Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertragsverletzungsklage. Art. 28 EG und 30 EG. Richtlinie 2001/83/EG. Knoblauchpräparat in Form von Kapseln. Präparat, das in bestimmten Mitgliedstaaten rechtmäßig als Nahrungsergänzungsmittel vertrieben wird. Präparat, das im Einfuhrmitgliedstaat als Arzneimittel eingestuft wird. Begriff des ‚Arzneimittels’. Hindernis. Rechtfertigung. Öffentliche Gesundheit. Verhältnismäßigkeit

 

Beteiligte

Kommission / Deutschland

Kommission der Europäischen Gemeinschaften

Bundesrepublik Deutschland

 

Tenor

1. Die Bundesrepublik Deutschland hat dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus den Art. 28 EG und 30 EG verstoßen, dass sie ein Knoblauchpräparat in der Form von Kapseln, das nicht der Definition des Arzneimittels im Sinne von Art. 1 Nr. 2 der Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel entspricht, als Arzneimittel eingestuft hat.

2. Die Bundesrepublik Deutschland trägt die Kosten.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend eine Vertragsverletzungsklage nach Art. 226 EG, eingereicht am 19. August 2005,

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch B. Stromsky und B. Schima als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Klägerin,

gegen

Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch M. Lumma und C. Schulze-Bahr als Bevollmächtigte,

Beklagte,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten P. Jann sowie der Richter R. Schintgen, A. Borg Barthet (Berichterstatter), M. Ilešič und E. Levits,

Generalanwältin: V. Trstenjak,

Kanzler: B. Fülöp, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 19. April 2007,

nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 21. Juni 2007

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

1 Mit ihrer Klage beantragt die Kommission der Europäischen Gemeinschaften, festzustellen, dass die Bundesrepublik Deutschland dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus den Art. 28 EG und 30 EG verstoßen hat, dass sie ein Knoblauchpräparat, das in Kapseln abgefüllt ist und nicht unter die Definition des Arzneimittels nach der Bezeichnung fällt, als Arzneimittel einstuft.

Rechtlicher Rahmen

Die Richtlinie 2001/83/EG

2 Die Erwägungsgründe 2 bis 5 der Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel (ABl. L 311, S. 67) lauten:

„(2) Alle Rechts- und Verwaltungsvorschriften auf dem Gebiet der Herstellung, des Vertriebs oder der Verwendung von Arzneimitteln müssen in erster Linie einen wirksamen Schutz der öffentlichen Gesundheit gewährleisten.

(3) Dieses Ziel muss jedoch mit Mitteln erreicht werden, die die Entwicklung der pharmazeutischen Industrie und den Handel mit Arzneimitteln innerhalb der Gemeinschaft nicht hemmen können.

(4) Die Unterschiede zwischen einigen einzelstaatlichen Vorschriften, namentlich zwischen den Vorschriften über Arzneimittel – mit Ausnahme solcher Stoffe und Stoffzusammensetzungen, die Lebensmittel, Futtermittel oder Körperpflegemittel sind –, behindern den Handel mit Arzneimitteln innerhalb der Gemeinschaft und wirken sich somit unmittelbar auf das Funktionieren des Binnenmarktes aus.

(5) Diese Hindernisse müssen folglich beseitigt werden; zu diesem Zweck ist eine Angleichung der einschlägigen Rechtsvorschriften erforderlich.”

3 Nach Art. 1 Nr. 2 der Richtlinie 2001/83 fallen unter den Begriff „Arzneimittel”:

„Alle Stoffe oder Stoffzusammensetzungen, die als Mittel zur Heilung oder zur Verhütung menschlicher Krankheiten bezeichnet werden;

Alle Stoffe oder Stoffzusammensetzungen, die dazu bestimmt sind, im oder am menschlichen Körper zur Erstellung einer ärztlichen Diagnose oder zur Wiederherstellung, Besserung oder Beeinflussung der menschlichen physiologischen Funktionen angewandt zu werden”.

4 Art. 2 der Richtlinie 2001/83 bestimmt:

„Die Bestimmungen dieser Richtlinie gelten für gewerblich zubereitete Humanarzneimittel, die in den Mitgliedstaaten in den Verkehr gebracht werden sollen.”

5 Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2001/83 lautet:

„Ein Arzneimittel darf in einem Mitgliedstaat erst dann in den Verkehr gebracht werden, wenn von der zuständigen Behörde dieses Mitgliedstaats nach dieser Richtlinie eine Genehmigung für das Inverkehrbringen erteilt wurde oder wenn eine Genehmigung für das Inverkehrbringen nach der Verordnung (EWG) Nr. 2309/93 erteilt wurde.”

Die Richtlinie 2002/46/EG

6 Nach Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 2002/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 10. Juni 2002 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Nahrungsergänzungsmittel (ABl. L 183, S. 51) bezeichnet der Ausdruck „Nahrungsergänzungsmittel”:

„Lebensmittel, die dazu bestimmt sind, die normale Ernährung zu ergänzen und die aus Einfach- oder Mehrfachkonzentraten von Nährstoffen oder sonstigen Stoffen mit ernährungsspezifischer oder physiologischer Wirkung bestehen und in dosierter Form in den Verkehr ge...

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