Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats. Verstoß gegen Art. 49 EG. Bausektor. Erfordernis einer Erlaubnis für die Ausübung einer Tätigkeit in diesem Sektor. Rechtfertigung

 

Beteiligte

Kommission / Portugal

Europäische Kommission

Portugiesische Republik

 

Tenor

1. Die Portugiesische Republik hat dadurch, dass sie von in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Erbringern von Baudienstleistungen die Erfüllung aller Voraussetzungen verlangt, die nach der fraglichen nationalen Regelung und insbesondere dem Decreto-Lei Nr. 12/2004 vom 9. Januar 2004 für die Erteilung der Erlaubnis zur Ausübung einer Tätigkeit im Bausektor in Portugal erfüllt sein müssen, und dadurch ausschließt, dass die gleichwertigen Verpflichtungen, denen diese Dienstleister in ihrem Niederlassungsmitgliedstaat unterliegen, sowie die insoweit bereits von den Behörden dieses Mitgliedstaats durchgeführten Nachprüfungen ordnungsgemäß berücksichtigt werden, gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 49 EG verstoßen.

2. Die Portugiesische Republik trägt die Kosten.

3. Die Republik Polen trägt ihre eigenen Kosten.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend eine Vertragsverletzungsklage nach Art. 226 EG, eingereicht am 21. Oktober 2008,

Europäische Kommission, vertreten durch E. Traversa und P. Guerra e Andrade als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Klägerin,

unterstützt durch

Republik Polen, vertreten durch M. Dowgielewicz als Bevollmächtigten,

Streithelferin,

gegen

Portugiesische Republik, vertreten durch L. Inez Fernandes und F. Nunes dos Santos als Bevollmächtigte,

Beklagte,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Tizzano, der Richter M. Ilešič (Berichterstatter), E. Levits und M. Safjan sowie der Richterin M. Berger,

Generalanwalt: J. Mazák,

Kanzler: M. Ferreira, Hauptverwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 3. Juni 2010,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Mit ihrer Klage ersucht die Europäische Kommission den Gerichtshof, festzustellen, dass die Portugiesische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 49 EG verstoßen hat, dass sie für die Erbringung von Baudienstleistungen in Portugal dieselben Voraussetzungen aufstellt wie für die Niederlassung.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 2

Die Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. September 2005 über die Anerkennung von Berufsqualifikationen (ABl. L 255, S. 22) legt die Vorschriften fest, nach denen ein Mitgliedstaat, der den Zugang zu einem reglementierten Beruf oder dessen Ausübung in seinem Hoheitsgebiet an den Besitz bestimmter Berufsqualifikationen knüpft, für den Zugang zu diesem Beruf und dessen Ausübung die in einem oder mehreren anderen Mitgliedstaaten erworbenen Berufsqualifikationen anerkennt, die ihren Inhaber berechtigen, dort denselben Beruf auszuüben.

Rz. 3

Die Erwägungsgründe 4, 6 und 27 dieser Richtlinie lauten wie folgt:

„(4) Es ist angezeigt, zur Erleichterung des freien Dienstleistungsverkehrs besondere Vorschriften zu erlassen, durch die die Möglichkeiten zur Ausübung beruflicher Tätigkeiten unter der im Herkunftsmitgliedstaat erworbenen Berufsbezeichnung erweitert werden. …

(6) Im Rahmen der Erleichterung der Erbringung von Dienstleistungen ist der öffentlichen Gesundheit und Sicherheit sowie dem Verbraucherschutz unbedingt Rechnung zu tragen. Daher sollten spezifische Bestimmungen für reglementierte Berufe vorgesehen werden, die die öffentliche Gesundheit oder Sicherheit berühren und deren Angehörige vorübergehend oder gelegentlich grenzüberschreitende Dienstleistungen erbringen.

(27) Die architektonische Gestaltung, die Qualität der Bauwerke, ihre harmonische Einpassung in die Umgebung, der Respekt vor der natürlichen und der städtischen Landschaft sowie vor dem kollektiven und dem privaten Erbe sind von öffentlichem Interesse. Daher sollte sich die gegenseitige Anerkennung der Ausbildungsnachweise auf qualitative und quantitative Kriterien stützen, die gewährleisten, dass die Inhaber der anerkannten Ausbildungsnachweise in der Lage sind, die Bedürfnisse der Einzelpersonen, sozialen Gruppen und Gemeinwesen im Bereich der Raumordnung, der Konzeption, der Vorbereitung und Errichtung von Bauwerken, der Erhaltung und Zurgeltungbringung des architektonischen Erbes sowie des Schutzes der natürlichen Gleichgewichte zu verstehen und ihnen Ausdruck zu verleihen.”

Rz. 4

Titel II der genannten Richtlinie enthält Bestimmungen über die Dienstleistungsfreiheit. In Art. 5 Abs. 1 dieser Richtlinie heißt es hierzu:

„Unbeschadet spezifischer Vorschriften des Gemeinschaftsrechts sowie der Artikel 6 und 7 dieser Richtlinie können die Mitgliedstaaten die Dienstleistungsfreiheit nicht aufgrund der Berufsqualifikationen einschränken,

  1. wenn der Dienstleister zur Ausübung desselben Berufs rechtmäßig in einem Mitgliedstaat niedergelass...

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