Entscheidungsstichwort (Thema)

Externes Versandverfahren, Gestellung von Waren bei der Bestimmungszollstelle nach Ablauf der vorgesehenen Frist, Entstehung der Zollschuld, Zusammenhang zwischen Zollschuld und Einfuhrumsatzsteuer

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Art. 203 und 204 der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften in der durch die Verordnung (EG) Nr. 648/2005 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. April 2005 geänderten Fassung in Verbindung mit Art. 859 Nr. 2 Buchst. c der Verordnung (EWG) Nr. 2454/93 der Kommission vom 2. Juli 1993 mit Durchführungsvorschriften zu der Verordnung Nr. 2913/92 in der durch die Verordnung (EG) Nr. 444/2002 der Kommission vom 11. März 2002 geänderten Fassung sind dahin auszulegen, dass das bloße Überschreiten der gemäß Art. 356 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2454/93 in der durch die Verordnung Nr. 444/2002 geänderten Fassung festgelegten Gestellungsfrist nicht zu einer Zollschuld wegen Entziehens der betreffenden Waren aus der zollamtlichen Überwachung im Sinne von Art. 203 der Verordnung Nr. 2913/92 in der durch die Verordnung Nr. 648/2005 geänderten Fassung führt, sondern zu einer Zollschuld, die Art. 204 des Zollkodex zur Grundlage hat, und dass das Entstehen einer Zollschuld gemäß diesem Art. 204 nicht erfordert, dass die Betroffenen den Zollbehörden Angaben zu den Gründen der Überschreitung der gemäß Art. 356 der Verordnung Nr. 2454/93 in der durch die Verordnung Nr. 444/2002 geänderten Fassung festgelegten Frist oder dazu machen, an welchem Ort sich die Waren in dem Zeitraum zwischen dem Ablauf dieser Frist und der tatsächlichen Gestellung der Waren bei der Bestimmungszollstelle befunden haben.

2. Art. 7 Abs. 3 Unterabs. 1 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern ‐ Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage in der durch die Richtlinie 2004/66/EG des Rates vom 26. April 2004 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass Mehrwertsteuer geschuldet wird, wenn die betreffenden Waren nicht mehr den in diesem Artikel genannten Regelungen unterliegen, und zwar auch dann, wenn eine Zollschuld ausschließlich auf der Grundlage von Art. 204 der Verordnung Nr. 2913/92 in der durch die Verordnung Nr. 648/2005 geänderten Fassung entstanden ist.

 

Normenkette

EWGV 2913/92 Art. 203-204; EWGRL 388/77 Art. 7 Abs. 3

 

Beteiligte

X BV

Minister van Financiën

X BV

 

Verfahrensgang

Hoge Raad der Nederlanden (Niederlande) (Urteil vom 12.10.2012; ABl. EU 2013, Nr. C 26/22)

 

Tatbestand

Zollkodex der Gemeinschaft ‐ Anwendungsbereich der Art. 203 und 204 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 ‐ Externes Versandverfahren ‐ Entstehung der Zollschuld wegen Nichterfüllung einer Pflicht ‐ Verspätete Gestellung der Waren bei der Bestimmungsstelle ‐ Sechste Mehrwertsteuerrichtlinie ‐ Art. 10 Abs. 3 ‐ Zusammenhang zwischen der Entstehung der Zollschuld und der Entstehung der Mehrwertsteuerschuld ‐ Begriff der steuerbaren Umsätze“

In der Rechtssache C-480/12

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Hoge Raad der Nederlanden (Niederlande) mit Entscheidung vom 12. Oktober 2012, beim Gerichtshof eingegangen am 25. Oktober 2012, in dem Verfahren

Minister van Financiën

gegen

X BV

erlässt

DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Tizzano, der Richter A. Borg Barthet (Berichterstatter) und E. Levits, der Richterin M. Berger sowie des Richters S. Rodin,

Generalanwalt: N. Jääskinen,

Kanzler: M. Ferreira, Hauptverwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 6. November 2013,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

‐ der X BV, vertreten durch A. Bal,

‐ der niederländischen Regierung, vertreten durch C. S. Schillemans, C. Wissels und B. Koopman als Bevollmächtigte,

‐ der tschechischen Regierung, vertreten durch M. Smolek und J. Vláčil als Bevollmächtigte,

‐ der hellenischen Regierung, vertreten durch M. Tassopoulou und I. Pouli als Bevollmächtigte,

‐ der Europäischen Kommission, vertreten durch B.-R. Killmann und W. Roels als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 13. Februar 2014,

folgendes

Urteil

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 203 und 204 der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (ABl. L 302, S. 1) in der durch die Verordnung (EG) Nr. 648/2005 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. April 2005 (ABl. L 117, S. 13) geänderten Fassung (im Folgenden: Zollkodex) in Verbindung mit den Art. 356 und 859 Nr. 2 Buchst. c der Verordnung (EWG) Nr. 2454/93 der Kommission vom 2. Juli 1993 mit Durchführungsvorschriften zu der Verordnung Nr. 2913/92 (ABl. L 253, S. 1) in der durch die Verordnung (EG) Nr. 444/2002 der Kommission vom 11. März 2002 (ABl. L 68, S. 11...

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