidung vom 22. Juni 2005, beim Gerichtshof eingegangen am 6. Juli 2005, in dem Verfahren

Carol Marilyn Robins u. a.

gegen

Secretary of State for Work and Pensions

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten C. W. A. Timmermans, des Richters J. Klučka, der Richterin R. Silva de Lapuerta sowie der Richter J. Makarczyk und L. Bay Larsen (Berichterstatter),

Generalanwältin: J. Kokott,

Kanzler: M. Ferreira, Hauptverwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 1. Juni 2006,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • von Frau Robins u. a., vertreten durch I. Walker, Solicitor, D. Anderson, QC, und P. Newman, Barrister,
  • der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch C. White als Bevollmächtigte im Beistand von D. Pannick und D. Wyatt, QC, sowie von R. Hitchcock und K. Smith, Barristers,
  • von Irland, vertreten durch D. J. O'Hagan als Bevollmächtigten im Beistand von P. McGarry, BL,
  • der niederländischen Regierung, vertreten durch H. G. Sevenster als Bevollmächtigte,
  • der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch G. Rozet und J. Enegren als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 13. Juli 2006

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

1 Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 8 der Richtlinie 80/987/EWG des Rates vom 20. Oktober 1980 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über den Schutz der Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers (ABl. L 283, S. 23; im Folgenden: Richtlinie).

2 Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Frau Robins sowie 835 weiteren Mitgliedern zweier betrieblicher Altersversorgungssysteme (im Folgenden: Kläger) und dem Secretary of State for Work and Pensions, der im Vereinigten Königreich für Fragen der Beschäftigung und Altersversorgung zuständig ist, wegen der Kürzung der Ansprüche der Kläger auf Leistungen bei Alter infolge der Zahlungsunfähigkeit ihres Arbeitgebers.

Rechtlicher Rahmen

Gemeinschaftsrecht

3 Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie bestimmt:

„Diese Richtlinie gilt für Ansprüche von Arbeitnehmern aus Arbeitsverträgen oder Arbeitsverhältnissen gegen Arbeitgeber, die zahlungsunfähig im Sinne des Artikels 2 Absatz 1 sind.”

4 Art. 2 der Richtlinie lautet:

„(1) Im Sinne dieser Richtlinie gilt ein Arbeitgeber als zahlungsunfähig,

  1. wenn die Eröffnung eines nach den Rechts- und Verwaltungsvorschriften des betreffenden Mitgliedstaats vorgesehenen Verfahrens über das Vermögen des Arbeitgebers zur gemeinschaftlichen Befriedigung seiner Gläubiger beantragt worden ist, das die Berücksichtigung der in Artikel 1 Absatz 1 genannten Ansprüche gestattet, und
  2. wenn die aufgrund der genannten Rechts- und Verwaltungsvorschriften zuständige Behörde

    • entweder die Eröffnung des Verfahrens beschlossen hat,
    • oder festgestellt hat, dass das Unternehmen oder der Betrieb des Arbeitgebers endgültig stillgelegt worden ist und die Vermögensmasse nicht ausreicht, um die Eröffnung des Verfahrens zu rechtfertigen.

(2) Diese Richtlinie lässt das einzelstaatliche Recht bezüglich der Begriffsbestimmung der Worte ‚Arbeitnehmer’, ‚Arbeitgeber’, ‚Arbeitsentgelt’, ‚erworbenes Recht’ und ‚Anwartschaftsrecht’ unberührt.”

5 Nach Art. 3 der Richtlinie treffen die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen, damit vorbehaltlich von Art. 4 Garantieeinrichtungen die Befriedigu...

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