Entscheidungsstichwort (Thema)

Verordnung (EG) Nr. 6/2002. Art. 19 Abs. 1. Gemeinschaftsgeschmacksmuster. Verletzung oder drohende Verletzung. Begriff ‚Dritter’

 

Beteiligte

Celaya Emparanza y Galdos International

Celaya Emparanza y Galdos Internacional SA

Proyectos Integrales de Balizamiento SL

 

Tenor

1. Art. 19 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 6/2002 des Rates vom 12. Dezember 2001 über das Gemeinschaftsgeschmacksmuster ist dahin auszulegen, dass sich in einem Rechtsstreit wegen Verletzung des ausschließlichen Rechts aus einem eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmuster das Recht, Dritten dessen Benutzung zu untersagen, auf jeden Dritten erstreckt, der ein Geschmacksmuster benutzt, das beim informierten Benutzer keinen anderen Gesamteindruck erweckt, einschließlich des Inhabers eines später eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmusters.

2. Die Antwort auf die erste Frage ist von der Absicht und dem Verhalten des Dritten unabhängig.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Juzgado de lo Mercantil no 1 de Alicante y no 1 de Marca Comunitaria (Spanien) mit Entscheidung vom 15. September 2010, beim Gerichtshof eingegangen am 11. Oktober 2010, in dem Verfahren

Celaya Emparanza y Galdos Internacional SA

gegen

Proyectos Integrales de Balizamiento SL

erlässt

DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Tizzano, der Richter M. Safjan, M. Ilešič (Berichterstatter) und E. Levits sowie der Richterin M. Berger,

Generalanwalt: P. Mengozzi,

Kanzler: K. Malacek, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 14. September 2011,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der Celaya Emparanza y Galdos Internacional SA, vertreten durch J. L. Gracia Albero, F. Rodríguez Domínguez, F. Miazetto und S. Ferrandis González, abogados,
  • der polnischen Regierung, vertreten durch M. Laszuk, I. Żarski und M. Szpunar als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch F. Wenzel Bulst und R. Vidal Puig als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 8. November 2011

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 19 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 6/2002 des Rates vom 12. Dezember 2001 über das Gemeinschaftsgeschmacksmuster (ABl. 2002, L 3, S. 1, im Folgenden: Verordnung).

Rz. 2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Celaya Emparanza y Galdos Internacional SA (im Folgenden: Cegasa) und der Proyectos Integrales de Balizamiento SL (im Folgenden: PROIN), in dem Cegasa Klage wegen Nachahmung erhoben hat.

Rechtlicher Rahmen

Rz. 3

Gemäß ihrem fünften Erwägungsgrund zielt die Verordnung darauf ab, „ein in den einzelnen Mitgliedstaaten unmittelbar geltendes Gemeinschaftsgeschmacksmuster [zu schaffen]”, um „ein Geschmacksmusterrecht für ein alle Mitgliedstaaten umfassendes Gebiet zu erlangen”.

Rz. 4

Der 18. Erwägungsgrund der Verordnung lautet:

„Ein eingetragenes Gemeinschaftsgeschmacksmuster macht die Schaffung und Führung eines Registers erforderlich, in das alle Anmeldungen eingetragen werden, die den formalen Erfordernissen entsprechen und deren Anmeldetag feststeht. Das Eintragungssystem sollte grundsätzlich nicht auf eine materiellrechtliche Prüfung der Erfüllung der Schutzvoraussetzungen vor der Eintragung gegründet sein. Dadurch wird die Belastung der Anmelder durch Eintragungs- und andere Verfahrensvorschriften auf ein Minimum beschränkt.”

Rz. 5

Gemäß Art. 1 Abs. 2 Buchst. b der Verordnung wird ein Gemeinschaftsgeschmacksmuster „durch ein ‚eingetragenes Gemeinschaftsgeschmacksmuster’ geschützt, wenn es in der in dieser Verordnung vorgesehenen Weise eingetragen ist”.

Rz. 6

Art. 1 Abs. 3 der Verordnung bestimmt:

„Das Gemeinschaftsgeschmacksmuster ist einheitlich. Es hat dieselbe Wirkung in der gesamten Gemeinschaft. Es kann nur für dieses gesamte Gebiet eingetragen oder übertragen werden oder Gegenstand eines Verzichts oder einer Entscheidung über die Nichtigkeit sein, und seine Benutzung kann nur für die gesamte Gemeinschaft untersagt werden. Dieser Grundsatz gilt, sofern in der Verordnung nichts anderes bestimmt ist.”

Rz. 7

Gemäß Art. 3 Buchst. a der Verordnung

„… bezeichnet:

  1. ‚Geschmacksmuster’ die Erscheinungsform eines Erzeugnisses oder eines Teils davon, die sich insbesondere aus den Merkmalen der Linien, Konturen, Farben, der Gestalt, Oberflächenstruktur und/oder der Werkstoffe des Erzeugnisses selbst und/oder seiner Verzierung ergibt”.

Rz. 8

Art. 4 Abs. 1 der Verordnung bestimmt:

„Ein Geschmacksmuster wird durch ein Gemeinschaftsgeschmacksmuster geschützt, soweit es neu ist und Eigenart hat.”

Rz. 9

Nach Art. 5 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung gilt ein eingetragenes Gemeinschaftsgeschmacksmuster als neu, wenn der Öffentlichkeit „vor dem Tag der Anmeldung zur Eintragung des Geschmacksmusters, das geschützt werden soll, oder, wenn eine Priorität in Anspruch genommen wird, vor dem Prioritätstag” kein identi...

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