Entscheidungsstichwort (Thema)

Soziale Sicherheit der Arbeitnehmer. Verordnung (EWG) Nr. 1408/71. Persönlicher Geltungsbereich. Auslegung des Begriffs ‚Arbeitnehmer’. Leistungen für unterhaltsberechtigte Kinder. Verlängerung der Karenz

 

Beteiligte

Borger

Tanja Borger

Tiroler Gebietskrankenkasse

 

Tenor

Die Arbeitnehmereigenschaft im Sinne von Art. 1 Buchst. a der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, in der durch die Verordnung (EG) Nr. 118/97 des Rates vom 2. Dezember 1996 geänderten und aktualisierten und durch die Verordnung (EG) Nr. 1606/98 des Rates vom 29. Juni 1998 geänderten Fassung ist einer Person in der Situation der Klägerin des Ausgangsverfahrens während der sechsmonatigen Verlängerung der Karenz im Anschluss an die Geburt ihres Kindes zuzuerkennen, vorausgesetzt, diese Person ist in dieser Zeit auch nur gegen ein einziges Risiko im Rahmen eines der in Art. 1 Buchst. a dieser Verordnung genannten allgemeinen oder besonderen Systeme der sozialen Sicherheit pflichtversichert oder freiwillig versichert. Es ist Sache des nationalen Gerichts, zu prüfen, ob diese Voraussetzung in dem bei ihm anhängigen Rechtsstreit erfüllt ist.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Obersten Gerichtshof (Österreich) mit Entscheidung vom 24. November 2009, beim Gerichtshof eingegangen am 11. Dezember 2009, in dem Verfahren

Tanja Borger

gegen

Tiroler Gebietskrankenkasse

erlässt

DER GERICHTSHOF (Achte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten K. Schiemann (Berichterstatter), der Richterin A. Prechal und des Richters E. Jarašiūnas,

Generalanwalt: P. Mengozzi,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • von Frau Borger, vertreten durch Rechtsanwälte H. Burmann, P. Wallnöfer und R. Bacher,
  • der österreichischen Regierung, vertreten durch C. Pesendorfer als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch V. Kreuschitz und M. Van Hoof als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung des Begriffs „Arbeitnehmer” im Sinne von Art. 1 Buchst. a der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, in der durch die Verordnung (EG) Nr. 118/97 des Rates vom 2. Dezember 1996 (ABl. L 28, S. 1) geänderten und aktualisierten und durch die Verordnung (EG) Nr. 1606/98 des Rates vom 29. Juni 1998 (ABl. L 209, S. 1) geänderten Fassung (im Folgenden: Verordnung Nr. 1408/71).

Rz. 2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Frau Borger und der Tiroler Gebietskrankenkasse wegen der Weigerung der Letzteren, Frau Borger während einer weiteren sechsmonatigen Karenz im Anschluss an den gesetzlichen zweijährigen Zeitraum nach der Geburt ihres Kindes Kinderbetreuungsgeld zu gewähren.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

In Art. 1 der Verordnung Nr. 1408/71 werden für ihre Anwendung die nachstehenden Begriffe wie folgt definiert:

„…

a) ‚Arbeitnehmer’ oder ‚Selbständiger’: jede Person,

i) die gegen ein Risiko oder gegen mehrere Risiken, die von den Zweigen eines Systems der sozialen Sicherheit für Arbeitnehmer oder Selbständige oder einem Sondersystem für Beamte erfasst werden, pflichtversichert oder freiwillig weiterversichert ist;

ii) die im Rahmen eines für alle Einwohner oder die gesamte erwerbstätige Bevölkerung geltenden Systems der sozialen Sicherheit gegen ein Risiko oder gegen mehrere Risiken pflichtversichert ist, die von den Zweigen erfasst werden, auf die diese Verordnung anzuwenden ist,

  • wenn diese Person aufgrund der Art der Verwaltung oder der Finanzierung dieses Systems als Arbeitnehmer oder Selbständiger unterschieden werden kann oder
  • wenn sie bei Fehlen solcher Kriterien im Rahmen eines für Arbeitnehmer oder Selbständige errichteten Systems oder eines Systems der Ziffer iii) gegen ein anderes in Anhang I bestimmtes Risiko pflichtversichert oder freiwillig weiterversichert ist oder wenn auf sie bei Fehlen eines solchen Systems in dem betreffenden Mitgliedstaat die in Anhang I enthaltene Definition zutrifft;

iii) die gegen mehrere Risiken, die von den unter diese Verordnung fallenden Zweigen erfasst werden, im Rahmen eines für die gesamte Landbevölkerung nach den Kriterien des Anhangs I geschaffenen einheitlichen Systems der sozialen Sicherheit pflichtversichert ist;

iv) die gegen ein Risiko oder gegen mehrere Risiken, die von den unter diese Verordnung fallenden Zweigen erfasst werden, im Rahmen eines für Arbeitnehmer, für Selbständige, für alle Einwohner ein...

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