Entscheidungsstichwort (Thema)

Strafschadensersatz. Wettbewerb. Kartell. Durch Kraftfahrzeuge, Schiffe und Motorfahrräder verursachte Schadensfälle. Obligatorische Haftpflichtversicherung. Erhöhung der Prämien. Auswirkung auf den Handel mit Mitgliedstaaten. Recht Dritter auf Schadensersatz. Zuständiges nationales Gericht. Verjährungsfrist

 

Normenkette

EG Art. 81

 

Beteiligte

Manfredi

Vincenzo Manfredi

Antonio Cannito

Nicolò Tricarico

Pasqualina Murgolo

Lloyd Adriatico Assicurazioni SpA

Fondiaria Sai SpA

Assitalia SpA

 

Tenor

1. Ein Kartell oder ein abgestimmtes Verhalten von Versicherungsgesellschaften, das wie das in den Ausgangsverfahren streitige in einem gegenseitigen Informationsaustausch besteht, der eine durch die Marktbedingungen nicht gerechtfertigte Erhöhung der Prämien für die obligatorische Haftpflichtversicherung für die durch Kraftfahrzeuge, Schiffe und Motorfahrräder verursachten Schäden ermöglicht, und das gegen die nationalen Vorschriften über den Schutz des Wettbewerbs verstößt, kann auch gegen Artikel 81 EG verstoßen, wenn unter Berücksichtigung der Merkmale des relevanten nationalen Marktes eine hinreichende Wahrscheinlichkeit besteht, dass das betreffende Kartell oder abgestimmte Verhalten den Abschluss dieser Versicherungen in dem betreffenden Mitgliedstaat durch Wirtschaftsteilnehmer aus anderen Mitgliedstaaten unmittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder potenziell beeinflussen kann und dieser Einfluss nicht nur geringfügig ist.

2. Artikel 81 EG ist dahin auszulegen, dass jeder die Nichtigkeit eines nach dieser Bestimmung verbotenen Kartells oder Verhaltens geltend machen und Ersatz des ihm entstandenen Schadens verlangen kann, wenn zwischen diesem und dem Kartell oder Verhalten ein ursächlicher Zusammenhang besteht.

In Ermangelung einer einschlägigen Gemeinschaftsregelung ist die Bestimmung der Einzelheiten für die Ausübung dieses Rechts einschließlich derjenigen für die Anwendung des Begriffes „ursächlicher Zusammenhang” Aufgabe des innerstaatlichen Rechts des einzelnen Mitgliedstaats, wobei der Äquivalenz- und der Effektivitätsgrundsatz zu beachten sind.

3. In Ermangelung einer einschlägigen Gemeinschaftsregelung ist es Aufgabe des innerstaatlichen Rechts eines jeden Mitgliedstaats, die Gerichte zu bestimmen, die für Schadensersatzklagen wegen Verstoßes gegen die Wettbewerbsvorschriften der Gemeinschaft zuständig sind, und die Einzelheiten der entsprechenden Verfahren festzulegen, wobei die betreffenden Vorschriften nicht weniger günstig ausgestaltet sein dürfen als die für Schadensersatzklagen wegen Verstoßes gegen nationale Wettbewerbsvorschriften und die Geltendmachung des Anspruchs auf Ersatz des durch ein nach Artikel 81 EG verbotenes Kartell oder Verhalten entstandenen Schadens nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren dürfen.

4. Die Bestimmung der Verjährungsfrist für die Geltendmachung eines Anspruchs auf Ersatz des Schadens, der durch ein nach Artikel 81 EG verbotenes Kartell oder Verhalten entstanden ist, ist in Ermangelung einer einschlägigen Gemeinschaftsregelung Aufgabe des innerstaatlichen Rechts des einzelnen Mitgliedstaats, wobei der Äquivalenz- und der Effektivitätsgrundsatz zu beachten sind.

Dabei hat das nationale Gericht zu prüfen, ob eine nationale Vorschrift, nach der die Verjährungsfrist für die Geltendmachung eines Anspruchs auf Ersatz des Schadens, der durch ein nach Artikel 81 EG verbotenes Kartell oder Verhalten entstanden ist, von dem Tag an zu laufen beginnt, an dem dieses Kartell oder Verhalten verwirklicht worden ist, insbesondere dann, wenn sie auch noch eine kurze Verjährungsfrist vorsieht, die nicht unterbrochen werden kann, die Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs praktisch unmöglich macht oder übermäßig erschwert.

5. Die Bestimmung der Kriterien für die Ermittlung des Umfangs des Ersatzes des Schadens, der durch ein nach Artikel 81 EG verbotenes Kartell oder Verhalten entstanden ist, ist in Ermangelung einschlägiger gemeinschaftsrechtlicher Vorschriften Aufgabe des innerstaatlichen Rechts des einzelnen Mitgliedstaats, wobei der Äquivalenz- und der Effektivitätsgrundsatz zu beachten sind.

Infolgedessen muss nach dem Äquivalenzgrundsatz ein besonderer Schadensersatz wie der exemplarische oder Strafschadensersatz, wenn er im Rahmen von Klagen gewährt werden kann, die das innerstaatliche Recht betreffen und den auf das Wettbewerbsrecht der Gemeinschaft gegründeten Klagen vergleichbar sind, auch im Rahmen der letztgenannten Klagen gewährt werden können. Das Gemeinschaftsrecht hindert die innerstaatlichen Gerichte jedoch nicht daran, dafür Sorge zu tragen, dass der Schutz der gemeinschaftsrechtlich gewährleisteten Rechte nicht zu einer ungerechtfertigten Bereicherung der Anspruchsberechtigten führt.

Aus dem Effektivitätsgrundsatz und dem Recht des Einzelnen auf Ersatz des Schadens, der ihm durch einen Vertrag, der den Wettbewerb beschränken oder verfälschen kann, oder ein entsprechendes Verhalten entstanden ist, folgt, dass ein Geschädigter n...

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