Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorabentscheidungsersuchen. Luftverkehr. Verordnung (EG) Nr. 261/2004. Art. 2 Buchst. l. Ausgleichsleistungen für Fluggäste bei Annullierung von Flügen. Begriff ‚Annullierung’. Art. 12. Begriff ‚weiter gehender Schadensersatz’. Anspruch auf Schadensersatz nach nationalem Recht

 

Beteiligte

Sousa Rodríguez u.a

Aurora Sousa Rodríguez

Yago López Sousa

Rodrigo Manuel Puga Lueiro

Luis Ángel Rodríguez González

María del Mar Pato Barreiro

Manuel López Alonso

Yaiza Pato Rodríguez

Air France SA

 

Tenor

1. Der in Art. 2 Buchst. l der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Februar 2004 über eine gemeinsame Regelung für Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen für Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung und bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 295/91 definierte Begriff „Annullierung” ist dahin auszulegen, dass er in einer Situation wie der des Ausgangsverfahrens nicht ausschließlich den Fall betrifft, dass das betreffende Flugzeug überhaupt nicht startet, sondern auch den Fall umfasst, dass dieses Flugzeug gestartet ist, aber anschließend, aus welchen Gründen auch immer, zum Ausgangsflughafen zurückkehren musste, und die Fluggäste auf andere Flüge umgebucht wurden.

2. Der Begriff „weiter gehender Schadensersatz” in Art. 12 der Verordnung Nr. 261/2004 ist dahin auszulegen, dass er es dem nationalen Gericht ermöglicht, unter den Voraussetzungen des Übereinkommens zur Vereinheitlichung bestimmter Vorschriften über die Beförderung im internationalen Luftverkehr oder des nationalen Rechts Ersatz für den wegen der Nichterfüllung des Luftbeförderungsvertrags entstandenen Schaden, einschließlich des immateriellen Schadens, zu gewähren. Hingegen kann der Begriff „weiter gehender Schadensersatz” dem nationalen Gericht nicht als Rechtsgrundlage dafür dienen, ein Luftfahrtunternehmen zu verurteilen, den Fluggästen, deren Flug verspätet war oder annulliert wurde, die Kosten zu erstatten, die ihnen durch die Verletzung der diesem Unternehmen nach den Art. 8 und 9 der Verordnung obliegenden Unterstützungs- und Betreuungspflichten entstanden sind.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Juzgado de lo Mercantil n° 1 de Pontevedra (Spanien) mit Entscheidung vom 1. Februar 2010, beim Gerichtshof eingegangen am 11. Februar 2010, in dem Verfahren

Aurora Sousa Rodríguez,

Yago López Sousa,

Rodrigo Manuel Puga Lueiro,

Luis Ángel Rodríguez González,

María del Mar Pato Barreiro,

Manuel López Alonso,

Yaiza Pato Rodríguez

gegen

Air France SA

erlässt

DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten K. Lenaerts, des Richters J. Malenovský (Berichterstatter), der Richterin R. Silva de Lapuerta sowie der Richter E. Juhász und D. Šváby,

Generalanwältin: E. Sharpston,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • von Frau Sousa Rodríguez, Herrn López Sousa, Herrn Puga Lueiro, Herrn Rodríguez González, Frau Pato Barreiro, Herrn López Alonso und Frau Pato Rodríguez, vertreten durch J. Portela Leiros, Procurador de los Tribunales, im Beistand von J. González Pérez, abogado,
  • der französischen Regierung, vertreten durch G. de Bergues und M. Perrot als Bevollmächtigte,
  • der italienischen Regierung, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von M. Russo, avvocato dello Stato,
  • der polnischen Regierung, vertreten durch M. Szpunar als Bevollmächtigten,
  • der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch S. Hathaway als Bevollmächtigten im Beistand von D. Beard, Barrister,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch L. Lozano Palacios und K. Simonsson als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 28. Juni 2011

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 2 Buchst. l und 12 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Februar 2004 über eine gemeinsame Regelung für Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen für Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung und bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 295/91 (ABl. L 46, S. 1).

Rz. 2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen sieben Fluggästen und der Air France SA (im Folgenden: Air France) wegen Ersatzes des Schadens, den sie aufgrund großer Verspätung und von Unannehmlichkeiten durch technische Probleme eines Flugzeugs dieser Fluggesellschaft auf einem Flug von Paris (Frankreich) nach Vigo (Spanien) erlitten haben sollen.

Rechtlicher Rahmen

Internationales Recht

Rz. 3

Die Europäische Gemeinschaft nahm an der internationalen diplomatischen Konferenz über Luftverkehrsrecht teil, die vom 10. bis 28. Mai 1999 in Montreal stattfand und bei der am 28. Mai 1999 das Übereinkommen zur Vereinheitlichung bestimmter Vorschriften über die Beförderung im inter...

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