Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Verbraucherschutz. Elektrizitäts- und Erdgasbinnenmarkt. Nationale Regelung, die den Inhalt der unter die allgemeine Versorgungspflicht fallenden Verbraucherverträge bestimmt. Einseitige Änderung des Leistungsentgelts durch den Gewerbetreibenden. Rechtzeitige Information vor Inkrafttreten dieser Änderung über deren Anlass, Voraussetzungen und Umfang

 

Normenkette

2003/54/EG; Richtlinie 2003/55/EG

 

Beteiligte

Schulz

Alexandra Schulz

Josef Egbringhoff

Technische Werke Schussental GmbH und Co. KG

Stadtwerke Ahaus GmbH

 

Tenor

Art. 3 Abs. 5 in Verbindung mit Anhang A der Richtlinie 2003/54/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2003 über gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 96/92/EG und Art. 3 Abs. 3 in Verbindung mit Anhang A der Richtlinie 2003/55/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2003 über gemeinsame Vorschriften für den Erdgasbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 98/30/EG sind dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen entgegenstehen, die den Inhalt von unter die allgemeine Versorgungspflicht fallenden Verbraucherverträgen über Strom- und Gaslieferungen bestimmt und die Möglichkeit vorsieht, den Tarif dieser Lieferungen zu ändern, aber nicht gewährleistet, dass die Verbraucher rechtzeitig vor Inkrafttreten dieser Änderung über deren Anlass, Voraussetzungen und Umfang informiert werden.

 

Tatbestand

In den verbundenen Rechtssachen

betreffend Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Bundesgerichtshof (Deutschland) mit Entscheidungen vom 18. Mai und vom 29. Juni 2011, beim Gerichtshof eingegangen am 8. und am 28. Juli 2011, in den Verfahren

Alexandra Schulz

gegen

Technische Werke Schussental GmbH und Co. KG

und

Josef Egbringhoff

gegen

Stadtwerke Ahaus GmbH

erlässt

DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten L. Bay Larsen, der Richter J. Malenovský und M. Safjan (Berichterstatter) sowie der Richterinnen A. Prechal und K. Jürimäe,

Generalanwalt: N. Wahl,

Kanzler: V. Tourrès, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 27. Februar 2014,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • von Frau Schulz, vertreten durch Rechtsanwalt K. Guggenberger,
  • von Herrn Egbringhoff, vertreten durch Rechtsanwalt L. Voges-Wallhöfer,
  • der Technischen Werke Schussental GmbH und Co. KG, vertreten durch Rechtsanwalt P. Rosin,
  • der Stadtwerke Ahaus GmbH, vertreten durch die Rechtsanwälte P. Rosin und A. von Graevenitz,
  • der deutschen Regierung, vertreten durch T. Henze und B. Beutler als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch S. Grünheid, O. Beynet, M. Owsiany-Hornung und J. Herkommer als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 8. Mai 2014

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Die Vorabentscheidungsersuchen betreffen die Auslegung von Art. 3 Abs. 5 und Anhang A Buchst. b und c der Richtlinie 2003/54/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2003 über gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 96/92/EG (ABl. L 176, S. 37, und – Berichtigung – ABl. 2004, L 16, S. 74) sowie von Art. 3 Abs. 3 und Anhang A Buchst. b und c der Richtlinie 2003/55/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2003 über gemeinsame Vorschriften für den Erdgasbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 98/30/EG (ABl. L 176, S. 57).

Rz. 2

Diese Ersuchen ergehen im Rahmen zweier Rechtsstreitigkeiten zum einen zwischen Frau Schulz und den Technischen Werken Schussental GmbH und Co. KG (im Folgenden: TWS) und zum anderen zwischen Herrn Egbringhoff und den Stadtwerken Ahaus GmbH (im Folgenden: SWA) wegen der Verwendung angeblich rechtswidriger Klauseln durch TWS und SWA in unter die allgemeine Versorgungspflicht fallenden Verbraucherverträgen.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Richtlinie 93/13/EWG

Rz. 3

Art. 1 der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen (ABl. L 95, S. 29) sieht vor:

„(1) Zweck dieser Richtlinie ist die Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über missbräuchliche Klauseln in Verträgen zwischen Gewerbetreibenden und Verbrauchern.

(2) Vertragsklauseln, die auf bindenden Rechtsvorschriften oder auf Bestimmungen oder Grundsätzen internationaler Übereinkommen beruhen, bei denen die Mitgliedstaaten oder die Gemeinschaft – insbesondere im Verkehrsbereich – Vertragsparteien sind, unterliegen nicht den Bestimmungen dieser Richtlinie.”

Richtlinie 2003/54

Rz. 4

In den Erwägungsgründen 24 und 26 der Richtlinie 2003/54 heißt es:

„(24) Die Mitgliedstaaten sollten dafür Sorge tragen, dass Haushalts-Kunden … das Recht auf Versorgung mit Elektrizität einer bestimmten Qualität zu leicht vergleichbaren, transparenten und angemessenen Preisen haben. Damit gewährleistet ist, das...

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