Entscheidungsstichwort (Thema)

Elektronische Kommunikation. Netze und Dienste. Gemeinsamer Rechtsrahmen. Art. 4 und 16 der Richtlinie 2002/21/EG (Rahmenrichtlinie). Rechtsbehelf. Verwaltungsverfahren zur Marktanalyse

 

Beteiligte

Tele2 Telecommunication

Tele2 Telecommunication GmbH, vormals Tele2 UTA Telecommunication GmbH

Telekom-Control-Kommission

 

Tenor

1. Der Begriff des Nutzers oder Anbieters, der im Sinne von Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2002/21/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste (Rahmenrichtlinie) „betroffen” ist, sowie der Begriff der „betroffenen” Partei im Sinne von Art. 16 Abs. 3 dieser Richtlinie sind so auszulegen, dass diese Begriffe nicht nur ein Unternehmen mit (vormals) beträchtlicher Marktmacht auf dem relevanten Markt, das einer Entscheidung einer nationalen Regulierungsbehörde in einem Marktanalyseverfahren nach Art. 16 der Richtlinie 2002/21 unterliegt und Adressat dieser Entscheidung ist, sondern auch mit einem solchen Unternehmen in Wettbewerb stehende Nutzer und Anbieter erfassen, die zwar nicht selbst Adressaten dieser Entscheidung sind, aber durch diese in ihren Rechten beeinträchtigt sind.

2 Eine nationale Rechtsvorschrift, die in einem nichtstreitigen Marktanalyseverfahren nur Unternehmen mit (vormals) beträchtlicher Marktmacht auf dem relevanten Markt, denen gegenüber spezifische Verpflichtungen auferlegt, abgeändert oder aufgehoben werden, die Stellung einer Partei zugesteht, verstößt im Grundsatz nicht gegen Art. 4 der Richtlinie 2002/21. Das vorlegende Gericht hat sich jedoch zu vergewissern, dass das innerstaatliche Verfahrensrecht den Schutz der Rechte, die mit einem Unternehmen mit (vormals) beträchtlicher Marktmacht auf dem relevanten Markt in Wettbewerb stehende Nutzer und Anbieter aus der Gemeinschaftsrechtsordnung herleiten, auf eine Weise gewährleistet, die nicht weniger günstig als im Fall vergleichbarer innerstaatlicher Rechte ist und die Wirksamkeit des Rechtsschutzes, den diesen Nutzern und Anbietern Art. 4 der Richtlinie 2002/21 garantiert, nicht mindert.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Verwaltungsgerichtshof (Österreich) mit Entscheidung vom 22. November 2005, beim Gerichtshof eingegangen am 1. Dezember 2005, in dem Verfahren

Tele2 Telecommunication GmbH, vormals Tele2 UTA Telecommunication GmbH,

gegen

Telekom-Control-Kommission

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten C. W. A. Timmermans sowie der Richter L. Bay Larsen, K. Schiemann, P. Kūris (Berichterstatter) und J.-C. Bonichot,

Generalanwalt: M. Poiares Maduro,

Kanzler: J. Swedenborg, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 13. Dezember 2006,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der Tele2 Telecommunication GmbH, vertreten durch Rechtsanwalt M. Parschalk,
  • der österreichischen Regierung, vertreten durch C. Pesendorfer und W. Bauer als Bevollmächtigte,
  • der belgischen Regierung, vertreten durch A. Hubert als Bevollmächtigte,
  • der dänischen Regierung, vertreten durch J. Molde, N. Holst-Christensen und B. Weis Fogh als Bevollmächtigte,
  • der italienischen Regierung, vertreten durch I. M. Braguglia als Bevollmächtigten im Beistand von P. Gentili, avvocato dello Stato,
  • der slowenischen Regierung, vertreten durch T. Mihelič als Bevollmächtigte,
  • der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch C. Ladenburger und M. Shotter als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 15. Februar 2007

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 4 und 16 der Richtlinie 2002/21/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste (Rahmenrichtlinie) (ABl. L 108, S. 33, im Folgenden: Rahmenrichtlinie).

Rz. 2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Tele2 Telecommunication GmbH, vormals Tele2 UTA Telecommunication GmbH, einem österreichischen Unternehmen, das elektronische Kommunikationsnetze und -dienste bereitstellt (im Folgenden: Tele2), und der österreichischen Telekom-Control-Kommission (im Folgenden: TCK) wegen deren Weigerung, Tele2 in einem Verwaltungsverfahren zur Marktanalyse die Stellung einer Partei zuzuerkennen.

Rechtlicher Rahmen

Gemeinschaftsrecht

Rz. 3

Der 12. Erwägungsgrund der Rahmenrichtlinie lautet:

„Jede Partei, die einem Beschluss einer nationalen Regulierungsbehörde unterliegt, sollte das Recht haben, bei einer von den beteiligten Parteien unabhängigen Stelle Rechtsbehelf einzulegen. Diese Stelle kann ein Gericht sein. …”

Rz. 4

Art. 4 („Rechtsbehelf”) der Rahmenrichtlinie lautet:

„(1) Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass es auf nationaler Ebene wirksame Verfahren gibt, nach denen jeder Nutzer oder Anbieter elektronischer Kommunikatio...

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