Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialpolitik. Richtlinie 2001/23/EG. Übergang von Unternehmen. Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer. Begriff ‚Übergang’. Vertragliche Übertragung eines Betriebsteils auf ein anderes Unternehmen. Organisatorische Selbständigkeit nach der Übertragung

 

Beteiligte

Klarenberg

Dietmar Klarenberg

Ferrotron Technologies GmbH

 

Tenor

Art. 1 Abs. 1 Buchst. a und b der Richtlinie 2001/23/EG des Rates vom 12. März 2001 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Unternehmens- oder Betriebsteilen ist dahin auszulegen, dass diese Vorschrift auch dann angewandt werden kann, wenn der übertragene Unternehmens- oder Betriebsteil seine organisatorische Selbständigkeit nicht bewahrt, sofern die funktionelle Verknüpfung zwischen den übertragenen Produktionsfaktoren beibehalten wird und sie es dem Erwerber erlaubt, diese Faktoren zu nutzen, um derselben oder einer gleichartigen wirtschaftlichen Tätigkeit nachzugehen; es ist Sache des vorlegenden Gerichts, das Vorliegen dieser Voraussetzungen zu prüfen.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Landesarbeitsgericht Düsseldorf (Deutschland) mit Entscheidung vom 10. August 2007, beim Gerichtshof eingegangen am 22. Oktober 2007, in dem Verfahren

Dietmar Klarenberg

gegen

Ferrotron Technologies GmbH

erlässt

DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten K. Lenaerts, des Richters T. von Danwitz, der Richterin R. Silva de Lapuerta sowie der Richter G. Arestis und J. Malenovský (Berichterstatter),

Generalanwalt: P. Mengozzi,

Kanzler: H. von Holstein, Hilfskanzler,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 4. September 2008,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • von Herrn Klarenberg, vertreten durch Rechtsanwalt J. Dieker,
  • der Ferrotron Technologies GmbH, vertreten durch Rechtsanwalt M. Trayer,
  • der deutschen Regierung, vertreten durch M. Lumma und C. Blaschke als Bevollmächtigte,
  • der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch V. Kreuschitz und J. Enegren als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 6. November 2008

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

1 Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 1 Abs. 1 Buchst. a und b der Richtlinie 2001/23/EG des Rates vom 12. März 2001 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Unternehmens- oder Betriebsteilen (ABl. L 82, S. 16).

2 Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Herrn Klarenberg und der Ferrotron Technologies GmbH (im Folgenden: Ferrotron) über die Feststellung des Übergangs von Arbeitsverhältnissen auf diese Gesellschaft.

Rechtlicher Rahmen

Gemeinschaftsrecht

3 Die Richtlinie 2001/23 kodifiziert die Richtlinie 77/187/EWG des Rates vom 14. Februar 1977 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Unternehmens- oder Betriebsteilen (ABl. L 61, S. 26) in der durch die Richtlinie 98/50/EG des Rates vom 29. Juni 1998 (ABl. L 201, S. 88) geänderten Fassung (im Folgenden: Richtlinie 77/187).

4 Der achte Erwägungsgrund der Richtlinie 2001/23 lautet:

„Aus Gründen der Rechtssicherheit und Transparenz war es erforderlich, den juristischen Begriff des Übergangs unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Gerichtshofs zu klären. Durch diese Klärung wurde der Anwendungsbereich der Richtlinie 77/187/EWG gemäß der Auslegung durch den Gerichtshof nicht geändert.”

5 Art. 1 Abs. 1 Buchst. a und b der Richtlinie 2001/23/EG bestimmt:

  1. „Diese Richtlinie ist auf den Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Unternehmens- bzw. Betriebsteilen auf einen anderen Inhaber durch vertragliche Übertragung oder durch Verschmelzung anwendbar.
  2. Vorbehaltlich Buchstabe a) und der nachstehenden Bestimmungen dieses Artikels gilt als Übergang im Sinne dieser Richtlinie der Übergang einer ihre Identität bewahrenden wirtschaftlichen Einheit im Sinne einer organisierten Zusammenfassung von Ressourcen zur Verfolgung einer wirtschaftlichen Haupt- oder Nebentätigkeit.”

6 Art. 3 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2001/23/EG sieht vor:

„Die Rechte und Pflichten des Veräußerers aus einem zum Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsvertrag oder Arbeitsverhältnis gehen aufgrund des Übergangs auf den Erwerber über.”

7 Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie lautet:

„Kommt es zu einer Beendigung des Arbeitsvertrags oder Arbeitsverhältnisses, weil der Übergang eine wesentliche Änderung der Arbeitsbedingungen zum Nachteil des Arbeitnehmers zur Folge hat, so ist davon auszugehen, dass die Beendigung des Arbeitsvertrags oder Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber erfolgt ist.”

8 Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 und 4 dieser Richtlinie bestimmt:

„Sofern das Un...

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