Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Mitteilung eines Mitgliedstaats, dass er beabsichtige, aus der Europäischen Union auszutreten. Folgen der Mitteilung. Recht auf einseitige Rücknahme der Mitteilung. Voraussetzungen

 

Normenkette

EUV Art. 50

 

Beteiligte

Wightman u.a

Andy Wightman

Ross Greer

Alyn Smith

David Martin

Catherine Stihler

Jolyon Maugham

Joanna Cherry

Secretary of State for Exiting the European Union

 

Tenor

Art. 50 EUV ist dahin auszulegen, dass er es einem Mitgliedstaat, der dem Europäischen Rat im Einklang mit diesem Artikel mitgeteilt hat, dass er beabsichtige, aus der Europäischen Union auszutreten, gestattet, solange ein Austrittsabkommen zwischen ihm und der Europäischen Union nicht in Kraft getreten ist oder, falls kein solches Abkommen geschlossen wurde, solange die in Art. 50 Abs. 3 EUV vorgesehene Frist von zwei Jahren, die gegebenenfalls im Einklang mit dieser Bestimmung verlängert werden kann, nicht abgelaufen ist, die genannte Mitteilung durch ein an den Europäischen Rat gerichtetes Schreiben einseitig, eindeutig und unbedingt zurückzunehmen, nachdem er den Rücknahmebeschluss im Einklang mit seinen verfassungsrechtlichen Vorschriften getroffen hat. Gegenstand einer solchen Rücknahme ist die Bestätigung der Zugehörigkeit dieses Mitgliedstaats zur Europäischen Union unter Bedingungen, die hinsichtlich seines Status als Mitgliedstaat unverändert sind, so dass die Rücknahme das Austrittsverfahren beendet.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Court of Session, Inner House, First Division (Scotland) (Oberstes Gericht, Berufungsabteilung, Erste Kammer [Schottland], Vereinigtes Königreich), mit Entscheidung vom 3. Oktober 2018, beim Gerichtshof eingegangen am gleichen Tag, in dem Verfahren

Andy Wightman,

Ross Greer,

Alyn Smith,

David Martin,

Catherine Stihler,

Jolyon Maugham,

Joanna Cherry

gegen

Secretary of State for Exiting the European Union,

Beteiligte:

Chris Leslie,

Tom Brake,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Plenum)

unter Mitwirkung des Präsidenten K. Lenaerts, der Vizepräsidentin R. Silva de Lapuerta, der Kammerpräsidenten J.-C. Bonichot und A. Arabadjiev, der Kammerpräsidentin A. Prechal, der Kammerpräsidenten M. Vilaras, E. Regan und T. von Danwitz, der Kammerpräsidentin C. Toader, der Kammerpräsidenten F. Biltgen, K. Jürimäe und C. Lycourgos, der Richter A. Rosas, E. Juhász, M. Ilešič, J. Malenovský, L. Bay Larsen, M. Safjan, D. Šváby, C. G. Fernlund (Berichterstatter), C. Vajda, S. Rodin, P. G. Xuereb und N. Piçarra sowie der Richterin L. S. Rossi,

Generalanwalt: M. Campos Sánchez-Bordona,

Kanzler: L. Hewlett, Hauptverwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 27. November 2018,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • von Herrn Wightman, Herrn Greer, Herrn Smith, Herrn Martin, Frau Stihler, Herrn Maugham und Frau Cherry, vertreten durch A. O'Neill, QC, M. Lester, QC, D. Welsh, advocate, P. Eeckhout, Rechtsprofessor, und E. Motion, Solicitor,
  • von Herrn Leslie und Herrn Brake, vertreten durch M. Ross, QC, G. Facenna, QC, A. Howard, Barrister, S. Donnelly, advocate, sowie J. Jack und J. Halford, Solicitors,
  • der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch S. Brandon und C. Brodie als Bevollmächtigte im Beistand des Rt Hon. Lord Keen of Elie, QC, und von T. de la Mare, QC,
  • des Rates der Europäischen Union, vertreten durch H. Legal, J.-B. Laignelot und J. Ciantar als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch L. Romero Requena, F. Erlbacher und K. Banks als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 4. Dezember 2018

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 50 EUV.

Rz. 2

Es ergeht im Rahmen eines von Andy Wightman, Ross Greer, Alyn Smith, David Martin, Catherine Stihler, Jolyon Maugham und Joanna Cherry gegen den Secretary of State for Exiting the European Union (Minister für den Austritt aus der Europäischen Union, Vereinigtes Königreich) eingeleiteten Verfahrens wegen der Möglichkeit einer einseitigen Rücknahme der Mitteilung der Absicht des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland, aus der Europäischen Union auszutreten.

Rechtlicher Rahmen

Völkerrecht

Rz. 3

Das Wiener Übereinkommen über das Recht der Verträge vom 23. Mai 1969 (United Nations Treaty Series, Bd. 1155, S. 331) sieht in den Art. 65, 67 und 68 vor:

„Artikel 65. Verfahren bei Ungültigkeit oder Beendigung eines Vertrags, beim Rücktritt von einem Vertrag oder bei Suspendierung eines Vertrags

(1) Macht eine Vertragspartei auf Grund dieses Übereinkommens entweder einen Mangel in ihrer Zustimmung, durch einen Vertrag gebunden zu sein, oder einen Grund zur Anfechtung der Gültigkeit eines Vertrags, zu seiner Beendigung, zum Rücktritt vom Vertrag oder zu seiner Suspendierung geltend, so hat sie den anderen Vertragsparteien ihren Anspruch zu notifizieren. In der Notifikation sind die in B...

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