Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Soziale Sicherheit der Wanderarbeitnehmer. Gelegenheitsarbeit in einem anderen Mitgliedstaat als dem Wohnsitzstaat. Anzuwendende Rechtsvorschriften. Ablehnung der Gewährung von Kindergeld und Kürzung der Altersrente durch den Wohnsitzstaat

 

Normenkette

Verordnung (EWG) 1408/71 Art. 13 Abs. 2, Art. 17

 

Beteiligte

Franzen u.a

C. E. Franzen

H. D. Giesen

F. van den Berg

Raad van bestuur van de Sociale verzekeringsbank

 

Tenor

1. Art. 13 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familien, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, in der durch die Verordnung (EG) Nr. 118/97 des Rates vom 2. Dezember 1996 geänderten und aktualisierten Fassung, diese geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1992/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2006, ist dahin auszulegen, dass ein Gebietsansässiger eines Mitgliedstaats, der in den Geltungsbereich dieser Verordnung in der geänderten Fassung fällt und auf der Grundlage eines Vertrags über Gelegenheitsarbeit einige Tage im Monat im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats arbeitet, sowohl während der Tage, an denen er eine abhängige Beschäftigung ausübt, als auch während der Tage, an denen er dies nicht tut, den Rechtsvorschriften des Beschäftigungsstaats unterliegt.

2. Art. 13 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 1408/71 in der durch die Verordnung Nr. 118/97 geänderten und aktualisierten Fassung, diese geändert durch die Verordnung Nr. 1992/2006, in Verbindung mit Abs. 1 dieses Artikels ist dahin auszulegen, dass er unter Umständen wie denen der Ausgangsverfahren dem nicht entgegensteht, dass ein Wanderarbeitnehmer, der den Rechtsvorschriften des Beschäftigungsmitgliedstaats unterliegt, nach einer nationalen Regelung des Wohnsitzmitgliedstaats Leistungen aus der Rentenversicherung und Kindergeld im letztgenannten Staat bezieht.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Centrale Raad van Beroep (Niederlande) mit Entscheidung vom 1. Juli 2013, beim Gerichtshof eingegangen am 4. Juli 2013, in dem Verfahren

C. E. Franzen,

H. D. Giesen,

F. van den Berg

gegen

Raad van bestuur van de Sociale verzekeringsbank

erlässt

DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten L. Bay Larsen, der Richterin K. Jürimäe (Berichterstatterin), der Richter J. Malenovský und M. Safjan sowie der Richterin A. Prechal,

Generalanwalt: M. Szpunar,

Kanzler: M. Ferreira, Hauptverwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 25. Juni 2014,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • von Frau C. E. Franzen, vertreten durch S. Ikiz, advocaat,
  • des Raad van bestuur van de Sociale verzekeringsbank, vertreten durch H. van der Most und T. Theele als Bevollmächtigte,
  • der niederländischen Regierung, vertreten durch M. Noort als Bevollmächtigte,
  • der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch S. Brighouse als Bevollmächtigte im Beistand von B. Kennely und J. Holmes, Barristers,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch M. van Beek und D. Martin als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 10. September 2014

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 13 Abs. 2 und Art. 17 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, in der durch die Verordnung (EG) Nr. 118/97 des Rates vom 2. Dezember 1996 (ABl. 1997, L 28, S. 1) geänderten und aktualisierten Fassung, diese geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1992/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2006 (ABl. L 392, S. 1, im Folgenden: Verordnung Nr. 1408/71), sowie der Art. 20 AEUV, 21 AEUV und 45 AEUV.

Rz. 2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen dreier Rechtsstreitigkeiten zwischen Frau Franzen, Herrn Giesen bzw. Herrn van den Berg und dem Raad van bestuur van de Sociale verzekeringsbank (Verwaltungsrat der Sozialversicherungsanstalt, im Folgenden: Svb) über die Entscheidungen, mit denen Letzterer die Gewährung von Kindergeld an Frau Franzen abgelehnt und die Herrn Giesen und Herrn van den Berg gewährte Partnerzulage bzw. Altersrente gekürzt hat.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

Art. 1 der Verordnung Nr. 1408/71 lautet:

„Für die Anwendung dieser Verordnung werden die nachstehenden Begriffe wie folgt definiert:

a) ‚Arbeitnehmer’ oder ‚Selbständiger’: jede Person,

i) die gegen ein Risiko oder gegen mehrere Risiken, die von den Zweigen eines Systems der sozialen Sicherheit für Arbeitnehmer oder Selbständige oder einem Sondersystem für Beamte erfasst werden, pflichtversichert oder freiwillig weiterversichert ist;

ii) die im Rahmen eines für alle E...

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