Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Geistiges Eigentum. Ausschließliches Recht der Sendeunternehmen. Öffentliche Wiedergabe. Orte, die der Öffentlichkeit gegen Zahlung eines Eintrittsgelds zugänglich sind. Wiedergabe von Sendungen über Fernsehgeräte in Hotelzimmern

 

Normenkette

Richtlinie 2006/115/EG Art. 8 Abs. 3

 

Beteiligte

Verwertungsgesellschaft Rundfunk

Verwertungsgesellschaft Rundfunk GmbH

Hettegger Hotel Edelweiss GmbH

 

Tenor

Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 2006/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 zum Vermietrecht und Verleihrecht sowie zu bestimmten dem Urheberrecht verwandten Schutzrechten im Bereich des geistigen Eigentums ist dahin auszulegen, dass die Wiedergabe von Fernseh- und Hörfunksendungen über in Hotelzimmern aufgestellte Fernsehgeräte keine Wiedergabe an einem Ort darstellt, der der Öffentlichkeit gegen Zahlung eines Eintrittsgelds zugänglich ist.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Handelsgericht Wien (Österreich) mit Entscheidung vom 24. November 2015, beim Gerichtshof eingegangen am 2. Dezember 2015, in dem Verfahren

Verwertungsgesellschaft Rundfunk GmbH

gegen

Hettegger Hotel Edelweiss GmbH

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten M. Ilešič, der Richterin A. Prechal, des Richters A. Rosas, der Richterin C. Toader und des Richters E. Jarašiūnas (Berichterstatter),

Generalanwalt: M. Szpunar,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der Verwertungsgesellschaft Rundfunk GmbH, vertreten durch Rechtsanwalt S. Korn,
  • der Hettegger Hotel Edelweiss GmbH, vertreten durch Rechtsanwalt G. Kucsko,
  • der polnischen Regierung, vertreten durch B. Majczyna als Bevollmächtigten,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch T. Scharf und J. Samnadda als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 25. Oktober 2016

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 2006/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 zum Vermietrecht und Verleihrecht sowie zu bestimmten dem Urheberrecht verwandten Schutzrechten im Bereich des geistigen Eigentums (ABl. 2006, L 376, S. 28).

Rz. 2

Es ergeht in einem Rechtsstreit zwischen der Verwertungsgesellschaft Rundfunk GmbH und der Hettegger Hotel Edelweiss GmbH wegen der Wiedergabe von Fernseh- und Hörfunksendungen über Fernsehgeräte, die Hettegger Hotel Edelweiss in den Zimmern ihres Hotels aufgestellt hat.

Rechtlicher Rahmen

Völkerrecht

Rz. 3

Das am 26. Oktober 1961 in Rom geschlossene Internationale Abkommen über den Schutz der ausübenden Künstler, der Hersteller von Tonträgern und der Sendeunternehmen (im Folgenden: Rom-Abkommen) sieht in Art. 13 („Mindestschutz der Sendeunternehmen”) vor:

„Die Sendeunternehmen genießen das Recht, zu erlauben oder zu verbieten:

d) die öffentliche Wiedergabe ihrer Fernsehsendungen, wenn sie an Orten stattfindet, die der Öffentlichkeit gegen Zahlung eines Eintrittsgeldes zugänglich sind; es obliegt der nationalen Gesetzgebung des Staates, in dem der Schutz dieses Rechtes beansprucht wird, die Bedingungen für die Ausübung dieses Rechtes zu regeln.”

Unionsrecht

Rz. 4

Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft (ABl. 2001, L 167, S. 10) bestimmt:

„Die Mitgliedstaaten sehen vor, dass den Urhebern das ausschließliche Recht zusteht, die drahtgebundene oder drahtlose öffentliche Wiedergabe ihrer Werke einschließlich der öffentlichen Zugänglichmachung der Werke in der Weise, dass sie Mitgliedern der Öffentlichkeit von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl zugänglich sind, zu erlauben oder zu verbieten.”

Rz. 5

Im siebten Erwägungsgrund der Richtlinie 2006/115 heißt es:

„Die Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten sollte in der Weise erfolgen, dass die Rechtsvorschriften nicht in Widerspruch zu den internationalen Übereinkommen stehen, auf denen das Urheberrecht und die verwandten Schutzrechte in vielen Mitgliedstaaten beruhen.”

Rz. 6

Der 16. Erwägungsgrund dieser Richtlinie lautet:

„Die Mitgliedstaaten sollten einen weiterreichenden Schutz für Inhaber von verwandten Schutzrechten vorsehen können, als er in dieser Richtlinie hinsichtlich der öffentlichen Sendung und Wiedergabe vorgeschrieben ist.”

Rz. 7

Art. 8 der Richtlinie bestimmt:

„(1) Die Mitgliedstaaten sehen für ausübende Künstler das ausschließliche Recht vor, drahtlos übertragene Rundfunksendungen und die öffentliche Wiedergabe ihrer Darbietungen zu erlauben oder zu verbieten, es sei denn, die Darbietung ist selbst bereits eine gesendete Darbietung oder beruht auf einer Aufzeichnung.

(2) Die Mitgliedstaaten sehen ein Recht vor, das bei Nutzung eines zu Handelszwecken veröffentl...

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