Entscheidungsstichwort (Thema)

Ersuchen um Vorabentscheidung: Bundesverwaltungsgericht – Deutschland. Vermarktungsnormen für Eier – Werbewirksame Angaben, die geeignet sind, den Käufer irrezuführen – Referenzverbraucher. 1 Landwirtschaft – Gemeinsame Marktorganisation – Eier – Vermarktungsnormen – Kennzeichnung der Eier oder der Verpackungen – Vorschriften zur Regelung der Angaben über die Art der Legehennenhaltung – Geltungsbereich – Angaben zur Ernährung der Tiere – Ausschluß (Verordnung Nr. 1907/90 des Rates, Artikel 10 Absatz 3; Verordnung Nr. 1274/91 der Kommission, Artikel 18). 2 Landwirtschaft – Gemeinsame Marktorganisation – Eier – Vermarktungsnormen – Kennzeichnung der Eier oder der Verpackungen – Werbewirksame Angaben – Verbot der Irreführung des Käufers – Beurteilung des irreführenden Charakters durch das nationale Gericht – Kriterien (Verordnung Nr. 1907/90 des Rates, Artikel 10 Absatz 2 Buchstabe e)

 

Leitsatz (amtlich)

3 Artikel 10 Absatz 3 der Verordnung Nr. 1907/90 und Artikel 18 der Verordnung Nr. 1274/91, die die Angaben zur Art der Legehennenhaltung betreffen, verbieten es nicht, Eierpackungen mit einer Angabe wie „6-Korn – 10 frische Eier” zu versehen. Eine solche Angabe, die sich auf die Ernährung der Tiere bezieht, fällt nämlich nicht in den Geltungsbereich dieser Vorschriften, die lediglich die Angaben über die Haltungsarten regeln, mit denen die Packungen versehen werden dürfen.

4 Bei der Beurteilung, ob eine Angabe zur Förderung des Verkaufs von Eiern geeignet ist, den Käufer unter Verstoß gegen Artikel 10 Absatz 2 Buchstabe e der Verordnung Nr. 1907/90 über bestimmte Vermarktungsnormen für Eier irrezuführen, hat das nationale Gericht darauf abzustellen, wie ein durchschnittlich informierter, aufmerksamer und verständiger Durchschnittsverbraucher diese Angabe wahrscheinlich auffassen wird. Hat das nationale Gericht besondere Schwierigkeiten, zu beurteilen, ob die betreffende Angabe irreführen kann, so verbietet das Gemeinschaftsrecht ihm jedoch nicht, dies nach Maßgabe seines nationalen Rechts durch ein Sachverständigengutachten oder eine Verbraucherbefragung zu ermitteln.

 

Normenkette

EWGV 1907/90 Art. 10 Abs. 3; EWGV 1274/91 Art. 18; EWGV 1907/90 Art. 10 Abs. 2 Buchst. e

 

Beteiligte

Gut Springenheide

Rudolf Tusky

Gut Springenheide GmbH

Oberkreisdirektor des Kreises Steinfurt

Amt für Lebensmittelüberwachung

 

Tenor

Bei der Beurteilung, ob eine Angabe zur Förderung des Verkaufs von Eiern geeignet ist, den Käufer unter Verstoß gegen Artikel 10 Absatz 2 Buchstabe e der Verordnung (EWG) Nr. 1907/90 des Rates vom 26. Juni 1990 über bestimmte Vermarktungsnormen für Eier irrezuführen, hat das nationale Gericht darauf abzustellen, wie ein durchschnittlich informierter, aufmerksamer und verständiger Durchschnittsverbraucher diese Angabe wahrscheinlich auffassen wird. Hat das nationale Gericht besondere Schwierigkeiten, zu beurteilen, ob die betreffende Angabe irreführen kann, so verbietet das Gemeinschaftsrecht ihm jedoch nicht, dies nach Maßgabe seines nationalen Rechts durch ein Sachverständigengutachten oder eine Verbraucherbefragung zu ermitteln.

 

Gründe

1 Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Beschluß vom 8. Februar 1996, beim Gerichtshof eingegangen am 20. Juni 1996, gemäß Artikel 177 EG-Vertrag drei Fragen nach der Auslegung der Verordnung (EWG) Nr. 1907/90 des Rates vom 26. Juni 1990 über bestimmte Vermarktungsnormen für Eier (ABl. L 173, S. 5) zur Vorabentscheidung vorgelegt.

2 Diese Fragen stellen sich in einem Rechtsstreit zwischen der Gut Springenheide GmbH (im folgenden: Klägerin zu 1) und ihrem Geschäftsführer, Herrn Tusky (im folgenden: Kläger zu 2), einerseits und dem Oberkreisdirektor des Kreises Steinfurt – Amt für Lebensmittelüberwachung – andererseits, in dem es um eine auf Eierverpackungen angebrachte Angabe und einen diesen Packungen beigefügten Einlegezettel geht.

Die Gemeinschaftsregelung

3 Die Verordnung (EWG) Nr. 2771/75 des Rates vom 29. Oktober 1975 über die gemeinsame Marktorganisation für Eier (ABl. L 282, S. 49) sieht die Festlegung von Vermarktungsnormen vor, die insbesondere die Einteilung nach Güte- und Gewichtsklassen, die Verpackung, die Einlagerung, die Beförderung, die Aufmachung und die Kennzeichnung betreffen können. Auf der Grundlage dieser Verordnung erließ der Rat die Verordnung (EWG) Nr. 1907/90, die die Verordnung (EWG) Nr. 2772/75 des Rates vom 29. Oktober 1975 über Vermarktungsnormen für Eier (ABl. L 282, S. 56) aufhob und ersetzte.

4 In Artikel 10 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1907/90 sind die bei Eierpackungen zwingend vorgeschriebenen Angaben aufgeführt. Zu diesen Angaben gehören der Name oder die Firma und die Anschrift des Betriebes, der die Eier verpackt oder die Verpackung veranlasst hat, wobei der Name, die Firma oder die Handelsmarke des Betriebes nur angegeben werden dürfen, wenn diese Angaben insgesamt keinen mit der Verordnung unvereinbaren Hinweis auf Qualität oder Frischegrad der Eier, auf die Art der für ihre Erzeugung verwendeten Legehennenhaltung ...

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