Entscheidungsstichwort (Thema)

Marken. Richtlinie 89/104/EWG. Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe c. Beschränkungen des durch die Marke gewährten Schutzes. Nutzung der Marke durch einen Dritten, falls dies notwendig ist, um auf die Bestimmung einer Ware oder einer Dienstleistung hinzuweisen

 

Beteiligte

The Gillette Company und Gillette Group Finland

The Gillette Company

Gillette Group Finland Oy

LA-Laboratories Ltd Oy

 

Tenor

1. Die Zulässigkeit der Benutzung einer Marke gemäß Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe c der Ersten Richtlinie 89/104/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken hängt davon ab, ob diese Benutzung notwendig ist, um auf die Bestimmung einer Ware hinzuweisen.

Die Benutzung einer Ware durch einen Dritten, der nicht deren Inhaber ist, ist als Hinweis auf die Bestimmung einer von diesem Dritten vertriebenen Ware notwendig, wenn eine solche Benutzung praktisch das einzige Mittel dafür darstellt, der Öffentlichkeit eine verständliche und vollständige Information über diese Bestimmung zu liefern, um das System eines unverfälschten Wettbewerbs auf dem Markt für diese Ware zu erhalten.

Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob im Ausgangsverfahren eine solche Benutzung notwendig ist, wobei die Art der Öffentlichkeit, für die die von dem betreffenden Dritten vertriebene Ware bestimmt ist, zu berücksichtigen ist.

Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe c der Richtlinie 89/104 unterscheidet bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Benutzung der Marke nicht zwischen den möglichen Bestimmungen der Waren, und die Kriterien für die Beurteilung der Zulässigkeit der Benutzung der Marke, insbesondere was Zubehör oder Ersatzteile angeht, unterscheiden sich daher nicht von den Kriterien, die für andere Arten möglicher Bestimmungen der Waren gelten.

2. Das Tatbestandsmerkmal der „anständigen Gepflogenheiten” im Sinne des Artikels 6 Absatz 1 Buchstabe c der Richtlinie 89/104 entspricht der Sache nach der Pflicht, den berechtigten Interessen des Markeninhabers nicht in unlauterer Weise zuwiderzuhandeln.

Die Benutzung der Marke entspricht den anständigen Gepflogenheiten in Gewerbe oder Handel insbesondere dann nicht, wenn

  • sie in einer Weise erfolgt, die glauben machen kann, dass eine Handelsbeziehung zwischen dem Dritten und dem Markeninhaber besteht;
  • sie den Wert der Marke dadurch beeinträchtigt, dass sie deren Unterscheidungskraft oder deren Wertschätzung in unlauterer Weise ausnutzt;
  • durch sie diese Marke herabgesetzt oder schlechtgemacht wird
  • oder der Dritte seine Ware als Imitation oder Nachahmung der Ware mit der Marke darstellt, deren Inhaber er nicht ist.

Der Umstand, dass ein Dritter die Marke, deren Inhaber er nicht ist, benutzt, um auf die Bestimmung der von ihm vertriebenen Ware hinzuweisen, bedeutet nicht notwendigerweise, dass er diese als eine Ware mit gleicher Qualität oder mit Eigenschaften darstellt, die denjenigen der Waren mit dieser Marke gleichwertig sind. Eine derartige Darstellung hängt vom Sachverhalt des Einzelfalls ab, und es ist Sache des vorlegenden Gerichts, nach den Umständen des Ausgangsverfahrens zu beurteilen, ob sie gegebenenfalls vorliegt.

Die Möglichkeit, dass die von dem Dritten vertriebene Ware so dargestellt wird, als sei sie von gleicher Qualität oder als weise sie Eigenschaften auf, die denjenigen der Ware mit der benutzten Marke gleichwertig seien, stellt einen Gesichtspunkt dar, den das vorlegende Gericht zu berücksichtigen hat, wenn es prüft, ob diese Benutzung den anständigen Gepflogenheiten in Gewerbe oder Handel entspricht.

3. Vertreibt ein Dritter, der eine Marke benutzt, deren Inhaber er nicht ist, nicht nur ein Ersatzteil oder Zubehör, sondern auch die Ware selbst, mit der das Ersatzteil oder Zubehör verwendet werden soll, so fällt eine solche Benutzung in den Anwendungsbereich des Artikels 6 Absatz 1 Buchstabe c der Richtlinie 89/104, sofern sie notwendig ist, um auf die Bestimmung der von dem Dritten vertriebenen Ware hinzuweisen, und den anständigen Gepflogenheiten in Gewerbe oder Handel entspricht.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Artikel 234 EG, eingereicht vom Korkein oikeus (Finnland) mit Entscheidung vom 23. Mai 2003, beim Gerichtshof eingegangen am 26. Mai 2003, in dem Verfahren

The Gillette Company,

Gillette Group Finland Oy

gegen

LA-Laboratories Ltd Oy

erlässt

DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Rosas sowie der Richter A. Borg Barthet, S. von Bahr, U. Lõhmus und A. Ó Caoimh (Berichterstatter),

Generalanwalt: A. Tizzano,

Kanzler: R. Grass,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 21. Oktober 2004,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der The Gillette Company und Gillette Group Finland Oy, vertreten durch R. Hilli und T. Groop, asianajajat,
  • der LA-Laboratories Ltd Oy, vertreten durch L. Latikka, hallituksen puheenjohtaja,
  • der finnischen Regierung, vertreten durch T. Pynnä als Bevollmächtigte,
  • der Regierung d...

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