Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Sozialpolitik. Rahmenvereinbarung über den Elternurlaub. Individuelles Recht auf Elternurlaub im Fall der Geburt eines Kindes. Nationale Regelung, die einem Beamten, dessen Ehegattin nicht erwerbstätig ist, das Recht auf Elternurlaub vorenthält. Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Arbeits- und Beschäftigungsfragen. Arbeitsbedingungen. Unmittelbare Diskriminierung

 

Normenkette

Richtlinie 96/34/EG Paragraf 2 Nr. 1; Richtlinie 2006/54/EG Art. 2 Abs. 1 Buchst. a, Art. 14 Abs. 1 Buchst. c

 

Beteiligte

Maïstrellis

Konstantinos Maïstrellis

Ypourgos Dikaiosynis, Diafaneias kai Anthropinon Dikaiomaton

 

Tenor

Die Bestimmungen der Richtlinie 96/34/EG des Rates vom 3. Juni 1996 zu der von UNICE, CEEP und EGB geschlossenen Rahmenvereinbarung über Elternurlaub in der durch die Richtlinie 97/75/EG des Rates vom 15. Dezember 1997 geänderten Fassung und der Richtlinie 2006/54/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juli 2006 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Chancengleichheit und Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Arbeits- und Beschäftigungsfragen sind dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung entgegenstehen, nach der einem Beamten das Recht auf Elternurlaub vorenthalten wird, wenn seine Ehegattin nicht erwerbstätig ist oder keinerlei Berufstätigkeit ausübt, es sei denn, sie kann wegen einer schweren Erkrankung oder Verletzung den Erfordernissen der Kinderbetreuung nicht nachkommen.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Symvoulio tis Epikrateias (Griechenland) mit Entscheidung vom 20. März 2014, beim Gerichtshof eingegangen am 7. Mai 2014, in dem Verfahren

Konstantinos Maïstrellis

gegen

Ypourgos Dikaiosynis, Diafaneias kai Anthropinon Dikaiomaton

erlässt

DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten L. Bay Larsen, der Richterin K. Jürimäe, der Richter J. Malenovský und M. Safjan (Berichterstatter) sowie der Richterin A. Prechal,

Generalanwältin: J. Kokott,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • von Herrn Maïstrellis, im Beistand von K. Daktylidi, dikigoros,
  • der griechischen Regierung, vertreten durch V. Karageorgos, I. Bakopoulos und S. Lekkou als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch M. Patakia und D. Roussanov als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 16. April 2015

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Richtlinie 96/34/EG des Rates vom 3. Juni 1996 zu der von UNICE, CEEP und EGB geschlossenen Rahmenvereinbarung über Elternurlaub (ABl. L 145, S. 4) in der durch die Richtlinie 97/75/EG des Rates vom 15. Dezember 1997 (ABl. 1998, L 10, S. 24) geänderten Fassung (im Folgenden: Richtlinie 96/34) und der Richtlinie 2006/54/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juli 2006 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Chancengleichheit und Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Arbeits- und Beschäftigungsfragen (ABl. L 204, S. 23).

Rz. 2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Herrn Maïstrellis und dem Ypourgos Dikaiosynis, Diafaneias kai Anthropinon Dikaiomaton (Minister für Justiz, Transparenz und Menschenrechte) wegen dessen Weigerung, dem Betroffenen Elternurlaub zu gewähren, weil seine Ehegattin nicht erwerbstätig ist.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Richtlinie 96/34

Rz. 3

Mit der Richtlinie 96/34, die nach Art. 4 der Richtlinie 2010/18/EU des Rates vom 8. März 2010 zur Durchführung der von BUSINESSEUROPE, UEAPME, CEEP und EGB geschlossenen überarbeiteten Rahmenvereinbarung über den Elternurlaub und zur Aufhebung der Richtlinie 96/34 (ABl. L 68, S. 13) mit Wirkung vom 8. März 2012 aufgehoben wurde, sollte nach ihrem Art. 1 die am 14. Dezember 1995 zwischen den europäischen Sozialpartnern – nämlich der Vereinigung der Industrie- und Arbeitgeberverbände Europas (UNICE), dem Europäischen Zentralverband der öffentlichen Wirtschaft (CEEP) und dem Europäischen Gewerkschaftsbund (EGB) – geschlossene Rahmenvereinbarung über Elternurlaub im Anhang dieser Richtlinie (im Folgenden: Rahmenvereinbarung) durchgeführt werden.

Rz. 4

In Abs. 1 der Präambel der Rahmenvereinbarung hieß es:

„Die … Rahmenvereinbarung stellt ein Engagement von UNICE, CEEP und EGB im Hinblick auf Mindestvorschriften für den Elternurlaub … dar, weil sie dies als ein wichtiges Mittel ansehen, Berufs- und Familienleben zu vereinbaren und Chancengleichheit und Gleichbehandlung von Männern und Frauen zu fördern.”

Rz. 5

Die Nrn. 4, 7 und 8 der Allgemeinen Erwägungen der Rahmenvereinbarung lauteten:

„4. Die [auf der Tagung des Europäischen Rates in Straßburg am 9. Dezember 1989 von den Staats- und Regierungschefs von elf Mitgliedstaaten angenommene] Gemeinschaftscharta der sozialen Grundrechte der Arbeitnehmer fordert unter Nummer 16 über die Gleichbehandlung von Männern und F...

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